Greenpeace macht Jagd auf Piratenfischer


© EFE

Umwelt-Aktivisten blockierten tagelang das Kühlschiff „Binar 4“ im Hafen von Las Palmas

Dass der Hafen von Las Palmas als idealer Umschlagplatz für illegale Fänge gilt, ist ein offenes Geheimnis. Dies versichert zumindest die Umweltorganisation Greenpeace, die in ihrem Kampf gegen die Piratenfischerei den Hafen von Gran Canarias Hauptstadt genauer ins Visier genommen hat.

Auf dem Kühlschiff „Binar 4“, das 200 Tonnen Fisch geladen hat, protestierten Greenpeace-Aktivisten Mitte April mehrere Tage lang gegen illegale Fischerei. Die „Binar 4“ wollte im Hafen von Las Palmas ihren Fisch entladen, was von den Aktivisten mit Erfolg verhindert wurde. Vier Umweltschützer, darunter ein Aktivist aus Hamburg, kletterten auf die Masten des Schiffes, wo sie zum Teil tagelang ausharrten. Auf die Bordwand der „Binar 4“ schrieben die Umweltschützer die Warnung „Gestohlener Fisch!“

Zwei Aktivisten, die das Schiff besetzt hatten, wurden im Zuge der Aktion von der Polizei festgenommen. Die drei übrigen Umweltschützer setzten ihrem Protest erst ein Ende, als sie von den spanischen und guineischen Behörden die – so Greenpeace-Sprecher Sebstián Losada – „feste Zusage“ erhielten, gegen das Schiff vorzugehen. Jubelnd wurden sie von ihren Kollegen im Hafen empfangen, danach allerdings sofort von der Polizei verhaftet. Immerhin haben sie mit ihrer Ausdauer erreicht, dass Spanien und Guinea nun zusammen gegen die Piratenfischer vorgehen. Mittlerweile befinden sich alle Aktivisten wieder auf freiem Fuß.

Mehrere Wochen lang hatte Greenpeace mit dem Aktionsschiff „Esperanza“ vor der westafrikanischen Küste zusammen mit Vertretern der Behörden Guineas Fischtrawler – aus Korea, China, Italien, Liberia und Belize – überwacht. Von den über 100 überprüften Schiffen sind vermutlich mehr als die Hälfte in illegale Praktiken verwickelt, meldet Greenpeace. Auch die „Binar 4“ zählt dazu. Unerlaubt soll sie Fisch auf hoher See übernommen haben, der zuvor in den Gewässern Guineas gefangen worden war. Die „Esperanza“ verfolgte das Schiff daraufhin bis Las Palmas, wo die Ladung gelöscht und auf den europäischen Markt gebracht werden sollte. Greenpeace hat dem spanischen Fischereiministerium in Madrid Beweise für die illegale Herkunft des Fangs an Bord der „Binar 4“ vorgelegt. „Das ist die Chance für Spanien zu zeigen, wie ernst die Regierung es meint, der Piratenfischerei ein Ende zu setzen“, sagte Sebastián Losada, nachdem er die Dokumente bei den Behörden abgeliefert hatte. „Wenn sie nicht handelt, macht sie sich zum Partner der illegalen Aktivitäten.“

Der mutmaßliche Piratenfischer, der Reeder Kim Chang Wook, versicherte unterdessen, dass seine Fracht durchaus legal sei. In den Frachträumen befänden sich 200 Tonnen Fisch von dreizehn verschiedenen Fischtrawlern, die in den Gewässern von Guinea Conakry, Guinea Bissau, Sierra Leone und Liberia gefischt hatten. Nur drei der Schiffe hätten, so Wook, in Guinea Conakry den Fisch übernommen und mit der Genehmigung des Landes dort 20 Tonnen Fisch gefangen. Er werde alle erforderlichen Dokumente vorlegen, versicherte er.

