Glauben macht selig


Gedanken für mich – Augenblicke für Gott

Vielleicht erinnert sich noch die ein oder der andere von Ihnen daran, wie Marika Röck vor vielen Jahren fast schon ein wenig frivol gesungen hat: „Für eine Nacht voller Seligkeit, da geb’ ich alles hin.“ Aber was ist, wenn ich mehr will, als bloß eine Nacht voller Seligkeit? Was müsste ich dafür investieren?

Nun wird ja in unserer Kirche so manch besonders frommer Mensch selig gesprochen. Allerdings muss das vorher nachgewiesen werden – am besten durch ein Wunder, durch besondere Leistungen, einen außerordentlichen Glauben und/oder eine selbstlose Nächstenliebe. Wo das alles zusammenkommt, da halten wir Menschen es also für möglich, dass eine/r von uns selig ist.

Wenn ich nun den großen Wunsch in mir verspüre, selig zu werden, dann muss ich mich wohl langsam aber sicher ranhalten. Es wird für mich höchste Zeit etwas Großes zu leisten oder eben etwas ganz Mutiges zu tun. Oder ist es vielleicht gar schon zu spät dafür? Bin ich womöglich sowieso viel zu schwach, zu wenig mutig, schlicht und einfach ungeeignet für die Seligkeit? Die ers­ten Christen waren da ganz anderer Ansicht; das zumindest sagt mir die Bibel. Da hat ein Paulusschüler im Brief an die Epheser vermerkt: „Aus Gnade seid ihr durch den Glauben gerettet, nicht aus eigener Kraft..“ Oder man könnte auch sagen: „Ihr seid selig geworden durch den Glauben…“ Ja, und das gilt uns heute doch genauso, wie den Menschen damals. „Durch den Glauben seid ihr gerettet, seid ihr selig geworden.“ Also nicht: Ihr werdet irgendwann später selig werden; am Ende der Zeiten oder am Ende der Tage und auch nur, wenn ihr euch genug Mühe gebt und alles richtig macht. Nein: „Ihr seid selig geworden!“

Selig! Legen Sie jetzt – nachdem Sie die nachfolgenden Zeilen gelesen haben – doch einfach mal diese Zeitung beiseite und schließen Sie die Augen. Versuchen Sie sich mal zu erinnern, wie das ist, wenn man selig ist. Z.B. als Kind, wenn ein Wunsch in Erfüllung gegangen ist; oder später als Jugendlicher oder Erwachsener, wenn ein Traum wahr geworden ist. Wenn man etwas besonders Schönes erlebt hat – ja, dann ist man doch für eine Weile vollkommen glücklich. Und wie es so üblich ist, wünscht man sich von einem solch seligen Augenblick, dass er nie vorüber geht, dass er ewig dauern möge. Und das soll ich nun schon sein? Selig? Marika Röck hat damals anscheinend sehr wohl gewusst, was einen selig macht. Denn sie singt in diesem Lied weiter: Selig ist man, wenn man sein Herz verschenken kann. Wenn man also einem anderen Menschen ganz vertrauen, sich jemandem anvertrauen kann. Wenn ich mich darauf verlassen kann: Der bleibt bei mir, dem kann ich alles sagen. Dieser Mensch hält mit mir auch meine Merkwürdigkeiten und meine Schwächen aus. Der freut sich mit mir, wenn ich glücklich bin und lässt mich nicht allein, wenn ich traurig bin. Das alles meint „Selig“! Und die Bibel? Die sieht das keinen Deut anders. Selig wird man durch den Glauben, meint sie. Und Glauben heißt ja nichts anderes, als auf Gott zu vertrauen. Sich ihm anzuvertrauen. Wer das tut, der ist gut dran; der oder die ist selig!!

Oder ich könnte auch sagen: Selig ist, wer sich auf Gott verlassen kann. „Sich ver – lassen“ meint ja: Ich verlasse mich; ich lass meine Ängste, das Gefühl, alles selbst hinkriegen zu müssen; lasse die Sorge, dass ich es sowieso nicht schaffen kann. Stattdessen verlasse ich mich auf Gott: Auch wenn es schlimm kommt, wird ER bei mir sein. Vielleicht sagen Sie sich jetzt: Schön und gut. Aber wenn man sich auf jemanden anderen verlässt, dann kann man vielleicht auch irgendwann ziemlich verlassen dastehen – oder nicht? Das ist mir bewusst; und wir Menschen sind diesbezüglich sicherlich nie fehlerfrei. Aber Gott ist anders. Der hält sein Versprechen. Der ändert weder seinen Geschmack, noch seine Meinung. ER steht zu uns – und darauf verlasse ich mich.

Kann man sich aber nun ein solches „sich auf Gott verlassen“ so einfach vornehmen? Muss man da nicht irgendwie religiös veranlagt sein? Die Bibel sagt den ersten Christen und auch uns: Nein. Glauben können ist immer ein Geschenk, eine Gabe, eine Gnade. Nur Gott selbst, sein Hl. Geist, kann einem das schenken, das man glauben kann. Das ist wie bei der Liebe. Man kann sich nicht vornehmen auf einmal zu lieben. Sie ist auf einmal da, und manchmal eben auch nicht und mitunter vergeht sie sogar. Sicherlich: Sie ist auch ein Geschenk, das selig macht, genau wie der Glaube. Spüren Sie es? Liebe, Glauben – das kann ich mir nicht erarbeiten und auch nicht verdienen. Das Einzige, was ich tun kann ist: Mich zu öffnen. Ich kann Gott mein Herz hinhalten, wie man der Sonne das Gesicht hinhält und ihre Wärme spürt. Wenn sie nicht scheint, werde ich sie weniger spüren – aber ich weiß: Auch wenn dunkle Wolken sie verdecken; sie ist da. Und einmal wärmt sie mich mehr und einmal weniger. Aber mir ist bewusst: Ich habe das nicht in der Hand. Deshalb sagt die Hl. Schrift zu Recht: „Aus Gnade seid ihr selig geworden durch den Glauben – nicht aus euch!“ 

Bertram Bolz, Diakon

Kath. Touristen- und

Residentenseelsorger

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