Zivilrechtliche Verantwortlichkeiten für das Unglück im Wasserstollen „Piedra de los Cochinos“ sollen festgestellt werden
In einem Verwaltungsstreitverfahren, das derzeit am Kanarischen Obersten Gerichtshof (TSJC) verhandelt wird und die Verantwortlichkeit von Zivilpersonen und Institutionen für den Tod von sechs jungen Wanderern im Wasserstollen „Piedra de los Cochinos“ in Los Silos vor sieben Jahren klären soll, wurde im November der Gutachter und Bergbauingenieur Diego Costa La Roche gehört.
Dieser sagte aus, dass nach geltender Gesetzeslage der Eingang des 1.900 Meter langen Stollens hätte geschlossen sein und eine aktive Belüftung haben müssen, wie es für jede Galerie von über 1.000 Metern Länge vorgeschrieben ist. Ein Feuerwehrmann und der Chef der Bergrettung der Guardia Civil bestätigten, dass bei einem Vordringen in die Galería über 1.400 Meter hinaus wegen der dort vorhandenen Gase ohne Sauerstoffflaschen Erstickungsgefahr besteht.
Der Gutachter fügte noch hinzu, dass der Stollen nicht gewartet werde und nur wenig Wasser liefere, etwa 21 Kubikmeter pro Stunde. Als zuständig für die Überwachung der Sicherheit der Galería benannte er die Wasserpolizei und den Wasserinselrat von Teneriffa, auch das Bergbauressort der Kanarenregierung sei zuständig. Der „Canalero“, der Wartungsmitarbeiter der Eigentümergesellschaft der Galería Piedra de los Cochinos, sagte aus, dass er etwa zweimal im Jahr zum Eingang dieses Stollens komme und im Jahr 2003 eine Absperrung installiert worden sei. Von dieser war jedoch zum Zeitpunkt des Unglücks nichts mehr zu sehen, und der Chef der Guardia Civil berichtete, dass die Bolzen der Aufhängung sehr verrostet und in Auflösung begriffen waren. Der Canalero wies seinerseits nochmals darauf hin, dass es viele Galerías dieser Art gebe, die gefährlich seien, weil sie nicht belüftet werden, und weiterhin unverschlossen sind.
Ortstermin in der Galería „Piedra de los Cochinos“
Einige Tage vor dieser Sitzung hatte eine Abordnung des Gerichts im Zuge der Beweisaufnahme eine Exkursion zum Wasserstollen Piedra de los Cochinos im Gemeindegebiet Los Silos unternommen und dabei denselben Weg beschritten, den damals auch die Wandergruppe nahm. Auf diese Weise konnten sich die am Prozess Beteiligten ein Bild von den in den vorliegenden Gutachten beschriebenen Umständen machen.
Richter César García Otero ließ nach dem Ortstermin verlauten, dass der Weg auf dem die Wandergruppe damals zu dem Stollen gelangt war, kompliziert und der Eingang der Galería schwer zu entdecken war. Welche Auswirkungen die Erkenntnisse aus dem Ortstermin auf den Ausgang des Verfahrens haben, sei in diesem Moment noch nicht einzuschätzen.
Der Ortstermin war durch die Eigentümer des Stollens beantragt worden, doch auch Angehörige der Opfer und Anwälte der Kläger und Beklagten schlossen sich der Begehung an, die eine einstündige Wanderung auf einem halb zugewachsenen, bergigen Pfad erforderte.
Die Beklagten in diesem Prozess sind die Kanarenregierung, der Wasser-Inselrat von Teneriffa, der Umweltschutz-Verein Atan, der die Wanderung organisiert hatte, die Eigentümer der Galería und zwei Personen, die die Wanderung geführt haben sollen. Es geht in diesem Verfahren um die zivilrechtliche Haftung. Die Familienangehörigen fordern Schmerzensgeld in Höhe von 1,2 Millionen Euro. Der Richter erwartet, den Fall noch vor Jahresende abschließen zu können.
Tragödie im Berg
Am 10. Februar 2007 starben sechs Wanderer während eines Ausflugs, den sie mit einer Gruppe von insgesamt 29 Personen in den Bergen von Los Silos unternahmen. Sie waren in eine Galería, einen Stollen zur Wassergewinnung, geraten, den sie mit einem Tunnel verwechselt hatten, der ihnen den Durchgang ins angrenzende Tal Cuevas Negras ermöglicht hätte. Bevor sie ihren Irrtum bemerkten, waren sie schon eineinhalb Kilometer in den Stollen eingedrungen, wo aufgrund von Gasentwicklung nicht genug Sauerstoff vorhanden war. Nur einem Dutzend der Teilnehmer gelang es, umzudrehen und, desorientiert und entkräftet, wieder ins Freie zu kommen. Wegen der Abgelegenheit erreichten die Rettungskräfte den Unglücksort erst spät. Da es keine geeigneten Atmungsgeräte gab, zog sich die Rettungsaktion über zwölf Stunden hin, und sechs der Exkursionsteilnehmer konnten nur noch tot geborgen werden. Bis heute werden Gerichtsverfahren über die Verantwortlichkeit für das Unglück geführt. Die ungenügende Ausstattung der Rettungskräfte ist dabei Thema und auch die mangelnde Absicherung des stillgelegten Stollens. Ein Verfahren zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit wurde nach zwei Jahren ohne Ergebnis eingestellt.
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