Einladung zum Vertrauen


Gedanken für mich ­– Augenblicke für Gott

Obwohl im deutschsprachigen Raum ein wirtschaftlicher Aufschwung eingesetzt hat, den niemand in den letzten Wochen und Monaten so für möglich gehalten hätte, gestaltet sich dies anderswo viel schwieriger. Unter anderem auch hier in Spanien.

Bestimmte Länder der europäischen Gemeinschaft werden von der Finanz- und Wirtschaftskrise immer noch fest im Griff gehalten; manche Banken wanken immer noch verdächtig und der ein oder andere Verantwortliche ist nach wie vor aufgeschreckt und leidet unter schlaflosen Nächten. In seltener Einmütigkeit haben die Regierungen verschiedener Länder Milliardenbeiträge zur Verfügung gestellt, um Glauben und Vertrauen wieder herzustellen.

Ist das nicht interessant? Die Begriffe „Glaube“ und „Vertrauen“ als Leitworte im Bereich der Finanzwelt! gerade dort, wo sonst mit harten Bandagen gekämpft wird, wo mit nüchternen Zahlen, mit Dividenden und Bilanzen gerechnet wird, da wird auf einmal festgestellt, dass es ohne Glauben und Vertrauen eben doch nicht geht. Wo das Vertrauen nicht da ist, verleihen Banken kein Geld mehr. Oder ich könnte jetzt auch resümieren: Glaube und Vertrauen sind auf einmal bares Geld wert. Ja, mehr noch! Glaube und Vertrauen sind unbezahlbar – sind lebensnotwendig!

Könnten wir z.B. Brücken oder Viadukte befahren ohne das Vertrauen in die Architekten? Züge und Flugzeuge benutzen ohne Vertrauen in Technik und Menschen? Sicherlich ist es lästig, wenn man schon im Flugzeug sitzt und den Urlaub vor Augen hat und dann warten muss, weil noch irgendetwas überprüft wird. Aber es ist beruhigend, dass die Sicherheit über alles geht. Oder könnten wir zum Arzt gehen ohne Vertrauen? Allüberall da, wo wir selbst unsicher sind, da trägt uns das Zutrauen auf das Können anderer, und wir können nichts anderes tun, als uns genau darauf zu verlassen.

In unserem christlichen Glauben ist Vertrauen auch ein zentrales Thema. Gerade am letzten Sonntag im Kirchenjahr, dem Christkönigssonntag, klingt das sehr stark an. Eingeführt wurde dieses Fest im Jahr 1925, also in einer Zeit, in der der christliche Glaube nicht mehr wie selbstverständlich das Leben bestimmte. Ganz bewusst sollte hier ein Akzent gesetzt werden: Christus ist der eigentliche Herr dieser Welt, von ihm sollen Familie, Gesellschaft und Staat geprägt werden. Und so wurde das Christkönigsfest im Laufe der darauffolgenden Jahre immer stärker auch ein Tag und ein Fest, an dem man politischen Herrschern ihre Schranken aufzeigen wollte. So beging man nach 1933 in Deutschland diesen Tag mit Prozessionen und Feiern, bei denen vor allem junge Menschen demonstrativ ihren Glauben an Christus bezeugten.

Das Vertrauen, dass Jesus Christus in der Welt wirksam anwesend ist, hat zwar erst spät zu einem eigenen Fest geführt, aber die Wurzeln dazu sind bereits in der Bibel grundgelegt. So heißt es z.B. im Brief des Apostels Paulus an die Kolosser: „Christus ist in allem, in ihm lebt die ganze Schöpfung.“ Oder wenn wir uns den Schlusssatz des Vaterunser-Gebets anschauen – „Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit“ – dann meint der genau dasselbe. Das eindrücklichste Bild aber ist wohl jenes von Jesus mit der Dornenkrone: Ein König, dessen Kraft in der Ohnmacht liegt; der den Menschen gerade dort am Nächsten ist, wo dieser leidet und unterdrückt wird. Damit aber drückt das Christkönigsfest einen mehr als spannungsvollen Glauben aus. Den Glauben an Christus, der in der Schwachheit stark ist und der als Leidender, als Opfer seine Herrschaft in der Welt ausübt. Paradox – aber das ist Christus, das ist die Liebe, mit der er uns Menschen unendlich zugetan ist.

Es hat schon seinen tieferen Grund, weshalb mitunter genau an diesem Christkönigsfest folgender Text aus dem Matthäus-Evangelium vorgelesen wird: „Ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war obdachlos und ihr habt mich aufgenommen; ich war nackt und ihr habt mich bekleidet.“

Der letzte Sonntag in unserem Kirchenjahr – der die ganze Spannung von Ende und Neuanfang (Advent)  in sich trägt – zeigt, dass wir dem Gott der Bibel in einzigartiger Weise vertrauen dürfen. Und weshalb? Weil er aufs Engste mit dem Leben von uns Menschen verbunden ist, weil er der Herr der Welt ist. Es wäre gut, wenn ein solches Vertrauen ausstrahlen könnte in alle Bereiche des Lebens.

Ihr

Bertram Bolz, Diakon

Kath. Touristen- und

Residentenseelsorger

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