Es ist nicht alles Gold, was glänzt


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Eurovegas entscheidet sich für Madrid

Auf den ersten Blick ist Eurovegas ein Mega-Projekt, das für Spanien, vor allem aber für Madrid 260.000 Arbeitsplätze und Investitionen in Höhe von 17 Milliarden Euro bringen soll, wenn es auch offiziell noch keine konkreten Daten gibt. Das klingt wie Sphärenmusik in dieser Krise, die nicht enden will. Allerdings ist nicht alles Gold, was glänzt.

Madrid – Es ist sehr schwierig, die unterschiedlichsten Konditionen zu kennen, die der US-amerikanische Milliardär Sheldon Adelson aufgestellt hat, denn die Verhandlungen haben hinter verschlossenen Türen stattgefunden. Die verantwortlichen Politiker der Regionalregierung von Madrid und der Zentralregierung haben nur sehr vage erklärt, sie seien bereit, über Änderungen bestimmter Gesetze zu diskutieren.

Es sieht also so aus, als ob dieser Riesenkomplex tatsächlich in der Gemeinde Alcorcón gebaut wird, zumindest ist dies der Ort, für den sich Adelson entschieden hat, nachdem Barcelona aus dem Rennen ist. Eurovegas soll aus zwölf Ferienanlagen mit jeweils 3.000 Betten bestehen. Dort sollen die Besucher der sechs Spielkasinos wohnen, welche gebaut werden sollen. Für ihre Unterhaltung werden Theater, Luxusrestaurants, Museen, Geschäfte aller Art, drei Golfplätze, zahlreiche andere Attraktionen sowie ein Kongresszentrum zur Verfügung stehen. Adelson ist Experte für derartige Anlagen. Beispiele sind seine Spielerparadiese in Macao und Singapur, die beide Gewinne abwerfen. Andererseits umgibt sie jedoch ein schlechtes Image von Geldwäsche und Korruption.

Schon seit Beginn der Verhandlungen über den Standort des europäischen „Las Vegas“ hat sich unter dem Motto „Eurovegas No“ eine Bewegung gebildet, welche das Projekt unbedingt verhindern will. Die unglaublichen Unweltschäden, die durch das pharaonische Bauprojekt verursacht werden, sind das Hauptargument der Gegner. Doch auch Geldwäsche und Prostitution werden befürchtet, typische Begleiterscheinungen solcher Spielerparadiese. Das geplante Kongresszentrum hat den Argwohn des Hotelgewerbes im Großraum Madrid geweckt, in dem es eine ganze Reihe von Hotels gibt, die für derartige Events bestens vorbereitet sind und jetzt den unlauteren Wettbewerb fürchten.

Wenn man den Hochrechnungen von Eurovegas Glauben schenken kann, werden jährlich neun Millionen Touristen den Komplex besuchen und dort 15,5 Milliarden Euro ausgeben. „Das ist wirklich eine Milchmädchenrechnung“, erklärte Gerard Costa, Professor für Marketing an der Business-School ESADE. „Zunächst einmal müssen Investoren gesucht werden, denn Adelson stellt lediglich das Projekt-Design zur Verfügung und, wenn es hoch kommt, ein Drittel des Anfangskapitals.“ Bei der derzeitigen Situation der spanischen Banken dürfte es sehr schwierig sein, eine Finanzierung zu finden. Namhafte Kreditinstitute wie die Banco de Santander haben bereits abgewinkt und erklärt, an diesem Typ von Geschäften seien sie nicht interessiert. So müsste das Geld im Ausland aufgetrieben werden, in den Arabischen Staaten und mit noch größerer Wahrscheinlichkeit in den Ländern des Ostens mit Russland an der Spitze.

Wie statistische Erhebungen besagen, sind die Umsätze durch das Glücksspiel weltweit rückläufig, und das trifft auch auf Spanien zu. Nach Angaben des Finanzministeriums wurden 2011 „nur“ 26,585 Milliarden Euro beim Glücksspiel umgesetzt. Im Jahr 2007 waren es noch 30,110 Milliarden. Dabei wurde der größte Teil nicht in Spielkasinos eingenommen. Ihr Umsatz lag 2011 lediglich bei 1,612 Milliarden Euro, während die Bingosäle 2,142 Milliarden Euro umsetzten, die Spielautomaten 9,389 Milliarden, die Staatliche Lotterie 9,723 Milliarden und ONCE, die Blindenlotterie, 1,9586 Milliarden Euro.

José Maria Mella, Professor für Angewandte Ökonomie an der Autonomen Universität Madrid, ist der Meinung, dass Adelson sich im Land geirrt habe, wenn er spezielle Konditionen wie Gesetzesänderungen erwarte. Die Regionalregierung von Madrid und die Regierung Spaniens seien verpflichtet, allen Investoren die gleichen Bedingungen zu bieten. Jegliche Abweichung wäre illegal.

„Das Kleingedruckte in dem Abkommen“, so ein Sprecher der Initiative Eurovegas No, der Bürgervereinigungen, Politiker, Wirtschaftsexperten und Juristen angehören, „sieht eine Beschneidung der Rechte der Arbeiter und eine Änderung des Ausländergesetzes vor, um sogenannte Express-Nationalisierungen möglich zu machen. Außerdem werden eine Station des AVE – des spanischen Hochgeschwindigkeitszuges –  und eine U-Bahnstation verlangt, welche direkt bis vor die Tore von Eurovegas führen sollen.

Keine Änderung der Steuergesetzgebung

Finanzminister Cristóbal Montoro hat im Rahmen einer Fragestunde auf die Anfrage der sozialistischen Fraktion versichert, es sei keinerlei Änderung in der spanischen Steuergesetzgebung vorgesehen, um ein ganz bestimmtes Projekt zu bevorzugen. Allerdings plane die Regierung allgemeine steuerliche Verbesserungen, um Investitionen in Spanien für ausländische Unternehmen attraktiv zu machen.

Barcelona schmollt

Natürlich herrschte in Barcelona große Enttäuschung, als Sheldon Adelson seine Entscheidung bekannt gab, Eurovegas in Madrid zu errichten. Doch die anfängliche Enttäuschung ging schnell vorüber, denn Enrique Bañuelos, einer der größten Baulöwen Spaniens, der durch den Immobilienboom großen Reichtum scheffeln konnte, versprach vollmundig, er werde in Barcelona vier große Vergnügungsparks errichten, weitaus besser als Eurovegas.

Der Ressortchef für Territorialpolitik bei der Regierung Kataloniens, Lluis Recoder, berichtete, die Ehefrau des Magnaten, Miriam Adelson, habe im Verlauf der Verhandlungen verlangt, den Flughafen El Prat von Barcelona zu verlegen und das Stadion des Fußballclubs RCD Epanyol niederzureißen, um Platz für Eurovegas zu schaffen. Dies seien nur einige Beispiele dafür, welche Ideen im Verlauf der mehrmonatigen Verhandlungen an ihn herangetragen wurden.

Der geplante Vergnügungspark Barcelona World, der neben Port Aventura entstehen wird, sei wesentlich besser als Eurovegas, denn er benötige keine Enteignung von Gelände. Er werde von dem solventesten Finanzinstitut Kataloniens, La Caixa, sowie von Enrique Bañuelos, einem Geschäftsmann mit großen Erfolgen jedoch auch einigen Irrtümern, finanziert.

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