Der Athlet, der mit dem Schlauchboot kam

Seine Eltern sind stolz auf ihn, obwohl er nicht arbeitet und kein Geld nach Hause schicken kann. Fotos: EFE

Seine Eltern sind stolz auf ihn, obwohl er nicht arbeitet und kein Geld nach Hause schicken kann. Fotos: EFE

Zakaria, kanarischer Leichtathletikmeister im 400-Meter-Lauf, kam im Flüchtlingsboot von Westafrika nach Gran Canaria

Gran Canaria – Der Traum von Zakaria Loumani ist ein Traum, den viele junge Menschen in Westafrika träumen, die in ihrer Heimat keine Zukunftsperspektive sehen. Doch viele dieser Träume zerplatzen auf der gefährlichen Überfahrt in nicht seetauglichen und überfüllten Flüchtlingsbooten. Der Meeresstreifen, der zwischen der Westsahara und den Kanarischen Inseln liegt, scheint auf der Karte schmal und leicht zu überwinden. Doch der Atlantik verschlingt auf dieser Route unzählige Leben.

Laut dem Bericht des Hochkommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge, UNHCR, starben im vergangenen Jahr 1.153 Migranten auf der sogenannten kanarischen Route. Hinzu kommen die zahllosen Vermissten, deren Boote kentern und still im Atlantik versinken. Trotzdem wagen weiterhin Menschen in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft in Europa diese gefährliche Reise. Denn es erreichen nicht nur Nachrichten von tragischen Todesfällen die Heimat, sondern auch solche von Landsleuten, die es geschafft haben.

Die Geschichte von Zakaria Loumani ist wohl eine von denen, die Mut machen. Vor gut einem Jahr stieg er in Kap Bojador in ein Boot, um auf die Kanaren überzusetzen. Heute ist der passionierte Sportler kanarischer Leichtathletikmeister im 400-Meter-Lauf. Seine Geschichte hat er der Nachrichtenagentur EFE erzählt.

In seiner Heimatstadt El Aaiún trainierte der junge Athlet, wann er konnte. Ansonsten half er im Lebensmittelgeschäft des Vaters, wog und verkaufte Obst und trug zum Lebensunterhalt seiner Eltern und vier Geschwister bei. Doch die Chancen auf eine Sportkarriere standen für ihn an diesem Ort der Welt schlecht, das war ihm klar. „In Marokko wird Sport wenig gefördert, nur Schulen können es sich leisten“, erzählt der 21-Jährige. Die Erkenntnis, dass er trotz seiner erstaunlichen Fähigkeiten in der Heimat nicht weiterkommen würde, ließ in ihm den Wunsch wachsen, nach Europa auszuwandern. Seine Eltern waren damit nicht einverstanden, verboten es, weil sie es für zu gefährlich hielten. Doch Zakaria blieb hartnäckig und ging so weit, ihnen zu drohen, dass er notfalls schwimmen würde. Schließlich gaben die Eltern nach und ermöglichten ihm die Bezahlung der Passage.

Seine Eltern sind stolz auf ihn, obwohl er nicht arbeitet und kein Geld nach Hause schicken kann. Fotos: EFE
Seine Eltern sind stolz auf ihn, obwohl er nicht arbeitet und kein Geld nach Hause schicken kann. Fotos: EFE

Als er in dem gut zwei Autostunden von El Aaiún entfernten Kap Bojador zusammen mit 27 weiteren Personen in das Schlauchboot der Schleuser stieg, habe er große Angst gehabt, gibt er heute zu. Er wusste, es gibt bessere Boote, aber sein Geld reichte dafür nicht. Die Überfahrt sei die Hölle gewesen, und er habe gedacht, dass sie es nicht schaffen würden. Aber sie wurden gerettet, Zakaria nach der obligatorischen Quarantäne als Minderjähriger eingestuft und in eine Unterkunft für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge auf Gran Canaria gebracht. Dort erkannte ein Betreuer sein Talent und stellte den Kontakt zu einem Kollegen her, der selbst Trainer ist. Zakaria wurde in eine Aufnahmeeinrichtung in Telde verlegt, die ganz nahe an einem Sportplatz mit einer Bahn liegt. Dadurch wurde es für ihn möglich, mit der Verwirklichung seines Traums, als Leichtathlet Karriere zu machen, zu beginnen.

Als festgestellt wurde, dass er volljährig ist, musste Zacaria die Einrichtung verlassen, bekam aber einen Platz in einer Unterkunft der spanischen Flüchtlingshilfe CEAR. Das Training konnte er fortsetzen und im Januar dieses Jahres beweisen, was in ihm steckt. Er gewann die Meisterschaft im 400-Meter-Lauf der Insel Gran Canaria. Am 5. Februar 2022 trat er für den Leichtathletikclub Evecan Sport-ULPGC bei der regionalen Meisterschaft an und wurde auf der 400-Meter-Strecke mit einer Zeit von 49,30 Sekunden kanarischer Meister. „Ich wusste, dass ich Potenzial für das Laufen habe, aber das hatte ich nicht erwartet“, gibt er zu.

Als er seinen Eltern am Telefon von seinem Erfolg erzählte, hätten sie mit Stolz reagiert, erzählt er. Er sei seinerseits auch sehr stolz auf seine Eltern, denen es nichts ausmacht, dass ihr Sohn in Spanien nicht arbeitet. Denn normalerweise erwarteten afrikanische Familien von Familienmitgliedern, die nach Spanien emigrieren, dass sie sofort damit beginnen, Geld in die Heimat zu schicken. Seine Eltern jedoch sind froh, dass er gefördert wird und wollen, dass er sich einlebt und seine Ziele erreicht.

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