Brasilien wird euphorisch


Marktfokus von Gerd Bennewirtz, Geschäftsführer der SJB FondsSkyline OHG 1989

Kaum ist die Olympische Flamme über London erloschen, wird die Fackel weiter­gegeben. Nächster Austragungsort der Olympischen Sommerspiele 2016 wird Rio de Janeiro.

Bereits zwei Jahre zuvor richtet Brasilien die Fußball-Weltmeisterschaft 2014 aus. „Investoren in Brasilien können deshalb im doppelten Sinn ‚Feuer und Flamme’ sein“, sagt Gerd Bennewirtz, geschäftsführender Gründungsgesellschafter der SJB FondsSkyline OHG 1989. „Eine SJB-Studie zeigt: Die Renditeaussichten von Doppelausrichtern sind attraktiv. Das belegen Brasiliens historische Vorbilder Deutschland und USA.“ 

Seit Oktober 2009 steht fest: Rio de Janeiro wird die 31. Olympischen Sommerspiele der Neuzeit ausrichten. Bereits im Oktober 2007 vergab die FIFA den World Cup 2014 an Brasilien. „Olympia ist ein außerordentlicher Wirtschaftsfaktor“, erklärt Bennewirtz. „Wissenschaftliche Studien nennen das ‚Torchholder Value Added’“. Zum Beispiel lag das Wirtschaftswachstum der sechs Ausrichterländer der Olympischen Spiele zwischen 1984 und 2004 im Kalenderjahr der Ankündigung bis zu 3,05 Prozentpunkte über dem Durchschnitt ihrer üblichen Konjunkturentwicklung. Im eigentlichen Jahr der Veranstaltung lag der überdurchschnittliche Zuwachs bei bis zu 5,51 Prozentpunkten.

„Also gibt es auch für Brasilien gute Gründe, dass Fußball-WM und Olympische Spiele dem bereits jetzt dynamischen Schwellenmarkt zusätzliche Wachstumsimpulse bringen“, ist Bennewirtz überzeugt. „Brasiliens Regierung will nichts dem Zufall überlassen.“ 

Anlässlich des FIFA World Cup 2014 sind Investitionen in die Infrastruktur des Landes im Umfang von 18,7 Milliarden US-Dollar geplant. 78,0 Prozent der Summe soll von öffentlicher Seite kommen, 22,0 Prozent von privaten Investoren. Für die Ausrichtung der Olympischen Sommerspiele 2016 ist von staatlicher Seite noch einmal ein Investitionsvolumen von 12,5 Milliarden US-Dollar vorgesehen.  

„Am Tag nach der Nominierung beginnt im Lebenszyklus der Megaevents die Akquise inländischer und ausländischer Investoren“, berichtet Bennewirtz. „Schon jetzt ist die Liste mit McDonalds, Nissan, Omega, Panasonic, Procter & Gamble und anderen gut gefüllt.“

Mit 11,1 Milliarden US-Dollar wird ein Großteil der brasilianischen Staatsgelder in die Infrastruktur fließen, gut die Hälfte davon ist für Transportsysteme vorgesehen. Ganz oben auf der Liste der Projektentwicklungen steht eine Hochgeschwindigkeitstrasse für Züge zwischen Sao Paulo und Rio de Janeiro. „Die Verbindung der größten mit der zweitgrößten Stadt Brasiliens schafft einen Zugang zu 35 Millionen Menschen“, erläutert Bennewirtz. „Bis zur Fußball-Weltmeisterschaft 2014 soll die Strecke fertiggestellt sein.“ Rund 1,5 Milliarden US-Dollar gehen in den Aufbau des Olympischen Dorfes. 770,0 Millionen US-Dollar kommen dem Energiesektor zugute, 813,0 Millionen US-Dollar werden in Sicherheit investiert. Bennewirtz: „Solche Aktivitäten sind typisch für die erste Investitionsphase der Pioniere.“

