„Europa – Paradies oder Blendwerk“


© NIMBA

Die kleine kanarische NGO-Organisation Nimba zeigt tausenden von Guineern einen Film über das Leben, das illegale Immigranten in Spanien erwartet

Es gibt wenige Dinge, die es in Afrika erreichen, dass 5.000 Menschen sprachlos werden, still, ungläubig und bis ins Mark erschüttert. Genau dies hat jedoch die NGO-Organisation Nimba geschafft, die seit längerem in dem westafrikanischen Staat Guinea einen Film über das wahre Leben zeigt, das illegale Immigranten in Spanien erwartet.

„Europa – Paradies oder Blendwerk“ heißt die 17-minütige Eigenproduktion, die einzig und allein durch den Einsatz der Organisation mit Sitz in Las Palmas de Gran Canaria möglich wurde. Gründerin und Herz von Nimba ist Alicia Navarro, deren langjährige Arbeit für und mit den Einwohnern des afrikanischen Landes ihr das Amt der Honorarkonsulin von Guinea-Conakry in Spanien einbrachte.

Zusammen mit ihrem Mann und zahlreichen freiwilligen Helfern hat sie sich Gedanken darüber gemacht, wie man ihre „Adoptiv-Landsleute“ zu ihrem eigenen Schutz wirksam davon überzeugen kann, dass der Weg in den „Goldenen Westen“ keine Lösung für sie ist. Denn die Vorstellung von einem Land, in dem es leicht sein wird, gute Arbeit für noch bessere Bezahlung zu finden, hält sich hartnäckig. Tatsache ist jedoch, dass sie bislang nur wenig über die Wirklichkeit des harten Weges in den Westen und die dort herrschenden Gesetze und Bedingungen wissen.

Unbekannte Odyssee

So beginnt der Film auch mit zwei Afrikanern, die über ihre Erfahrungen in Spanien berichten. „Es wäre uns besser ergangen, wenn wir in unserem Land geblieben wären“, ist dabei einer der ersten Sätze, der die Aufmerksamkeit derjenigen erregt, die noch von einem besseren Leben in der Ferne träumen. Nach und nach erzählen sie von der Odyssee, die sie hinter sich bringen mussten, bis sie überhaupt die spanische Küste erreichten. Sie berichten von der Schlepper-Mafia, die sie mit falschen Versprechungen betrogen hat, von den Vergewaltigungen, denen sich die Frauen in ihrer Gruppe ausgesetzt sahen, von den hochmodernen Grenzschutz-Mechanismen an der spanischen Küste, von den 40 Tagen, die sie in einem kanarischen Auffanglager eingesperrt waren, bis sie schließlich ohne Aussichten auf Arbeit, Heim und Zugehörigkeit an irgendeinem Ort in Spanien auf die Straße gesetzt wurden – ausgesetzt wie ein ungeliebtes Haustier, verdammt zum Betteln, Stehlen, „Ausgebeutet werden“ oder Sterben.

Nur 15.000 Euro hat die Produktion des Dokumentarfilms gekostet, eine Summe, die allein durch Spendengelder zusammengekommen ist.

Doch die Wirkung ist unvergleichlich. Tausende von Guineern sind inzwischen schon mit der Realität konfrontiert worden. Seitdem ist die Ankunft von illegalen Immigranten aus diesem Land nach offiziellen Daten bereits um 70% zurückgegangen.

Konkrete Lösungen für

konkrete Probleme

Doch der Kampf gegen die illegale Immigration stellt nur einen Teil der Arbeit von Nimba dar, ein kanarisch-guinesischer Kulturverband, der es sich zur Aufgabe gemacht hat „konkrete Lösungen für konkrete Probleme“ zu bieten. Das geschieht, indem sie den Menschen dort, deren Lebensgrundlage meist noch auf einem Handwerk beruht, beispielsweise mit einer Nähmaschine aushelfen. Dabei wird darauf geachtet, keine unnütze Technologie ins Land zu schaffen, die die Menschen erneut in Unkosten und Abhängigkeit stürzen würde. Vielmehr werden ihnen „Werkzeuge“ – gespendete Schreibmaschinen, Nähmaschinen,  Schuhputz-Material etc. – zur Verfügung gestellt, die es ihnen ermöglichen, in kurzer Zeit den Unterhalt ihrer Familien zu sichern.

Ein weiteres Beispiel für die Hilfe zur Selbsthilfe ist auch die Genossenschaft, die eine Gruppe Frauen gegründet hat und nun gemeinsam einen Brautkleider-Verleih leitet. Die dafür notwendigen Kleider stammen ebenfalls aus Spenden von zahlreichen freiwilligen Nimba-Helferinnen von den Kanaren, die sich von ihren „Erinnerungen“ gelöst haben, um sie in etwas Spürbares und Nützliches zu verwandeln.

Hilfe zur Selbsthilfe

Ebenso hat Nimba Lehr-Werkstätten und Schulen aufgebaut, in denen den Menschen durch Weiterbildung bzw. das Erlernen eines Handwerks die Möglichkeit zur Eigenverantwortung geboten wird.

Alle ihre Einrichtungen tragen den Namen einer der Kanarischen Inseln. So heißt beispielsweise die Informatik-Schule, die Nimba dank großzügiger Spenden verschiedener kanarischer Unternehmen in der guinesischen Hauptstadt Conakry einrichten konnte, „Isla de Lanzarote“.

Ein weiterer Punkt im Nimba-Programm ist die Leistung von humanitärer Hilfe. Dafür verfügt die Vereinigung unter anderem über ein Lager mit dem Namen „Gran Canaria“, über  das Bedürftige – meist Kinder und ältere Menschen – mit Kleidung und Spielzeug versorgt werden.

Auch im Bereich Gesundheit und Aufklärung ist Nimba erfolgreich tätig. So engagiert sich die Vereinigung schon seit langem im Kampf gegen Aids. Ihre Kampagne gegen die Beschneidung von Frauen erreichte im Jahr 2000 sogar die Verabschiedung eines Gesetzes, durch das diese Praktik verboten wurde.

Nimba arbeitet mit der festen Überzeugung, dass Afrika autark sein kann. Potential, Rohstoffe und Human Ressourcen sind vorhanden, doch die notwendige Infrastruktur, das „Werkzeug“  muss noch geliefert werden.

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