„Die Regierung setzt sich über die Justiz hinweg“


© Plataforma Icodense

Bürgerinitiative kämpft gegen Enteignungen durch den Bau des „Anillo Insular“

Die Bürgerinitiative von Icod, die sich für Alternativen zum „Anillo Insular“, dem Inselschnellstraßenring, stark macht und sich vorwiegend aus direkt Betroffenen zusammensetzt hat angekündigt, sie werde beim zuständigen Gericht fordern, dass das Ende März vom Obersten Kanarischen Gerichtshof ergangene Urteil auch befolgt wird.

Dieses Urteil gibt den Einwänden der Betroffenen, die im Zuge des Straßenbaus enteignet werden sollen, statt und annulliert das Dekret 396/2007 der Regionalregierung, das die „urgente ocupación“ – quasi die Beschlagnahmung im Eilverfahren oder Zwangsenteignung – der Grundstücke bzw. Immobilien anordnete, die den Stra­ßenbauplänen sozusagen im Weg stehen. Nach Bekanntwerden des Urteils hatten die Betroffenen zunächst ihren Triumph gefeiert, doch die Freude schlug schnell in herbe Enttäuschung um als klar wurde, dass die kanarische Regierung nicht daran dachte, das Urteil zu befolgen und wie angeordnet, die Zwangsenteignungen einzustellen.

Alejandra Pérez, Sprecherin der Bürgerinitiative, versicherte, dass die Zwangsenteignungen weiter stattfinden und gab stellvertretend für alle Betroffenen bekannt, dass sie die sofortige Einstellung jeglicher Enteignungen aufgrund des Urteils des Obersten Gerichtshofs verlangen. „Das Verhalten der kanarischen Regierung, die das Urteil nicht beachtet ist eine Unverschämtheit. Da fragen wir uns, was man von einer Regierung erwarten kann, die Bürger überrollt und sich über die Entscheidungen der Justiz hinwegsetzt“, klagt Pérez.

Das regionale Ministerium für öffentliches Bauwesen hingegen sieht die Dinge gänzlich anders. Von dieser Stelle aus wird festgestellt, dass das Urteil anfechtbar ist und ein Einspruch dagegen bereits läuft. Da es sich nicht um ein unanfechtbares Urteil handele, müsse es auch nicht zwingend befolgt werden.

Alejandra Pérez meint dagegen, dass die Regierung die Gerichtsurteile missachtet, weil die Folgen daraus ebenso wie dieses gesamte Straßenbauprojekt schließlich vom Geld der Bürger gezahlt werden.

„Unsere Freude über das Urteil ist der Enttäuschung gewichen, weil weiterhin Zwangsenteignungen stattfinden“, sagte Pérez. Die Regionalregierung ist mit den Enteignungen mittlerweile bis zum Gebiet von El Reventón in El Amparo (Icod) vorgedrungen.

Alejandra Pérez fragt sich auch was wohl geschehen wird, wenn der Oberste Gerichtshof ihrer Bürgerinitiative schließlich doch erneut recht geben sollte. „Was wird dann mit all dem geschehen, was im Zuge der Enteignungen zwischen Icod de los Vinos und El Tanque bereits zerstört wurde? Die rechtlichen Formalitäten laufen langsam und dieses Straßenbauprojekt geht schnell voran.“

Die Bürgerinitiative von Icod, die von den Organisationen Asamblea por Tenerife und Ben Magec unterstützt wird, will nicht aufgeben und Alejandra Pérez rief alle Betroffenen auf, sich den Baggern entgegenzustellen und soviel Widerstand wie möglich zu leis­ten. Man dürfe jetzt nicht mit Unterwürfigkeit reagieren, denn es ist auch möglich, gegen eine Regierung zu kämpfen, tönte Pérez kampfeslustig, auch wenn sie nicht ganz so zuversichtlich wirkte.

Die kanarische Regierung teilte nach den Äußerungen der Bürgerinitiative mit, dass das Urteil des Obersten Gerichtshofs lediglich die fünf Eigentümer betrifft, die den Einspruch eingelegt haben und nicht auf die anderen Enteignungen übertragbar ist. Da es anfechtbar sei und bereits Einspruch eingelegt wurde, können die Enteignungen und Bauarbeiten vorläufig weitergeführt werden. Die Regierung legte auch Wert auf die Betonung, dass in dem Urteil auch das „öffentliche Interesse“ des Straßenbauprojekts erwähnt wird.

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