Die Krise trifft die Gastronomie mit voller Wucht


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„Es geht nicht mehr darum, Arbeitsplätze zu erhalten, sondern Unternehmenspleiten zu verhindern“

Es sind nicht einmal die gesunkenen Urlauberzahlen, die den Restaurantbesitzern das Leben sauer machen. Die Einheimischen selbst, die gerne und gut ausgehen, fehlen in der Bilanz.

Angesichts der allgemeinen Krise, die verkürzte Arbeitszeiten und Lohnkürzungen mit sich bringt, kocht der Canario zu Hause. Damit ist die einheimische Stammkundschaft der Restaurants zu einem Großteil weggebrochen. Außer Haus essen, das ist heutzutage ein Luxus, den sich der Insulaner deutlich seltener leis­tet als bislang. Wo früher großzügig mit der gesamten Familie getafelt wurde, bleiben die Lokale leer.

„Wir hatten damit gerechnet, dass rund 300 Restaurants auf den Kanaren schließen müss­ten. Aber inzwischen sind es fast 500“, so José Antonio Santana, Präsident des kanarischen Freizeit- und Dienstleistungsverbands Fecao. „Die Kundschaft hat sich um bis zu 60% verringert.“

Was tun? Viele Restaurants haben Teilzeitarbeit eingeführt und arbeiten nur noch an den Wochenenden mit voller Belegschaft. „Derzeit geht es nicht mehr darum, Abeitsplätze zu erhalten, sondern darum, Unternehmenspleiten zu verhindern. Wenn man sich erstmal einen Namen bei der Stammkundschaft gemacht hat und dann schließen muss, ist ein Neustart wesentlich schwieriger zu bewerkstelligen, als jetzt die Flaute auszusitzen.“

Viele Restaurantbesitzer zahlen derzeit drauf. Die Einnahmen decken die Kosten nicht mehr. Die Banken sehen sich vor die Forderung des Fecao gestellt, billigere Kredite anzubieten, damit der Sektor die Ebbe überstehen kann. Fecao fordert außerdem die Senkung der Auszahlungskosten von Angestellten bei Entlassung für neue Arbeitsverträge.

„Damit würde der Unternehmer Neueinstellungen gegen-über aufgeschlossener sein, und die Arbeitslosenzahlen könnten sinken.“ Derzeit wird die Zahl der Entlassungen im Gastronomiesektor auf rund 25% geschätzt.

Die Zeiten sind schlecht, und die kommenden Monate müssen überstanden werden. Wäh­rend einige Unternehmer angesichts der sinkenden Einnahmen die Preise erhöhen, haben inzwischen zahlreiche Res­taurants auf den Billig-Menü-Kurs umgeschwenkt – im Volksmund bereits „Anti-Krisen-Menü“ getauft – und werben auf ihren Anzeigetafeln mit niedrigen Preisen für das Tagesmenü, um die Kundschaft anzulocken. Das funktioniert offensichtlich auch einigermaßen. Die Stammkundschaft kehrt zurück.

Auch die „Happy Hour“ – zwei Drinks für den Preis von einem in einem bestimmten Zeitraum – ist ein verlockendes Angebot in diesen schwierigen Monaten. Manche Restaurants oder Bars in Santa Cruz gehen innovative Wege und verlosen beispielsweise einen „Überraschungspreis“ unter der Kundschaft. Der Sommer muss überstanden werden, lautet die Devise, auch wenn das Geld nicht mehr so locker sitzt.

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