Interview mit Diakon Bolz zum Ende seiner Dienstzeit auf Teneriffa


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Nach 16 Jahren wird Diakon Bertram Bolz seine Arbeit in der deutschsprachigen Katholischen Gemeinde auf Teneriffa beenden und nach Deutschland zurückkehren. Familiäre Gründe, aber auch die Herausforderung, in den nächsten Jahren nochmal etwas Neues und Anderes zu machen, haben zu diesem Entschluss geführt, der in der Gemeinde und weit darüber hinaus schmerzlich bedauert wird. Andrea Bolz, die als Gemeindereferentin mit einer 50%-Stelle mitarbeitete, hat bereits zum 01.07. ihre neue Stelle im nordöstlichen Schwarzwald (Calw) angetreten. Auch wenn „jedem Anfang ein Zauber innewohnt“, wie Hermann Hesse sagte (der übrigens in Calw geboren wurde), wollen wir hier jetzt den Abschied beleuchten und das, was Diakon Bolz am Ende seiner Tätigkeit hier so durch den Kopf geht.

Wochenblatt: Wie kam es seinerzeit zu der Entscheidung, nach Teneriffa zu gehen?

Bertram Bolz: Nachdem ich einige Jahre immer mit Zusatzaufträgen zu meiner Gemeindearbeit beschäftigt war (z.B. Diözesansprecher der Diakone in meiner Heimatdiözese Rottenburg-Stuttgart, Leiter eines Ausbildungskurses für angehende Diakone, zuvor Ansprechpartner für Studentinnen und Studenten der Religionspädagogik usw.), wollte ich einfach mal wieder „nur“ Seelsorger sein. Da meine Frau und mich auch schon während des Studiums ein Auslandseinsatz gereizt hatte, packten wir einfach die Chance beim Schopf, als das Katholische Auslandssekretariat der Deutschen Bischofskonferenz die Stelle auf Teneriffa auch für einen Diakon ausgeschrieben hatte. Da sich nach einer Vorab-Besichtigungs-Tour auch unsere beiden Söhne für Teneriffa begeistern konnten, haben wir unsere Bereitschaft signalisiert und am 4.2.1999 fing ich dann hier an dieser Seelsorgestelle an.

Wochenblatt: Wie groß war die Gemeinde damals im Vergleich zu heute?

Bertram Bolz: Verlässliche Zahlen gab es weder damals noch heute. Aber ich denke, dass die Zahlen, die um die Jahrtausendwende vom Konsulat (damals noch in Sta. Cruz ansässig) geäußert wurden (ca. 25.000 ständige hier lebende Deutschsprachige, dazu 100.000 Überwinterer und 1 Mio. Pauschalurlauber) so heute nicht mehr haltbar sind. Nach meinem Dafürhalten haben sich vor allem in den ersten beiden Sparten die Zahlen nach unten entwickelt. Das lag sicherlich einmal an der Immobilien- und Wirtschaftskrise, die viele wieder in den deutschsprachigen Raum zurückwandern ließ. Andererseits haben wir heute im Bereich der Überwinterer, sprich der Rentner und Pensionäre eine Entwicklung, die auch aufgrund sinkender Renten und Pensionen bei Deutschen, Österreichern und Schweizern dazu führt, dass Menschen sich ein Überwintern auf Teneriffa nicht mehr unbedingt leisten können.

Um aber am Ende doch noch mit einer konkreten Zahl aufzuwarten: Unsere Gemeinde hat derzeit rund 450 freiwillig eingetragene und interessierte Mitglieder.    

Wochenblatt: Was waren die Highlights bzw. die schwierigsten Situationen während Ihrer Amtszeit hier?

Bertram Bolz: Also hier ist sicherlich an erster Stelle zu nennen, dass wir – und damit meine ich meine Frau, die ja als Gemeindereferentin dann ab 2002 mit einer zusätzlichen halben Stelle angestellt wurde, und mich – „Haus Michael“, dem Gemeindezentrum der deutschsprachigen Katholiken hier auf Teneriffa (Puerto de la Cruz) wieder Leben eingehaucht haben. Dazu waren umfassende Renovationsmaßnahmen erforderlich, die wir auch nur mit einer immensen finanziellen Mithilfe des Katholischen Auslandssekretariates bewältigen konnten. Aber es war schön, dann einfach zu sehen, wie gerne unsere Angebote angenommen wurden und wie sich auch in den Reiseführern der letzten Jahre „Haus Michael“ als Ort, „an dem Menschen sich wohlfühlen und an dem vielfältige kulturelle Veranstaltungen angeboten werden“ einen nachhaltigen Namen gemacht hat.

