Großmutter in Beugehaft


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129.000 Personen forderten die Begnadigung von Josefa Hernández

Wegen eines unerlaubt in einem Naturschutzgebiet errichteten hölzernen Anbaus sollte eine 63-jährige Großmutter ins Gefängnis. Der Antritt der Haft löste eine landesweite Protestwelle aus.

Die Vollstreckung einer 6-monatigen Beugehaft gegen eine Einwohnerin Fuerteventuras hat in ganz Spanien Empörung ausgelöst.

Josefa Hernández sollte für ein halbes Jahr ins Gefängnis, weil sie an ihrer Kate, die sich im Naturschutzgebiet Betancuria befindet, einen nicht genehmigten hölzernen Anbau errichtet hatte. Die Strafe wurde zusammen mit einem Bußgeld von 700 Euro und der Auflage, den Anbau abzureißen, im Jahr 2012 verhängt. Josefa zahlte, doch das Gebäude blieb stehen. Eine Richterin interpretierte dies als „rebellisches Verhalten“ und ordnete den Antritt der Haft an. 

Die „Rebellin“ lebt in einem winzigen Häuschen, ererbt von ihren Eltern, denen das Grundstück schon gehörte, bevor es Naturschutzgebiet wurde. Sie muss mit unter 400 Euro Sozialhilfe auskommen. Eine ihrer Töchter, die zu 39% geistig behindert ist, lebt mit ihren drei Kindern bei ihr sowie auch ein langzeitarbeitsloser Sohn. 

Das Sozialamt drohte damit, die Enkel wegzuholen, wenn das Dach nicht erneuert würde und die Enge machte den Holzanbau erforderlich. 

Josefa weigerte sich also, sich und ihre Kinder und Enkel obdachlos zu machen, und musste deshalb am 21. August von Fuerteventura nach Lanzarote übersetzen, um im Gefängnis Tahiche die Haft anzutreten. Auf dem Weg dorthin brach die zuckerkranke Frau, entnervt von der Sorge um ihre Enkel, zusammen und musste in einem Krankenhaus behandelt werden. 

In den Tagen zuvor, waren im Internet und auf der Straße Unterschriften für eine Begnadigung gesammelt worden, allein bei change.org kamen 129.000 Unterschriften zusammen. Die sozialen Netzwerke kochten förmlich über von Protestbekundungen. Allenthalben wurden Fotos von Villen und Hotels gepostet, die ebenfalls in Naturschutzgebieten stehen, und deren Eigentumer ganz und gar nicht so konsequent verfolgt werden, wie die „Großmutter von Fuerteventura“, wie sie mittlerweile genannt wird. Sogar die Süddeutsche Zeitung berichtete von dem Fall. Der Bürgermeister von Betancuria, Marcelino Cerdeña, und Inselpräsident Marcial Morales begleiteten Josefa aus Protest bis ins Gefängnis und holten sie drei Tage später auch wieder ab, nachdem das Landgericht in Las Palmas de Gran Canaria den Vollzug der Strafe ausgesetzt hatte. 

Es war damit der Begnadigung durch die spanische Regierung, die kein geringerer als Regierungschef Mariano Rajoy angekündigt hatte, um einen Tag zuvorgekommen. Rajoy bezeichnete die Situation Josefas als „absurd“. 

Die Begnadigung verhindert jedoch nicht, dass das Gebäude angerissen werden muss. Die Insel- und die Gemeinderegierung wollen nun helfen, die nötigen Arbeiten am Haus durchzuführen. 

Die Enkel leiden unter der Situation. Der Älteste (13) soll seiner Oma bei ihrer Rückkehr gesagt haben: „Lass uns lieber unter eine Brücke ziehen, ehe du noch einmal ins Gefängnis musst.“ 

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