Die angebliche Festgeldanlage


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Ein Artikel von Dr. Armin Reichmann

In den vergangenen Wochen und Monaten wurden viele Sparer, hierunter auch viele deutsche Residenten, davon überrascht, dass als vermeintliches Festgeld bei spanischen Banken und Sparkassen angelegte Beträge sich in Wahrheit als hochspekulative Papiere, (die oben genannten „participaciones preferentes” und „deuda subordinada”) herausstellten, die infolge der Finanzkrise drastisch an Wert verloren hatten.

Um den Hintergrund und die Bedeutung zu verstehen, muss ich eine Geschichte aus vergangener Zeit erzählen: Es gab mal eine Zeit in Spanien, da blühte das Bauwesen,  wer immer sich eine Eigentumswohnung gekauft hatte, ärgerte sich wenig später, aber nicht wegen der Kauf-Entscheidung an sich, sondern vielmehr darüber, dass er nicht drei oder vier Wohnungen gekauft hatte, denn die Preise gingen unaufhörlich in die Höhe. Aber auch die Banken und Sparkassen waren unglücklich, denn es gab einfach nicht genug Geld in der Kasse, um den Kreditbedarf für alle diese spekulativen Käufe abzudecken. Dazu muss man wissen, dass eine Bank nicht uferlos Kredite herausgeben kann, sondern nur in strenger Abhängigkeit von den vorhandenen Eigenmitteln (fondos propios), damit die Bank, falls einmal ein Kredit ausfällt, sie diesen Verlust quasi mit ihrem eigenen Vermögen auffangen kann. Die Berechnung ist hochkomplex, daher hier nur die Stichworte: Basel III; Kernkapitalquote, Core Capital, TIER 1. Denn natürlich verbietet es das Gesetz, auf die Gelder der Sparbuch- und Festgeldinhaber zurückzugreifen, denn die unterliegen ja einem besonderen Schutz. Wie konnte man also der Bankenaufsicht der „Banco de España“ höhere Eigenmittel nachweisen? Genau hierzu wurden die oben genannten Finanzprodukte eingesetzt. Nicht dass diese etwa eine Erfindung der spanischen Banken wären, nein, die gibt es schon seit Ewigkeiten und sind, hinreichend erklärt und sinnvoll eingesetzt, ein wichtiges Finanzierungsmittel für Banken und Unternehmen, die allerdings überwiegend professionellen Geldanlegern (Versicherungen und Fonds) angeboten werden. Wer dort einsteigt, weiß also, dass er nicht etwa einer Bank sein Geld ohne eigenes Risiko anvertraut, sondern vielmehr sich an den Risiken der Bank beteiligt und im Gegenzug dafür weit höhere Zinsen erhält als ein Sparbuchinhaber, sozusagen Partner statt privilegierter Gläubiger. So weit, so gut.

Nun nimmt aber die Geschichte einen bösen Verlauf in dem Moment, in dem spanische Banken dazu übergingen, diese Produkte auch den meist eher unerfahrenen eigenen Sparern und Kleinanlegern anzudienen. Und der klassische Sparer schaut nur auf einen (möglichst hohen) Zinssatz, und ansonsten unterschreibt er die vielen Formulare, die ihm sein netter, seit Jahren vertrauter Bankberater vorlegt, der sich aber andererseits eine satte Provision für den Verkauf dieser Papiere einsteckt. Dass es dabei nicht immer mit rechten Dingen zugegangen ist, beweist zweierlei: eine Vielzahl von Klagen der enttäuschten Anleger gegen Banken und die seit Kurzem neu geltende gesetzliche Regelung, dass die Mindestanlage auf 100.000 € beschränkt wird und der Anleger schriftlich erklären muss, die Risiken zu kennen.

Wurde wirklich den Anlegern eindringlich erklärt, dass ihr Geld nicht abgesichert war über den Garantiefonds der Banken (Fondo de Garantía de Depósitos), dass keine Rücknahmeverpflichtung der Bank existierte, es Verkaufsmöglichkeit nur über einen kaum funktionierenden Sekundärmarkt (AIAF) mit drastischen Einbußen gibt? Was wurde ihnen zu den zwei weiteren wichtigen Aspekten bei jeglicher Geldanlage (neben der Rentabilität) gesagt, nämlich Höhe des Risikos und jederzeitige Verkaufbarkeit?

Der Schock war also entsprechend groß, als viele Anleger ihr vermeintliches Festgeld zurückhaben wollten und ihnen stattdessen ein drastisch reduzierter „Kurswert“ genannt wurde. Immerhin stehen die Inhaber von deuda subordinada etwas besser da als die von participaciones preferentes, denn bei Ersteren gibt es wenigstens einen Fälligkeitstermin, an dem der Anlagebetrag in voller Höhe zurückgezahlt werden muss (wenn es dann die Bank noch gibt).

Leider ist die Geschichte noch nicht zu Ende, denn den ohnehin geplagten Anlegern droht weiterer Ärger. Die EU wird die dringend benötigten Milliarden zur Rettung der spanischen Banken und Sparkassen nur dann zur Verfügung stellen, wenn auch deren Risiko-Kapitalgeber ihren Beitrag zur Sanierung leisten, und nun wissen wir ja, wer das unter anderem ist. Besonders gefährdet sind also die Anleger bei den Banken Novagalicia Banco, Bankia, Banco de Valencia und Catalunya Caixa.

Dr. Armin Reichmann

Rechtsanwalt / Abogado

Frankfurt am Main /

Palma de Mallorca

www.dr-reichmann.com

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