Verfassungsbeschwerde gegen die Aneignung von Gebäuden und Grundstücken
Verschiedene Bürgerbewegungen haben die Katholische Kirche aufgefordert, dem Volk die Gebäude, Grundstücke und Kirchen zurückzugeben, welche die Bischöfe jahrzehntelang auf der Basis eines Hypothekengesetzes aus der Fancozeit auf ihren Namen eingetragen haben.
Madrid – Vertreter des christlichen Netzwerkes „Redes Cristianas“ begleiteten die Sprecher der Bürgerplattformen von Córdoba und Navarra sowie der Organisation Europa Laica, die für eine Trennung von Kirche und Staat eintritt, als sie im Spanischen Parlament ein Dokument einreichten. Dieses beinhaltet eine fertig abgefasste Verfassungsbeschwerde gegen den entsprechenden Artikel des besagten Gesetzes, welche beim Verfassungsgericht eingereicht werden kann, wenn mindestens fünfzig Abgeordnete gleich welcher Fraktionen die Klage unterschreiben. Die sozialistische PSOE hätte schon für sich allein genommen genug Sitze, um die Klage durchzubringen, die Antragsteller haben jedoch wenig Hoffnung, dass die Partei geschlossen so handeln wird.
Der Protest gegen die stillschweigende Vereinnahmung von Immobilien aller Art durch die Bischöfe der Katholischen Kirche erfreut sich breiter Unterstützung in der Bevölkerung. Allein die Plattform der Moschee-Kathedrale von Córdoba hat über 374.000 Unterschriften dafür gesammelt, dass die „Mezquita“ öffentliches Eigentum bleiben soll.
Das Hypothekengesetz von 1946 und die zugehörigen späteren Verordnungen stellen die katholischen Bischöfe den Beamten gleich und erlauben ihnen, jeglichen Grundbesitz, für den kein Eigentümer aktenkundig ist, auf ihren Namen einzutragen. Es genügt das Wort des Bischofs, ohne dass ein Eigentumsnachweis vorzulegen ist. Und so hat die Kirche auch jahrzehntelang gehandelt. Im Jahre 1998 dann hat die Regierung von José María Aznar dieses Privileg sogar noch auf die Kirchengebäude erweitert. Tausende von Immobilien wurden auf diese Weise vereinnahmt, darunter auch international berühmte Sehenswürdigkeiten wie die Kathedralen „Mezquita“ in Córdoba und „Giralda“ in Sevilla (das Wochenblatt berichtete).
Eine aktuelle Reform des Hypothekengesetzes wird diesem Privileg ein Ende setzen, nicht jedoch ohne der Kirche noch ein weiteres Jahr einzuräumen, während dessen sie jegliche Eintragung, die sie vornehmen will, noch abschließen kann.
Die Bürgerbewegungen wollen mit Hilfe von fünfzig freien Abgeordneten nun dieser „größten Plünderung von Gütern durch die Katholische Kirche“ Einhalt gebieten. „Die Fraktionsdisziplin ist nicht Teil der spanischen Rechtsordnung“, betont Antonio Manuel Rodríguez, Sprecher der Bürgerplattform von Córdoba. „Wir wollen direkt auf die Verantwortlichen zeigen: Die PP, weil sie aktiven Anteil daran hat und die PSOE, weil sie es geduldet hat. Man kann sich nicht mehr auf formale Hindernisse herausreden. Wenn die Beschwerde nicht zum Verfassungsgericht weitergeleitet wird, ist das eine klare Botschaft, dass Verfassungswidriges mit der Zeit anerkannt wird. Der Europäische Gerichtshof hat die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, als wir davon berichteten. Und bis dorthin werden wir gehen, wenn die spanischen Politiker und Gerichte uns keinen Ausweg bieten.“
Neu ist, dass sich auch „Redes Cristianas“, eine Basisorganisation der Katholiken mit Verbindungen zu ähnlichen Organisationen in ganz Europa, der Verfassungsbeschwerde angeschlossen hat. Deren Sprecher erklärte, als Christen seien die Mitglieder empört über die Grundbuch-Eintragungen. Auch wenn sie legal wären, sei es verfassungsfern, undemokratisch und nicht loyal gegenüber dem spanischen Volk, das sich der Kirche gegenüber so großzügig zeige und elf Milliarden Euro im Staatshaushalt bereitstelle.
Auch wenn die Verfassungsklage zugelassen und das Hypothekengesetz im entsprechenden Punkt für verfassungswidrig erklärt werden würde, könnte das an den bisher durchgeführten Grundbucheintragungen nichts mehr ändern. Die Bürger hätten dadurch jedoch eine juristische Basis, um einzelne Güter zurückzufordern.
Vom Weinberg bis zum Kiosk
Die Immobilien, welche die Katholische Kirche sich angeeignet hat, sind sehr verschiedener Art und beschränken sich nicht auf Kirchengebäude, deren Eigentümer sie auch nicht unbedingt sein muss. Der Baugrund für die Kirchen wurde in vielen Fällen von den Einwohnern der jeweiligen Gemeinde zur Verfügung gestellt und das Gotteshaus selbst meist auch von diesen erbaut.
In Navarra sind die Eintragungen der Bischöfe sehr gut dokumentiert und umfassen unter anderem Häuser, Garagen, Weinberge und Pelota-Spielhallen. In Córdoba hat sich die Kirche unter anderem gleich einen ganzen öffentlichen Platz von 4.000 Quadratmetern, samt der gleichnamigen Kirche Fuensanta und dem Kirchgarten einverleibt. Gerade wird ein leerstehender Lotterie-Kiosk im Zentrum, neben der San Hipólito-Kirche, eingetragen, der eigentlich als öffentliches Eigentum geführt wird. Der wichtigste Kampf wird in Córdoba jedoch gegen das Verschwinden des Namens „Mezquita“ für die weltberühmte Moschee-Kathedrale geführt, deren Ernennung zum Weltkulturerbe, wegen ihres Beispiels der Koexistenz von muslimischen und christlichen Elementen, nun durch die Bemühungen, das geschichtsträchtige Monument in „Kathedrale“ umzubenennen, ad absurdum geführt wird.
[bsa_pro_ad_space id=“8,13″ if_empty=“13″ delay=“5″]