Icod entstaubt UNESCO-Welterbe-Antrag für Drachenbaum


© Ayto Icod

Der Drago wäre die erste Pflanze auf der Liste des UNESCO-Welterbes

Im Vorwahlkampf werden bekanntlich gerne alte Ideen entstaubt und in Vergessenheit geratene Vorhaben wieder aufgewärmt.

So beschloss vor einigen Tagen der Stadtrat von Icod de los Vinos, den Antrag zur Erklärung des berühmten Drachenbaums zum Welt­erbe der UNESCO erneut ins Auge zu fassen. Vor neun Jahren war ein solcher Antrag erstmals bei der kanarischen Regierung eingereicht worden. Als diese jedoch zwei Jahre später einen detaillierten Bericht bzw. alle notwendigen Dokumente bei der Stadt anforderte, um den Antrag an die nächste Instanz weiterzuleiten, legte die Gemeindeverwaltung die angeforderten Unterlagen nicht rechtzeitig vor, weshalb der Antrag ins Leere lief.

Der damalige Bürgermeister Juan José Dorta (PSOE) rechtfertigte in der Stadtratssitzung die nicht erfolgte Wiederaufnahme des Antrags damit, dass ihm seinerzeit empfohlen wurde, diese Eingabe so lange ruhen zu lassen, bis der Antrag für den Teide-Nationalpark angenommen ist. Der Teide und seine unmittelbare Umgebung wurden aber schon 2007 in die Liste des UNESCO-Weltnatur­erbes aufgenommen. Man könne folglich ebenso der heutigen CC-PP-Stadtregierung den Vorwurf machen, den Antrag nach dem Machtwechsel durch die Gemeindewahlen 2007 nicht wiederaufgenommen zu haben. 

 Nun wird dem Bürgerwunsch, ausgedrückt durch Anwohner Álvaro Fajardo, entsprochen und die Akte wieder aus der Schublade geholt. Wohlwissend, dass es ein Hürdenlauf wird, will die Stadtverwaltung unter Bürgermeister Diego Afonso (CC) die Bewerbung des Drago um den Titel UNESCO-Welterbe erneut einreichen. Sollte der Antrag angenommen werden, wäre der Drachenbaum die erste von der UNESCO mit diesem Titel ausgezeichnete Pflanzenart. Ein bislang einzigartiges ähnliches Beispiel ist der Palmenhain von Elche in der Region Valencia, der im Jahr 2000 in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen wurde.

Der „feuerspeiende Drache“ der Kanaren

Keine andere Spezies des kanarischen Pflanzenreichtums hat die Fantasie des Menschen so angeregt wie der Drago, der legendäre Drachenbaum. Berühmt wurde er nicht nur wegen seiner erstaunlichen Langlebigkeit, sondern vor allem wegen seines Harzes, das sich im Kontakt mit der Luft verdickt und die Farbe des Blutes annimmt.

Dieser Flüssigkeit wurden schon seit Urgedenken besondere „Heilkräfte“ nachgesagt. Bereits die Römer haben um das „Drachenblut“ gewusst, das sie „Cinnabaris“ nannten und für das sie die weite und gefährliche Überfahrt zu den Inseln in Kauf nahmen, um es für medizinische Zwecke zu nutzen. Die jahrhundertelange Nutzung des „Heilsaftes“ hat dazu geführt, dass heute nur noch wenige alte Exemplare des Baumes erhalten sind, die sich teilweise auch nicht mehr in gutem Zustand befinden.

Mythen und Legenden

Bei den kanarischen Ureinwohnern, den Guanchen, galt der Drago als eine Art Schutzpatron. In zahlreichen Legenden und Mythen ist seine Bedeutung überliefert. Eine der wichtigsten spricht von ihm als dem Drachen, der die goldenen Äpfel im Garten der Hesperiden bewachte.

 Nach dem kanarischen Schriftsteller Juan Alvarez Delgado personifizierte der mythische Drache für die Menschen in der Antike eine große Naturgewalt, die auf die Inseln bezogen die machtvolle Kraft der Vulkane darstellen könnte. So könnten beispielsweise die alten Griechen Zeugen eines Vulkanausbruchs auf den Kanarischen Inseln geworden sein und daraufhin von einem feuerspeienden Drachen gesprochen haben.

Zieht man dabei auch noch die äußerlichen Gemeinsamkeiten zwischen dem Drachen der Mythologie und dem Drachenbaum in Betracht, sein blutfarbenes Harz, seine Form und Struktur, die einer vielköpfigen Schlange ähnelt, und die kuriose Tatsache, dass wenn einer seiner Äste abgeschnitten wird, an dieser Stelle zehn neue wachsen, kommt man der Entstehung seines Namens schon näher.

Eine 80 Tonnen schwere Krone

Der Drachenbaum von Icod de los Vinos im Norden Teneriffas ist das berühmteste und schönste Beispiel für die alten Dragos der Kanarischen Inseln. Seit jeher wurde von ihm als einem um die dreitausend Jahre alten Exemplar gesprochen. Wissenschaftliche Untersuchungen haben jedoch ergeben, dass ein Alter von etwa eintausend Jahren eher der Wahrheit entspricht. Er ist etwa 16 Meter groß und sein Stamm hat an der dicksten Stelle einen Umfang von 20 Metern. Seine riesige Baumkrone hat allein ein Gewicht von etwa 80 Tonnen. Das Gesamtgewicht wird auf 140 Tonnen geschätzt.

Der Drachenbaum ist in den letzten Jahrzehnten zur wichtigsten Touristenattraktion der Stadt geworden und wird täglich von Hunderten Menschen besucht. Sein Berühmtheitsgrad führte 1996 dazu, dass die Stadtverwaltung einen wunderschönen Park um den Drago einrichtete, den Parque del Drago, der auch als Schutz für den wertvollen Baum dient. Er ist über drei Hektar groß und voller endemischer Pflanzen der Kanarischen Inseln.

Bauernregeln

Nicht nur Legenden ranken sich um den Baum. Die alten Bauern von Icod machen an seinem Blütenstand auch die Wetterlage im Winter fest. So versichern sie: Wenn nur die nach Süden orientierten Äste blühen, wird es viel an der Küste regnen. Blühen jedoch die nördlichen Äste, wird es nur in den Bergen Regen geben. Und wenn der ganze Baum blüht, wird die gesamte Landwirtschaft reich mit Regen bedacht.

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