Die Justiz ermittelt gegen König Juan Carlos

Der emeritierte spanische König Juan Carlos sieht sich Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft des Obersten Spanischen Gerichtshofes ausgesetzt. Foto: EFE

Der emeritierte spanische König Juan Carlos sieht sich Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft des Obersten Spanischen Gerichtshofes ausgesetzt. Foto: EFE

Es geht um Provisionen für den Auftrag des Hochgeschwindigkeitszugs AVE nach Mekka

Madrid – Im Skandal um mögliche Schmiergeldzahlungen in Höhe von 100 Millionen Dollar beim Bau einer Schnellbahnstrecke in Saudi-Arabien durch ein Konsortium spanischer Firmen hat das Oberste Gericht in Madrid Ermittlungen gegen eine prominente Persönlichkeit aufgenommen – den emeritierten König Juan Carlos. Es geht bei den Untersuchungen darum, mögliche strafrechtliche Relevanz der Vorgänge abzugrenzen oder auszuschließen, die nach der Abdankung des Monarchen im Juni 2014 erfolgt sind.
Die Generalstaatsanwaltschaft des Obersten Spanischen Gerichtshofes muss nun prüfen, ob Indizien für Steuervergehen und Geldwäsche vorliegen, wie die Antikorruptionsstaatsanwaltschaft festgestellt haben will. Diese oberste Justizbehörde untersucht nun die Rolle, die der emeritierte König bei den gezahlten Provisionen der Auftragsvergabe für den AVE an spanische Firmen gespielt hat. Die Generalstaatsanwaltschaft hat entschieden, die Untersuchungen an die oberste Instanz weiterzuleiten, die sich direkt auf den König beziehen, der zwar nun angeklagt werden kann, aber vor dem Obersten Gerichtshof Immunität besitzt.
Wie eine offizielle Mitteilung der Staatsanwaltschaft besagt, werden sich die Untersuchungen auf die strafrechtliche Relevanz der Geschehnisse konzentrieren, die sich nach Juni 2014 ereigneten, der Zeit, als König Juan Carlos I. zugunsten seines Sohnes abdankte und damit nicht mehr unter dem Schutz des Artikels 56.3 der Spanischen Verfassung stand, der nur dem Staatschef zusteht.

Immunität gilt nur bis 2014

Für die rund vier Jahrzehnte (22.11.1975 bis 14.06.2014) in denen Juan Carlos I. Staatoberhaupt von Spanien war, besitzt er Immunität. Nach seinem Verzicht auf den Thron zugunsten seines Sohnes Felipe VI. genießt der heute 82-Jährige noch einige Sonderrechte, kann jedoch vom Obersten Gerichtshof Spaniens angeklagt werden. Wenn auch die mutmaßliche Zahlung von Schmiergeldern bereits 2008 erfolgt sein soll, könnte er beispielsweise der Geldwäsche in der Zeit nach 2014 beschuldigt werden.
Wie die Generalstaatsanwaltschaft in diesem Zusammenhang mitteilte, hat die Generalstaatsanwältin Dolores Delgado am 5. Juni ein Dekret unterzeichnet, nach dem die Untersuchung dieses Falls an den Staatsanwalt der Abteilung für Wirtschaftsdelikte, Juan Ignacio Campos, übertragen wird. „Angesichts der institutionellen Bedeutung dieser Untersuchungen wurden sie an eine Persönlichkeit der höchsten Kategorie der juristischen Laufbahn mit außerordentlichen Qualifikationen und Erfahrungen erteilt. Er wird von einem Team von drei Staatsanwälten des Obersten Gerichtshofes wegen der unbestrittenen technischen Komplexität dieser Untersuchungen unterstützt“, heißt es in der Verlautbarung.
In juristischen Kreisen herrscht die Meinung vor, Dolores Delgado habe die Entscheidung getroffen, die Untersuchungen an den Obersten Gerichtshof zu übertragen, weil „Antikorruption“ darum ersucht hatte, festzustellen, welche Zahlungen von Provisionen im Zusammenhang mit dem Bau des AVE nach Mekka erfolgten. Es habe sich der Verdacht möglicher Geldwäsche und Steuerhinterziehung ergeben. Jetzt gehe es darum, festzustellen, ob sich dieses Vorgehen auch auf die Zeit nach der Abdankung von König Juan Carlos bezieht. Ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft hat in diesem Zusammenhang erklärt, man habe bislang keinerlei Typifizierung von Delikten durchgeführt, denn das letzte Wort habe der Oberste Gerichtshof.

Schweizer Staatsanwalt nahm erneut die Spur auf

Ein Schweizer Staatsanwalt hatte auf eigene Faust die Spur des bereits im September 2018 vorläufig eingestellten Falls wieder aufgenommen und erneut das Licht der Öffentlichkeit darauf gerichtet. Der Richter des Spanischen Nationalgerichts hatte wegen schwacher Indizien und der strafrechtlichen Immunität des Königs in der Zeit, als sich die Vorgänge ereigneten, den Fall vorläufig zu den Akten gelegt. Besagter Staatsanwalt hatte in Genf in den Büros des Anwalts und Vermögensberaters Arturo Fasana, Dokumente über die Existenz der Stiftung „Lucum“ in Panama und ein entsprechendes Konto bei einer Schweizer Bank entdeckt, Hauptbegünstigter war König Juan Carlos I.
Nun steht die Frage im Raum, ob der Genfer Staatsanwalt Bertossa um eine Aussage von König Juan Carlos ersuchen werde. Offenbar hat er bereits einen Fragenkatalog an das Nationalgericht geschickt, in dem die Bewegungen auf dessen Konto aufgezeigt sind, doch fehlen bislang die dazugehörenden Dokumente. Juristische Kreise haben ihre Befremdung über diesen Zeitverzug zum Ausdruck gebracht.
Die Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Medina und Mekka, ursächlicher Grund für den Skandal, wurde 2018 eingeweiht. Für die rund 450 Kilometer benötigt der „El Haramain“-Schnellzug rund zwei Stunden. Für die Millionen Pilger, die diese Transportmöglichkeit benutzen, verkürzt sich die Fahrzeit um mehr als die Hälfte.

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