Ein britisch-deutsches Städtchen in Alicante


San Fulgencio ist der Ort mit dem höchsten Ausländeranteil in Spanien

Mitten in der Provinz Alicante gibt es nahe der spanischen Mittelmeerküste eine kleine Stadt namens San Fulgencio, die mit dem Rekord aufwarten kann, den höchsten Ausländeranteil Spaniens unter ihren Einwohnern zu haben und die auch europaweit in dieser Kategorie in der Spitzengruppe liegt.

Alicante – Hauptsächlich britische und deutsche Residenten machen 77,7% der Stadtbevölkerung aus. Die Engländer stellen mit 6.364 die größte Gruppe, die Deutschen folgen, weit abgeschlagen auf Platz zwei mit immerhin noch 1.468 Residenten. Der Rest der insgesamt 9.862 Ausländer verteilt sich auf zahlreiche verschiedene Nationalitäten.

Kurioserweise gibt es nur wenig Begegnung zwischen den knapp 3.000 valencianischen Einheimischen und den Zugereisten. Die einen leben im alten Stadtkern, die anderen in der Ende der 80er-Jahre auf einer Anhöhe errichteten Makro-Urbanisation La Marina,  einer unpersönlichen, langgestreckten Satellitenstadt aus Einfamilienhäusern. Die Straßenverbindung zwischen der neuen Wohnsiedlung und dem früher durch Landwirtschaft geprägten Ort ist so schlecht, dass es von Anfang an nur sehr wenig Kontakt zwischen den Einheimischen und den Neuzugängen auf dem Hügel gab. Die Sprachbarriere tat ein Übriges, denn kaum einer der Residenten, die teilweise schon jahrzehntelang dort leben, spricht Spanisch. In allen Geschäften und bei allen Dienstleistern der Siedlung, rund 200 an der Zahl, wird Englisch gesprochen. Spanier und Ausländer leben friedlich und freundlich nebeneinander her, doch von Integration kann keine Rede sein. Nur wenn im Januar das Heimatfest von San Fulgencio gefeiert wird, kommen die Ausländer herunter in die Stadt.

Trotz der Überzahl an Briten ist die Stadtverwaltung in spanischer Hand. Die Bewohner des Hügels zeigen wenig Neigung, sich in die Gestaltung der Geschicke ihres Wohnortes einzumischen. Nur einige wenige engagieren sich, meist indem sie immer neue Splitterparteien, wie die PIPN (Unabhängige Nationalitätenpartei), gründen, die in der Urbanisation um Stimmen werben und dann im Rathaus das Zünglein an der Waage spielen, um mal den Sozialisten und mal den Konservativen zur Mehrheit verhelfen. Dies hat die Lokalpolitik schon mehr als einmal auf den Kopf gestellt und auch schon kuriose Blüten getrieben. Einmal beispielsweise, als im Jahr 2008 fast die gesamte Stadtverwaltung verhaftet wurde, fand sich unerwartet der Tierschutzbeauftragte Mark Lewis auf dem Stuhl des Bürgermeisters wieder, obwohl er nicht ein Wort Spanisch sprach. Auch die aktuelle Führung verdankt ihre Mehrheit einem Schotten, dem einzigen Stadtrat der PIPN.

San Fulgencio wächst weiter und das, obwohl die Sterberate weit über der Geburtenrate liegt. Der stetige Zustrom von neuen Rentnern, die ihren Lebensabend an der Küste von Alicante verbringen wollen, sorgt dafür und straft diejenigen Lügen, die wegen der Krise ein massenhaftes Abwandern der Ausländer vorausgesagt hatten.[bsa_pro_ad_space id=“8,13″ if_empty=“13″ delay=“5″]

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