SJB Rückblende. Wie hat es sich in der Vergangenheit auf die Rendite ausgewirkt, wenn ein Land direkt hintereinander zwei Sportveranstaltungen globalen Zuschnitts ausrichtete? In der Sportgeschichte der Neuzeit gibt es dafür zwei Vorbilder: Deutschland und die USA. Auf Basis authentischer historischer Kursdaten seit 1965 – dem Beginn der Vorbereitungen auf die Olympischen Spiele 1972 in München – untersuchte das unabhängige SJB Research, welche Jahresrenditen Investoren in den Jahren vor und nach den Spielen erzielen konnten. „Eines ist klar“, betont Bennewirtz. „Geldströme in derart internationalen Ausmaßen bleiben auf den Finanzparketts der Welt nicht unbemerkt.“

Bei den Olympischen Spielen liegen zwischen der IOC-Nominierung des Ausrichterlandes und der Eröffnung der Sommerspiele immer sieben Jahre. Beim FIFA-World Cup sind es sechs Jahre. Bennewirtz: „Die SJB hat in der Abbildung oben drei Phasen isoliert, in denen die untersuchten Aktienindizes der Gastgeberländer eine signifikante Aufwärtsentwicklung durchlaufen. Diese Phasen bieten Investoren die besten antizyk­­lischen Chancen.“ 

Pioniere. Diese Phase beginnt etwa ein Jahr nach der Nominierung, also rund sechs Jahre vor einem sportlichen Großereignis. Aus Sicht der Investoren findet in dieser Zeit die Überprüfung der Fundamentaldaten statt: Meint die Regierung es ernst? Kann der Markt die Kapitalströme aufnehmen? Gibt es lohnende Investitionsziele? Antizykliker sind Pioniere der ersten Stunde, ihre klassischen Betätigungsfelder sind Infrastruktur, Logistik und Bauwirtschaft. Bennewirtz: „Durch den Bau von Sportanlagen, Transportmitteln und Hotels schaffen sie die Voraussetzungen für den ökonomischen Erfolg der Spiele.“ 

Brasilien hat in dieser Phase seinem Charakter als dynamischer Schwellenmarkt alle Ehre gemacht. 2007, im Jahr der Ankündigung der Austragung der Fußball-WM 2014 ging es beim MSCI Brazil auf Eurobasis +60,56 Prozent nach oben, 26,15 Prozentpunkte mehr als beim MSCI EM Latin America und 60,07 Prozentpunkte über dem MSCI All Country World. 2008 ging es für den MSCI Brazil unter dem Eindruck der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise -53,99 Prozent nach unten. Nur um im Folgejahr mit einem Plus von 124,85 Prozent die „Pioniere“ der Megaevent Investoren schon in echte Vorfreude auf Kommendes zu versetzen. „Hier zeigt sich der besondere Reiz der „Doppelausrichter-Märkte“, in denen Investoren außerhalb des laufenden Konjunkturzyklus mit positiven Effekten für Realwirtschaft und Börsen rechnen können“, stellt Bennewirtz fest. „Gerade in Schwellenmärkten wie Brasilien können die Megaevents als Katalysatoren einer positiven Entwicklungsdynamik fungieren.“ 

Diese Entwicklung ist auch wissenschaftlich belegt. Eine Studie des Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) bestätigt, dass eine negative Korrelation zwischen dem Effekt der Ausrichtung Olympischer Sommerspiele und der Größe einer Volkswirtschaft besteht. Das Ergebnis zeigt: Je umfangreicher und diversifizierter eine Volkswirtschaft ist, desto geringer ist der Einfluss auf den Aktienmarkt. Im Umkehrschluss gibt es gute Voraussetzungen für positive Wachstumseffekte für Börse und Wirtschaft im Schwellenmarkt Brasilien.

Euphorie. Idealerweise hilft diese Dynamik, die Euphorie zu entfachen. Rund zwei Jahre vor Eröffnung werden die Megaevents zum Medienereignis. Die fortlaufende Berichterstattung beginnt, PR, Werbung und Sponsoring rollen an. Die eigene Bevölkerung im In- und Ausland beginnt, Vorfreude auf die Spiele zu entwickeln. Pioniere profitieren von harten zählbaren Investitionen in Technologie und Infrastruktur sowie von einer steigenden Zahl von Arbeitsplätzen, besserem Einkommen und mehr Nachfrage. „Brasilien steht derzeit genau an der Schwelle dieser Euphoriephase und verhält sich im Vergleich zu den historischen Vorbildern Deutschland und USA geradezu vorbildlich“, stellt Bennewirtz fest. „Gerade für Brasilien, das als Markt neben seinem Rohstoffreichtum auch vom Binnenkonsum einer zahlenmäßig zunehmenden Mittelschicht profitiert, ist die Mischung aus harten und weichen Impulsen durch die Megaevents wichtig.“  

