Der Inselpräsident bestätigt: Die Planung für den Transrapid geht weiter!


© Planungsgemeinschaft IBV/IFB

Ein Beitrag von Prof. Dr. Ing. Peter Mnich, IFB Institut für Bahntechnik GmbH/Technische Universität Berlin

Nach 100 Jahren Eisenbahnplanung (erste dokumentierte Eisenbahnstudie auf Teneriffa 1889, die letzten 2009/2010) muss auf der Insel endlich eine moderne Verkehrslösung realisiert werden. Zur Magnetbahn Transrapid gibt es daher keine Alternative.

Im August sorgte ein Interview des „Diario de Avisos“ mit Vizepräsident Carlos Alonso für Verunsicherung. Dieser hatte von verschiedenen Nachteilen des Transrapid gegenüber eines konventionellen Zuges gesprochen und den Eindruck erweckt, als sei der Transrapid bei der Verkehrsplanung für Teneriffa aus dem Rennen, obwohl er hinzufügte, eine endgültige Entscheidung zwischen den beiden Alternativen werde erst nach der Sommerpause fallen.

Inzwischen teilte Inselpräsident Ricardo Melchior der „Planungsgemeinschaft Maglev Tenerife“, die die technische Machbarkeit eines Transrapid auf der Insel untersucht, mit, dass die Studien fortgesetzt werden. Die bisherigen Untersuchungen haben nämlich deutliche Vorteile der Schwebetechnik gegenüber der Rad-Schiene-Bahn ergeben, im Gegensatz zu dem Eindruck, den der Artikel des „Diario“ vermittelt hatte.

In dem genannten Artikel bezog sich Vizepräsident Alonso offenbar auf ein 12-Punkte-Papier, das von INECO­/MTSA-Mitarbeitern erstellt wurde und in dem von Nachteilen des Transrapid-Systems gegenüber der Eisenbahn die Rede war. Dieses Papier wurde der Planungsgemeinschaft in Berlin, Herrn Prof. Mnich, übermittelt, welche dazu Stellung nahm. Diese Stellungnahme liegt nun vor und widerlegt jeden einzelnen der kritisierten 12 Punkte. Im Wesentlichen hatte Alonso in seinem Interview von drei Kritikpunkten gesprochen: dem  Energieverbrauch, der Finanzierung und von Sicherheitsaspekten des Transrapid. Diese Punkte wurden von der Planungsgemeinschaft im Wesentlichen wie folgt richtiggestellt:

Der Energieverbrauch

Vergleicht man den Transrapid mit einem Rad-Schiene-Zug bei gleicher Geschwin­digkeit, dann verbraucht der Transrapid 20% weniger Energie als der Zug. Dennoch wurde in dem Artikel des „Diario“ behauptet, der Transrapid verbrauche mehr Strom als ein Zug. Offenbar hatte man die Werte der Verkehrsplanung zugrunde gelegt, in denen für den Transrapid höhere Geschwindigkeiten vorgesehen sind, um kürzere Fahrzeiten zu erreichen. Ein Transrapid, der max. 270 km/h  fährt, braucht tatsächlich mehr Energie als ein Zug bei 220 km/h. Der Vergleich ist also etwa so, als würde man dieselbe Autobahnstrecke mit einem Auto in einer Stunde fahren und in einem anderen in nur einer halben, um dann zu der Erkenntnis zu gelangen, dass der schnellere Wagen mehr Benzin verbraucht hat.

Der Transrapid ist deshalb sparsamer, weil er durch seine Schwebetechnik keinen Rollwiderstand überwinden muss. Das Fehlen von Schienen und Rädern vermindert auch deutlich den Verschleiß, wodurch die Instandhaltungskosten ebenfalls sinken, und zwar um 30%. Die Betriebsführung wird dank der höheren Automatisierung beim Transrapid sogar 40-50% kostengünstiger liegen als bei einem vergleichbaren Bahnsystem.

Doch ganz gleich welches System man wählt, Teneriffa wird in jedem Fall mindestens ein neues Kraftwerksmodul benötigen, denn die gesamte Stromversorgung der Insel ist erneuerungsbedürftig und kann eine Bahn ohne Erweiterung derzeit nicht versorgen. Andererseits wird der Benzinverbrauch der Autofahrer deutlich zurückgehen, wenn viele Autofahrer auf den Transrapid umsteigen. Bisher lag die Eisenbahn im Vergleich der Transportmittel vorne mit einem niedrigen Wert für den Energieverbrauch pro Person und Kilometer. Doch der Transrapid ist auch in diesem Punkt günstiger.

