Ein Bild der Ruhe inmitten des Chaos


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Der Spanier Samuel Aranda gewinnt den „World Press Photo 2011“

Der spanische Pressefotograf Samuel Aranda ist sozusagen über Nacht zum Star geworden. Sein Foto von einer verschleierten Frau, einer Mutter, die ihren verletzten Sohn in den Armen hält, wurde von der Jury des weltweit bedeutendsten Pressefotografiewettbewerbs zum Foto des Jahres 2011 gewählt.

Das Foto wurde von Samuel Aranda am 15. Oktober 2011 in einer Moschee im jemenitischen Sanaa aufgenommen, die als Feldlazarett diente. Der Spanier war im Auftrag der New York Times im Yemen unterwegs.

Die Mitglieder der internationalen Jury dieser 55. Ausgabe des „World Press Photo“ wählten das Motiv unter über 100.000 eingesandten Fotos von 5.247 Fotografen aus 124 Nationen aus. Entscheidend war dabei, dass das Bild die menschliche Seite des Arabischen Frühlings widerspiegelt.

Jury-Mitglied Nina Berman kommentierte: „In den westlichen Medien sehen wir selten eine verschleierte Frau in einem solch intimen Moment. Es ist, als ob alle Geschehnisse des Arabischen Frühlings in diesem einzigen Moment – in Augenblicken wie diesem –  zusammengefasst wären.“

Samuel Aranda (Barcelona, 1979) hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht. Er ist als Pressefotograf in Krisengebieten vor Ort, um das Geschehen mit seiner Kamera festzuhalten. Dabei schreckt der 32-Jährige nicht vor Gefahren zurück. In seinem Pass zeugen Einreisestempel von Marokko, Ägypten, Pakistan, Libanon, Irak, China, Usbekistan, Indien, Kosovo, Gaza, Palästina, Kolumbien u.v.m. von seiner weltumspannenden Tätigkeit. Heute lebt er in Tunesien. Als die Welle der illegalen Zuwanderung auf den Kanarischen Inseln ihren Höhepunkt erreichte, verbrachte er zwei Jahre auf Fuerteventura. Im Gespräch mit der Zeitung Canarias7 bezeichnete er diese Zeit als „ziemlich hart“, denn er erlebte das Leid der afrikanischen Flüchtlinge hautnah. Damals habe er nicht nur Fotos gemacht, erklärte er Canarias7. Er habe diese Menschen kennengelernt, ihre Namen gewusst und ihr Schicksal erfahren. Es sei hart gewesen, mit­ansehen zu müssen, wie diese Menschen dann in Handschellen abgeführt wurden, ohne etwas verbrochen zu haben. Diese Erfahrung sei etwas ganz anderes gewesen als der kurze Moment in der Moschee im Yemen. In dem dort eingerichteten Feldlazarett habe absolutes Chaos geherrscht, alles sei sehr schnell gegangen und er habe versucht, das einzige Bild festzuhalten, das etwas Ruhe vermittelte. Es sei ein kurzer, entscheidender Moment gewesen, in dem er die tröstende Mutter mit ihrem Sohn fotografierte, und das Licht sei gut gewesen, mehr nicht. Es gebe ja viele Bilder von Frauen in der arabischen Welt, die das Leid widerspiegeln, doch die New York Times habe sich dann zur Veröffentlichung dieser Aufnahme entschieden und damit die Voraussetzungen geschaffen, damit dieses Bild um die Welt geht – heute als Foto des Jahres 2011.

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