In der Euphoriephase wirken zusätzlich sogenannte „intangible Effekte“ als Quali-tätsverstärker. Dazu zählen imageeffektive, politische und rechtliche Entwicklung oder die Verbesserung der ökologischen und sozialen Rahmenbedingungen. In der Folge drängen neue Investoren auf den Markt. Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) hat das Volumen ausländischer Investitionen in brasilianische Aktien von 290,4 Milliarden US-Dollar in 2007 auf 358,2 Milliarden US-Dollar in 2010 zugenommen.

Die bevorzugten Branchen sind jetzt Tourismusunternehmen, Telekommunikation und Konsumgüter, wie wissenschaftliche Studien belegen. Bennewirtz: „Inbegriff der Euphorie sind Panini-Bildchen. Die ersten zu einer WM kamen 1970 auf den Markt. Zur EM 2008 kostete das vollständige Sammelheft zwischen 307 und 697 Euro und im Durchschnitt 440 Euro.“

Verstetigung. Ist das Olympische Feuer erloschen und das WM-Finale abgepfiffen, läuft die Ökonomie noch einmal zur Höchstform auf. Die internationalen Geschäftskontakte beginnen, sich auszuzahlen. Der erzielte Imagegewinn lässt Partner auf die Idee kommen, sich am Standort niederzulassen. „Wer die beiden größten Sportereignisse der Welt miteinander stemmt“, sagt Bennewirtz, „der will nicht zum Business as usual zurückkehren. Ein Land, das sich im Sport positiv präsentiert, erarbeitet sich einen Vertrauensvorschuss in der Wirtschaft. Ein Schwellenland wie Brasilien wird alles dafür tun, um von der momentanen Schwankungsintensität zur Kontinuität zu finden.“

SJB Fazit. „Brasilien hat beste Chancen, nach der Aufmerksamkeit der Pioniere jetzt von internationaler Euphorie zu profitieren, zumal die Chinesen schon längst da sind“, erklärt Bennewirtz. „Zum Beispiel lässt sich die Website der brasilianischen Zentralbank Banco Central do Brasil in Portugiesisch, Englisch und Chinesisch abrufen. „Dem ersten Ausrichter der Olympischen Spiele auf dem südamerikanischen Kontinent dürfte es jetzt nach Abschluss der Spiele in London nicht schwerfallen, genügend Euphorie zu erzeugen, um Investoren für Zuckerhut und Copacabana zu begeis-tern. Und die Verstetigung ist längst strukturell vorbereitet. Brasiliens Ökonomie ist nicht mehr mit Rohstoffen gleichzusetzen. Schon heute erzielen 191 Millionen Brasilianer eine Wirtschaftsleistung von 12.917 US-Dollar pro Kopf und übertreffen damit den Weltdurchschnitt von 10.700 US-Dollar. Bei der Wettbewerbsfähigkeit ist Brasilien mit Platz 53 von 142 Ländern inzwischen fest in der oberen Hälfte der Weltwirtschaft verankert. Und wo die Wirtschaftsleistung wächst, wächst auch der Binnenmarkt. In jeder einzelnen Phase kann der Privatinvestor profitieren: Der weitblickende Investor kauft in allen drei Phasen an den jeweiligen Tiefpunkten. Wer mittelfristige Chancen sucht, investiert zweimal, immer vor den Aufwärtsphasen. Und wer kurzfristig dabei sein möchte, entscheidet individuell, ob er Fußball oder Olympia den Vorzug gibt.“

sjbbulletin@sjb.de

Über Wochenblatt

Das Wochenblatt erscheint 14-tägig mit aktuellen Meldungen von den Kanaren und dem spanischen Festland. Das Wochenblatt gilt seit nunmehr 36 Jahren als unbestrittener Marktführer der deutschsprachigen Printmedien auf den Kanarischen Inseln.