Der sparsamste Haushalt der spanischen Geschichte


© EFE

Trotz enormer Kürzungen und neuer Steuern wird die Staatsschuld nicht abnehmen

Am 27. September beschloss die Regierung den Haushaltsentwurf für das kommende Jahr, der durch Enthaltsamkeit und neue Steuern die enormen Zinszahlungen zu bedienen sucht.

Madrid –

Einschnitte in fast allen Bereichen:

Auf der Ausgabenseite wurden einzig und allein die Posten für die fälligen Zinsen und die Renten erhöht. Alle anderen Bereiche wurden beschnitten, doch kommen die Kürzungen nicht der Senkung der Staatsschuld zugute sondern werden allein von den fälligen Zinsen regelrecht aufgefressen.

Seit 2007 ist aufgrund von Wirtschaftkrise, Rezession, Bankenrettung und steigender Risikoprämie die Staatsverschuldung von 36 % des Bruttoinlandsproduktes BIP auf heute 76% gestiegen.  2013 wird  sie wegen des Verlustausgleichs bei den Banken und des Anteils an der Bankenrettung voraussichtlich auf über 90% des BIP ansteigen. Das hat die Regierung beim Entwurf des Etats enorm eingeengt. Im kommenden Jahr wird nämlich eine enorme Summe an Zinsen fällig.

Die Renten sollen im kommenden Jahr um 1% angehoben werden. Der entsprechende Posten wurde um 5% auf 121,557 Milliarden Euro erhöht. Dafür wird die Sozialversicherung zum ersten Mal überhaupt auf den Reservefonds zurückgreifen und der Rücklage über 3 Milliarden Euro entnehmen müssen.

Die Posten aller Ministerien wurden gekürzt.

Dem Entwurf zufolge wird das Ministerium für Gesundheit, Sozialdienste und Gleichberechtigung zwar mit 29% mehr bedacht. Doch zieht man den staatlichen Beitrag zur Sozialversicherung und die Begleichung der in den letzten Jahren eingegangenen Verpflichtungen ab, dann wird der für die medizinische Versorgung der Bevölkerung und die sozialen Dienste zur Verfügung stehende Betrag um 23% gekürzt.

Von großer Tragweite ist sicher auch, dass die Posten für das Ministerium für Industrie, Energie und Tourismus, einem besonders bedeutenden Wirtschaftszweig, sowie für das Ministerium für Transport und Inlandsentwicklung, dem einstigen wichtigen Auftraggeber, um 31% bzw. 11% gekürzt wurden. Erschreckend ist, dass die Summen für Arbeitslosenunterstützung und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen um 6% bzw. 34% beschnitten wurden.

Neue Steuern

Um die Einnahmen zu erhöhen, beschloss die Regierung folgende Steuermaßnahmen: die Abschaffung der Abschreibungsrücklage großer Unternehmen, die Einführung einer neuen Steuer von 20% auf Lotteriegewinne über 2.500 Euro, die Aufrechterhaltung der Vermögenssteuer, die Abschaffung der Abschreibung beim Kauf einer Wohnimmobilie, die Anhebung der Wertzuwachssteuer, u.a.

Defizitlimit außer Reichweite?

Von der Zeitung El País wurde bemängelt, dass sich die Regierung bei der Aufstellung des Haushaltsplanes auf äußerst unrealistische Daten stütze, beispielsweise einer Rezession von nur 0,5% (der Weltwährungsfonds schätzte zuletzt den Wirtschaftsrückgang im kommenden Jahr auf 1,2%) und einer Arbeitslosenquote von 24,3%. Liegt die Exekutive daneben, reichen die Einsparungen und Mehreinnahmen nicht aus, das der EU zugesagte Defizit von 3,8% des BIP einzuhalten.

Am 29. September gab die Regierung bereits zu, das Defizit von 2011 auf 9,4% korrigieren zu müssen und in diesem Jahr das angestrebte Defizitlimit von 6,3% wohl um 0,9% zu verfehlen.

Reaktionen

Sofort nachdem Finanzminister Cristóbal Montoro den Haushaltsentwurf für 2013 vorgestellt hatte, meldete sich die Oppositionspartei Partido Socialista Obrero Español (PSOE) zu Wort und kritisierte, der Haushalt würde die Armut vergrößern, die zukünftigen Rentenzahlungen gefährden und nicht zur Wiedergewinnung des internationalen Vertrauens beitragen.

Carlos Cruzado, Präsident der Gewerkschaft der Finanzbeamten (Gestha), monierte, wieder einmal würden nur die Unter- und die Mittelschicht sowie die kleinen und mittelständischen Unternehmen zur Kasse gebeten. Die Regierung habe erneut „vergessen“, eine Reichensteuer und eine höhere Besteuerung von Großunternehmen, die derzeit fast fünf Prozentpunkte weniger als kleine und mittelständische Firmen abführten, auch nur in Erwägung zu ziehen. Dies sei ungerecht und verstoße gegen die Verfassung, so Cruzado.

[bsa_pro_ad_space id=“8,13″ if_empty=“13″ delay=“5″]

Über Wochenblatt

Das Wochenblatt erscheint 14-tägig mit aktuellen Meldungen von den Kanaren und dem spanischen Festland. Das Wochenblatt gilt seit nunmehr 36 Jahren als unbestrittener Marktführer der deutschsprachigen Printmedien auf den Kanarischen Inseln.