Website untersucht Auslöser und Ausmaß der Immobilienblase
Die spanische Wirtschaft verzeichnet wieder, wenn auch langsam, ein gewisses Wachstum. Politik, Wirtschaft und Experten sind der Ansicht, dass es bergauf geht.
Doch die Folgen der Wirtschaftskrise im Allgemeinen und der Immobilienblase im Besonderen werden sich noch über Jahre auswirken. Dazu gehört das Überangebot an Immobilien und Wohnraum. Derzeit werden immer mehr Initiativen ins Leben gerufen, die sich mit deren Dokumentation und Erfassung beschäftigen.
Die deutsche Fotografin und Architektin Julia Schulz-Dornburg, die seit vielen Jahren in Barcelona lebt und arbeitet, ist durch Spanien gereist und hat 60 Bauruinen fotografiert, um das Ausmaß der fanatischen Bauwut zu dokumentieren. Sie hat ihre Arbeit im Fotoband „Ruinas Modernas. Una topografía de lucro“ (Moderne Ruinen. Eine Topografie der Gier) zusammengefasst, der 2012 erschienen ist. Darin sind beispielsweise ein Freizeitpark mit Skipiste neben einem 100-Seelen-Dorf, eine Wohnsiedlung mit Sportflugzeug-Parkplatz vor jedem Haus oder Neubaugebiete für 10.000 Personen neben 2.000-Seelen-Dörfern abgebildet, die begonnen und nie vollendet wurde. Das Buch voller Zeugnisse der immensen Verschwendung, Bauwut, Gier und unkontrollierten Landschaftsverschwendung wurde ein voller Erfolg.
Julia Schulz-Dornburg war eine der Ersten, die sich dem Thema der verlassenen Bauruinen widmete, von denen es in ganz Spanien zwischen 800.000 und zwei Millionen geben soll. Niemand weiß genau, wie viele unvollendete Baustrukturen tatsächlich die Landschaft verschandeln. Doch in letzter Zeit werden immer mehr Initiativen ins Leben gerufen, um Licht in die Angelegenheit zu bringen. „Nación Rotonda“ verwendet Google Earth, um die Veränderung der Landschaft zu dokumentieren. Die Umweltorganisation „Ecologistas en Acción“ erforscht die Auswirkungen der ungebremsten Städteausweitung auf die Umwelt. „Basurama“ erfasst anhand der Abfallmengen die Auswirkungen der menschlichen Besiedelung auf Boden und Umwelt. Im vergangenen Jahr trafen die Initiatoren dieser Projekte auf dem Festival Arquinset in Barcelona zusammen und beschlossen, ihre Bestrebungen zusammenzuführen und alle Informationen über Geister-Siedlungen und halb vollendete, verlassene Bauten in einer Datenbank zu erfassen.
Ohne Beteiligung der Bevölkerung schien dies kaum möglich, und so entschied man sich, die Bürger bei der Erfassung der Folgen hemmungsloser Bauwut miteinzubeziehen. Es entstand „Cadáveres Inmobiliarios“, eine Website, auf der jeder, der möchte, einen „Kadaver“ entweder „ausgraben“, „adoptieren“ oder „pflegen“ kann.
Bei der „Ausgrabung“ geht es darum, ein aufgegebenes Bauprojekt zu melden. Bei der „Adoption“ kann der Teilnehmer zusätzliche Informationen beisteuern wie den Namen des Bauvorhabens, Typ, Zustand, etc. Im Rahmen der dritten Stufe können Anzahl der Wohnungen, Fläche, Bauherr, Bauunternehmen, beteiligte Behörden und ähnliche Details angegeben werden.
Miguel Álvarez von Nación Rotonda erklärte, „Cadáveres Inmobiliarios“ ermögliche eine noch nie dagewesene Perspektive auf die Immobilienblase und ihre Folgen. In der Datenbank würden die Bauvorhaben unter anderem nach Lage, Bauherr, Fläche, genehmigende Partei etc. zusammengefasst. Die Initiatoren hoffen, irgendwann Rückschlüsse auf die tatsächlichen Geschehnisse und den tatsächlichen Umfang der Tragödie zu erhalten, um dann die Debatte in Gang setzen zu können, „was wir mit alldem machen werden“.
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