Feelin’ Alright!


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Joe Cocker auf Teneriffa

Teneriffas Jugend bezeichnet ihn als Dinosaurier. Ein Ausdruck der reinen Bewunderung, denn auch die Youngsters können unterscheiden zwischen der seichten Pop-Szene und dem wahren Künstler. So war das Publikum, das da am 10. Juli in Scharen den Pabellón stürmte, denn auch höchst altersgemischt.

Alte Garde war in Massen aufgelaufen, hockte dann andächtig-begeistert auf den Plätzen, pfiff, johlte, trampelte und applaudierte allerdings heftigst – und ließ vermutlich stellenweise je nach Song ein Revival der eigenen Jugend im Kopfkino ablaufen. Klar, nicht nur Joe Cocker ist 19 Jahre älter geworden, seit er das letzte Mal hier auf Teneriffa gastierte. Bis auf ein paar Kilo mehr merkt man ihm das aber fast nicht an. Nur das Szenarium und seine Begleitmusiker waren andere. Damals, in der kleinen Plaza de Toros, erlebten wir Joe Cocker hautnah, zum Anfassen. Das Rund bebte. Wir brauchten keine Großbildschirme, um die Mimik unseres Idols zu erkennen, ganz abgesehen davon, dass es die vor 20 Jahren noch gar nicht gab. Wir hatten ihn direkt vor der Nase.  Der Pabellón ist halt viel, viel größer. 5000 Menschen waren da, um die Rock-Legende zu erleben. Und irgendwann – genauer: als „You can leave your hat on“ intoniert wurde, war es nicht etwa das alte Fan-Gefolge, das die Stimmung auf ein Maximum anheizte. Es war die Jugend, die es einfach nicht mehr auf den Plätzen hielt. Sie strömten in Scharen nach vorn zur Bühne, und so kam Cocker noch zu seinem Bad in der Menge, was er sichtlich genoss.

Höhepunkt und offizieller Schluss war natürlich „With a little help from my friends“, und spätestens da stand dann praktisch alles in den Rängen und auf den Beinen. Mit vier Zugaben und dem Versprechen: „Wir kommen wieder nach Teneriffa!“ verabschiedete sich Joe Cocker von seinem Publikum, das er mit seinen Songs in die Höhen der musikalischen Euphorie getrieben hat. Es war ein herrliches Konzert, ein absoluter Genuss. Warten wir also darauf, dass er sein Versprechen einlöst. Wenn er den 20-Jahre-Rhythmus seiner Teneriffa-Auftritte einhält, ist er dann 83. Und wir alle auch 20 Jahre älter. Egal. Wir werden da sein. Und wenn wir an Krücken kommen. Marcel Marceau haben wir hier auch im hohen Alter von rund 80 im Teatro Guimerá nach langen Jahren wiedergesehen. Und da war er immer noch der große Mann der Pantomime und riss sein Publikum zu Begeisterungsstürmen hin. Der wahre Künstler und seine Kunst altern eben irgendwie nicht. Warum sollte das bei Joe Cocker anders sein?

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