Europäischer Richterverband fordert die Begnadigung Garzóns


Eine „heiße Kartoffel“ für Justizminister Ruiz Gallardón

Justizminister Alberto Ruiz Gallardón, der immer eine gewisse Hochachtung für den inzwischen entlassenen Richter Baltasar Garzón an den Tag legte, als seine Parteifreunde von der PP heftig auf diesen einschlugen und schließlich seine Verurteilung erreichten (das Wochenblatt berichtete), muss in den nächsten Monaten einen schwierigen Balanceakt vollführen. Er muss über die Begnadigung Garzóns entscheiden. „Jetzt ist die heiße Kartoffel bei Gallardón“ titelte dann auch eine nationale Zeitung.

Madrid – Der Europäische Verband „Richter für die Demokratie und Freiheit“ Medel, in Vertretung von rund 15.000 Richtern und Staatsanwälten in Staaten der Europäischen Union hat dem spanischen Justizminister ein Gnadengesuch übergeben lassen, damit Baltasar Garzón sein Richteramt zurückbekommt. Das hatte er bekanntlich verloren, nachdem er im Zusammenhang mit dem sogenannten Fall Gürtel der Rechtsbeugung für schuldig befunden, vom Amt suspendiert und mit elf Jahren Berufsverbot bestraft wurde. Der Verband Medel hält dieses Urteil des obersten spanischen Gerichtshofs für diskriminierend, unproportional und von ungewöhnlicher Strenge. Es wird darauf hingewiesen, dass der Richter, als er das Abhören der Telefongespräche der Köpfe des Korruptionsnetzes mit ihren Anwälten anordnete, nicht gegen die Ethikregeln verstoßen, sondern den gesetzwidrigen Handlungen der Beschuldigten Einhalt gebieten wollte.

Die Initiative von Medel wurde ohne Gegenstimme von allen Verbänden beschlossen, einschließlich der spanischen Union der Staatsanwälte sowie Richter für die Demokratie, welche an der Textformulierung der Eingabe beteiligt waren. Der ehemalige Präsident des obersten Gerichtshofes von Katalonien, José Maria Mena, versicherte vor einigen Tagen im internationalen Presseclub, das Gnadengesuch sei mit Kenntnis von Garzón, aber nicht in seinem Namen gestellt worden. „Es muss klar sein, dass Garzón nicht um Begnadigung bittet. Wir haben nicht persönlich mit ihm gesprochen, sondern die Verständigung erfolgte über dritte Personen.“ Mena erinnerte daran, dass unter der Regierung Aznar verschiedene Begnadigungen von Richtern ausgesprochen wurden, wie beispielsweise Javier Gómez de Liaño, ebenfalls wegen Rechtsbeugung einschlägig bestraft. Nach seinen Worten gab es verschiedene „skandalöse“ Begnadigungen, wie die von Alfredo Sáenz, Vorstandsmitglied der Banco Santander, oder die der Verurteilten im Fall Yak-42, wo bei einem Flugzeugabsturz mehr als 60 spanische Soldaten ums Leben kamen, die aus Afghanistan zurückkehrten und bei deren Identifizierung unglaublich geschlampt worden war.

Medel unterstreicht in seinem Gnadengesuch die enormen Leistungen, die Garzón im Namen der spanischen Justiz vollbrachte, in seinem Kampf gegen Terrorismus, den internationalen Drogen- und Waffenhandel, Wirtschaftskriminalität und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, der ihm weltweite Anerkennung eingebracht habe.

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