Die Kosten

Alonso sprach in dem Artikel von den Kosten des Transrapid, die er mit etwa vier Milliarden Euro bezifferte. Tatsächlich hat aber der erste Teil der Machbarkeitsstudie ermittelt, dass der Transrapid für rund drei Milliarden Euro erstellbar ist, und zwar für die Süd- und die Nordstrecke gemeinsam. Die Bausumme für die Eisenbahn liegt nach den Studien des Cabildo bei der Nordstrecke bei 1,2 Milliarden Euro und für die Südstrecke bei etwa 2,3 Milliarden Euro, also etwa 3,5 Milliarden Euro. Unter Berücksichtigung des hohen Tunnelanteils von etwa 41 km für beide Strecken der Eisenbahn und dem hohen Baurisiko, können Gesamtkosten der Eisenbahnstrecken nach Bahntechnikexperten erfahrungsgemäß bei etwa 5 bis 6 Milliarden Euro liegen. Also damit deutlich über dem des Transrapid.

Sicherheitsaspekte

Zum Thema Betriebssicherheit sprach Alonso lediglich von „cuestiones de seguridad“, also „Sicherheitsfragen“, ohne näher darauf einzugehen. Das war auch nicht möglich, da das umfangreiche Sicherheitskonzept Gegenstand der nächsten Phase der Machbarkeitsstudie ist und daher noch gar nicht vorliegt. Fakt ist jedoch, dass in Shanghai, wo der Transrapid seit 2002/04 in Betrieb ist und schon etwa 9 Millionen Kilometer Fahrleistung (Stand Juni 2011) zurückgelegt sowie etwa 29 Millionen Fahrgäste auf der 30 km langen Strecke unfallfrei transportiert hat. Die sehr hohe Verfügbarkeit von 96% und eine Pünktlichkeit von größer als 99% zeigt die gute Zuverlässigkeit des Bahnsystems im kommerziellen Betrieb. Damit ist das Transrapid- System mindestens so sicher und zuverlässig wie die konventionelle Eisenbahn. Eigentlich ist der Transrapid sicherer. Systembedingt ist die Magnetbahn Transrapid entgleisungssicher (Fahrzeug umgreift den Fahrweg); ein Auffahren eines Fahrzeuges auf ein anderes Fahrzeug ist betrieblich, wegen des fahrwegseitigen Linearmotors (Motorabschnitte), ausgeschlossen. Ein wichtiger Sicherheitsaspekt zusätzlich zur signaltechnisch sicheren Betriebsleittechnik (Zugsicherungstechnik).

Ein kleines Detail am Rande mag zeigen, wie wenig man beim „Diario de Avisos“ von Bahntechnik versteht: Das abgedruckte Foto, welches laut Bildunterschrift einen Transrapid zeigen soll, zeigt einen frischgeputzten ICE (Velaro) auf der Bahnmesse Innotrans in Berlin, also genau das konkurrierende Eisenbahnsystem.

Eine große Chance

Abschließend sagte Alonso im Artikel des „Diario“: „El tren nos permite reducir nuestra dependencia energética del exterior, reducir la huella ecológica y garantiza una movilidad sostenible sin necesidad de ocupar más suelo. Con el tren podremos ser más competitivos“ („Der Zug erlaubt uns, unsere Energie-Abhängigkeit von außen zu reduzieren, ebenso den ökologischen Schaden, und garantiert eine nachhaltige Mobilität ohne weiteres Gelände zu verbrauchen. Mit dem Zug könnten wir wettbewerbsfähiger werden.“) Was in dem Artikel leider nicht gesagt wurde ist, dass es exakt diese Argumente sind, die genau auf den Transrapid zutreffen, weniger jedoch auf einen konventionellen Zug, der einen sehr hohen Geländeverbrauch und hohe Bau- und Kostenrisiken insbesondere wegen des hohen Tunnelanteils hätte, wie aus den vorliegenden Studien des Cabildos zu entnehmen ist.

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