Gelassen ins neue Jahr


© EFE

Präsident Mariano Rajoy trotzt den düsteren Prognosen

Ende Dezember jährte sich Mariano Rajoys Amtsantritt zum ersten Mal. Der spanische Präsident nahm dies zum Anlass für einen kurzen Rückblick und äußerte sich über seine Einschätzungen und Pläne für das kommende Jahr.

Madrid – Trotz aller negativen Aussichten vermittelte Rajoy dabei vor allem eines: eine beinahe bewundernswerte Unerschütterlichkeit.

Rückblick

Angesichts einer Rekordarbeitslosigkeit, zwei Generalstreiks und der wachsenden Kritik an den sozialen Kürzungen könnte Rajoys Bilanz seiner bisherigen Arbeit zumindest vorsichtig ausfallen, doch weit gefehlt. Der Präsident ist vielmehr stolz darauf, das Jahr 2012 abzuschließen, ohne die Aufnahme unter den EU-Rettungsschirm für Spanien beantragt zu haben. Zumindest in diesem Jahr noch nicht!

Sogar ein gewisses Triumphgefühl ist Rajoy anzumerken, da er nach wie vor im Chefsessel sitzt, während sein französischer und sein italienischer Amtskollege Nicolas Sarkozy und Mario Monti in diesem Jahr das Feld räumten. Drei Jahre liegen noch vor ihm, in denen er wegen der absoluten Mehrheit seiner Partei Partido Popular (PP) im Abgeordnetenhaus relativ frei walten kann.

Das neue Jahr

Rundweg alle Prognosen für die wirtschaftliche Entwicklung im kommenden Jahr fallen negativ aus. Die Experten sind sich einig, dass die Arbeitslosenzahl die 6-Millionen-Marke übersteigen wird. Zum einen steckt der Finanzsektor – und somit selbst die investitionswilligen Unternehmen, die grundsätzlich für eine Aufnahme unter den EU-Rettungsschirm plädieren – weiter in der Krise, zum anderen stehen Tausende Entlassungen im öffentlichen Sektor bevor. Den autonomen Regionen wird kaum etwas anderes übrig bleiben, wurden sie doch per Gesetz von der Regierung verpflichtet, ein Defizitlimit von 1,5% einzuhalten. Ansonsten droht der staatliche Eingriff. Auf die Einführung dieses Machtinstrumentes ist Rajoy besonders stolz, schließlich hatte Brüssel der Zentralregierung vorgeworfen, der Verschwendung der Regionen – Hauptgrund für das hohe Staatsdefizit – keinen Einhalt zu gebieten. Auch bei den öffentlichen Unternehmen sowie im Gesundheits- und Bildungswesen drohen Massenentlassungen.

Parallel zum Anstieg der Arbeitslosigkeit und dem daraus resultierenden sozialen Drama werden einige der 2012 beschlossenen Sparmaßnahmen erst jetzt greifen. Sogar die als grundlegend geltenden sozialen Leistungen des Staates in Bildung und gesundheitliche Versorgung, könnten aufgrund des Sparzwanges Einschnitten unterliegen.

Querschläger

Kopfschmerzen befürchtet Rajoy jedoch innenpolitisch von Katalonien. Die autonome Region im Nordosten Spaniens strebt weiterhin ihre Abspaltung an. Im Januar will Regionalpräsident Artur Mas von seinem Parlament eine Souveränitätserklärung abgeben lassen, um Ende des Jahres ein Referendum über die Unabhängigkeit zumindest eingeleitet zu haben. Mariano Rajoy ist jedoch entschlossen, es den Katalanen nicht zu einfach zu machen. So plant er den Gang zum Verfassungsgericht und spekuliert auf die schlechte Finanzlage der Region, die wohl auch in diesem Jahr wieder kräftig auf den staatlichen Rettungstopf zurückgreifen muss.

Auch die Region Madrid ist dem Präsidenten ein Dorn im Auge. Der neue Regionalpräsident Ignacio González setzt sich den Anordnungen der Regierung Rajoy zuwider und will auf keinen Fall die Steuern anheben, insbesondere nicht für die Vermögenden. Damit stellt er Rajoy bloß, der dies sehr wohl umgesetzt hat und in Zukunft wohl auch nicht vor unbeliebten Maßnahmen zurückschrecken wird. Darüber hinaus ziehen immer mehr Besserverdienende den Umzug ins neue „Steuerparadies“ in Erwägung – sehr zum Ärger der anderen Regionalpräsidenten, die ihren Unmut schon an Rajoy herangetragen haben.

Blick auf Deutschland

Rajoy erwartet nach eigenen Aussagen mit Spannung die deutschen Bundestagswahlen. Er geht von einem Wahlsieg Angela Merkels aus und hofft auf eine große Koalition zwischen CDU und SPD. Manch einen mag das verwundern, ist Rajoy doch dem konservativen Lager zuzuordnen, doch er gibt den Liberalen in der deutschen Regierung die Schuld für Merkels fehlende Flexibilität und Bereitschaft zu Zugeständnissen im vergangenen Jahr. Den Sozialisten traut er nun eher zu, die Bundeskanzlerin von ihrem strengen Sparkurs gegenüber den kriselnden EU-Staaten zumindest ein Stück weit abzubringen.

Aufgrund der sich ausbreitenden wirtschaftlichen Rezession erhofft sich Rajoy auch von den anderen EU-Partnern in diesem Jahr mehr Bereitschaft für eine Abweichung vom Defizitlimit.

Auf der großen internationalen Bühne will der spanische Präsident in diesem Jahr noch stärker vertreten sein. Geplant sind beispielsweise eine Reise nach China, wo Rajoy um Investoren werben möchte, ein Besuch beim amerikanischen Präsidenten Barack Obama sowie ein Trip nach Lateinamerika. Auch steht bald wieder ein G-20-Gipfel in Sankt Petersburg an. Derweil lernt Rajoy weiterhin fleißig Englisch, auch wenn er bisher vorsichtshalber immer einen Übersetzer an seiner Seite hat.

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