Piratenfischerei und ihre Folgen

Unter Piratenfischerei versteht man die illegale, unregulierte und undokumentierte (IUU)-Fischerei. Nach Auskunft von Greenpeace haben es die so genannten Piratenfischer auf wertvolle Arten wie z. B. Thunfisch, Tintenfisch, Garnelen, Zackenbarsch und Seezunge abgesehen. Sie verkaufen ihren Fang weltweit über Scheinfirmen und ihre Schiffe haben oft nicht einmal einen Namen. Immer mehr Fischereifirmen lassen ihre Fangschiffe unter einer so genannten Billigflagge registrieren. Die Schiffe fahren unter Flaggen von Ländern, die keine Fragen hinsichtlich Art und Ausmaß ihrer Fänge stellen. Die Registrierung  von Fangschiffen in solchen Ländern ist einfach. Es braucht nur einen Mausklick, knapp 500 US-Dollar Kapital, und schon ist man im Besitz einer Billigflagge. Zu diesen Ländern zählen Malta, Panama, Belize, Honduras, St. Vincent und die Grenadinen. Greenpeace schätzt, dass 2005 mindestens 1.200 Schiffe unter einer Billigflagge registriert waren.

Internationale Fischereiabkommen werden umgangen, in dem die Schiffe in Ländern registriert werden, die keine Abkommen haben, oder sie fahren sogar ohne Flagge.

Die Welternährungsorganisation (FAO) schätzt, dass die illegalen Fischer über 30 % der gesamten Fangmenge abschöpfen und so zusätzlich die bereits überfischten Bestände reduzieren. Weltweit, so Greenpeace, erwirtschaften Piratenfischer jährlich zwischen drei und sieben Milliarden Euro. Allein in Guinea, einem der ärmsten Länder der Welt, erbeuten IUU-Fischer mehr als 100 Millionen Euro. Die einheimischen Fischer gehen leer aus.

Die Folgen sind zahlreich und die Opfer hilflos. Wieder einmal trifft es die ärmsten Länder, in denen die Familien noch vom Fischfang leben. So wird eine seit Jahrhunderten funktionierende, nachhalti-    ge Küstenfischerei zerstört.  Als konkretes Beispiel führt Greenpeace die Thunfischbestände von Tansania, Somalia, Papua Neuguinea und Tuvalu an, die alljährlich mit riesigen Netzen stark dezimiert werden. Bei diesen Aktionen fangen die Piratenfischer auch viele Jungfische, die für die Fortpflanzung wichtig sind.

Weitere Opfer sind die Meerestiere, die als Beifang getötet werden. Andere Fischarten, Schildkröten, Haie, gehen den Piratenfischern mit ins Netz und werden anschließend als nutzlose Beute wieder über Bord geworfen.

Forderung der Umweltschützer

Greenpeace ist der Überzeugung, dass es möglich ist, die illegale Fischerei zu stoppen. Um einen Sieg über die Piratenfischer zu erringen, müssen jedoch drastische Maßnahmen ergriffen werden. So fordert Greenpeace einerseits, dass alle EU-Häfen (wie z. B. Las Palmas) für Fischereischiffe unter Billigflaggen geschlossen werden, um das Entladen „gewilderter Beute“ zu verhindern. Andererseits ist auch die Mitarbeit von Supermärkten und Fischhändlern nötig, die dazu aufgefordert werden müssen, Belege über die Herkunft ihrer Ware vorzuweisen.

Außerdem fordern die Umweltschützer faire Fischereiabkommen zwischen armen und reichen Ländern sowie einen generellen Stopp für zerstörerische Fischereimethoden wie die Grundschleppnetzfischerei.

SOS Weltmeer-Tour

Die Patrouillenfahrt der „Esperanza“ vor der Küste Westafrikas ist Teil der SOS Weltmeer-Tour von Greenpeace. Über ein Jahr lang ist das größte Aktionsschiff der Umweltschutzorganisation rund um die Welt unterwegs. Während der Tour deckt die „Esperanza“ Umweltverbrechen auf und dokumentiert die Schönheit der Ozeane. Zuletzt war das Schiff in der Antarktis unterwegs und rettete Wale vor japanischen Harpunen.

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