Sicherlich waren „Highlights“ auch die 40-Jahr-Feier unserer Seelsorgestelle mit Bischof Bernardo im Jahr 2008 und die Renovation des Altarretabels in San Telmo, zu der es keinerlei öffentliche Zuschüsse gab, was wir aber als Gemeinde in relativ kurzer Zeit gestemmt haben. Es waren immerhin 20.000 Euro erforderlich.

Schwierig gestaltete sich die Zeit, als die Krise hier auf der Insel durchgeschlagen hat, und wo wir einfach auch gefragt waren, uns an verschiedenen Hilfsangeboten (sei es die Aktion des Wochenblattes, verschiedene Unternehmungen der Pfarrgemeinde Sra. de la Peña de la Francia oder auch der Caritas) zu beteiligen. Und im privaten Bereich sicherlich meine schwere Erkrankung vor 13 Jahren. 

Wochenblatt: Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit den anderen (auch spanischen) Kirchen hier?

Bertram Bolz: Das war ganz unproblematisch. Mit der Evangelischen Schwestergemeinde hier im Norden gab es reichlich Kontakte über gemeinsame Gottesdienste, gegenseitige Besuche bei Festivitäten oder auch der Kanzeltausch, der über viele Jahre praktiziert wurde. Nicht zu vergessen unser „Zündfunke“, das geistliche Wort bei Radio Megawelle, das wir gemeinsam seit Jahren anbieten.

Mit der spanischen Ortsgemeinde gab es sehr gute Kontakte zu Bischof Bernardo, der sich immer wieder nach unserer Arbeit erkundigte und natürlich mit der hiesigen Ortsgemeinde Sra. de la Peña de la Francia, die uns immer wieder als Gäste zu den Hochfesten beherbergt und uns die Möglichkeit des größeren Kirchenraumes bietet und die wir im Gegenzug tatkräftig finanziell in ihrer Pfarrcaritas und mit dem Alten- und Hospizheim „Hijas de María Madre de la Iglesia“ unterstützen. 

Wochenblatt: Gibt es einschneidende Veränderungen in Bezug auf die Katholische Kirchengemeinde, welche sich im Laufe Ihrer Amtszeit ergeben haben?

Bertram Bolz: Einschneidende Veränderungen gab es zu Beginn meiner Arbeit, als die Gläubigen sich daran gewöhnen mussten, dass nicht jeden Sonntag eine Eucharistiefeier angeboten wird, sondern wir hier andere Wege gehen müssen. Aber ich habe sehr viel Aufgeschlossenheit für Neues erlebt, und heute kann ich mit Fug und Recht sagen, dass es viele Urlauberinnen und Urlauber gibt, die auch wegen unserer Gemeinde bzw. wegen unserer Gottesdienste auf die Insel kommen. Sie erleben diese als Bereicherung ihres eigenen Glaubenslebens, und ich glaube, das ist auch die schönste Rückmeldung, die man als Seelsorger bekommen kann.

Wochenblatt: War die Zusammenarbeit mit den örtlichen Behörden zufriedenstellend?

Bertram Bolz: Das kann ich ohne Umschweife positiv beantworten. Ob Cabildo oder Diözese, Caritas oder auch Konsulate, es gab und gibt da wenig, was verbesserungsfähig wäre. Einzig und allein die Zusammenarbeit mit der Stadt Puerto de la Cruz und ihren Dienststellen ist da sicher ausbaufähig und könnte vertieft werden. 

Wochenblatt: Konnten Sie während Ihrer seelsorgerischen Arbeit auch auf sozialem Gebiet tätig werden? – Hatten Sie beispielsweise die Möglichkeit, hier ansässigen Deutschen, die durch Alter und/oder Krankheit Probleme hatten, in irgendeiner Form Hilfe zu leisten?

Bertram Bolz: Wie bereits erwähnt, leisten wir als Gemeinde sehr viel diakonische Hilfen – sowohl für die eigenen Landsleute, wie auch für die spanischen Mitbürger in ihrer Gemeinde. Wir haben immer versucht und werden dies auch weiterhin tun, da, wo wir selbst nicht direkt helfen können, gemeinsam mit den anderen Kirchen bzw. den deutschsprachigen Konsulaten Wege zu finden, wie eine effiziente Hilfe aussehen und umgesetzt werden kann. Hilfreich war natürlich auch für viele, dass wir Lebensbescheinigungen beglaubigt haben, was gerade den älteren Menschen den Weg nach Sta. Cruz erspart hat.

Wochenblatt: Wie sehen Sie die Zukunft der Touristenseelsorge auf der Insel?

Bertram Bolz: Der Tourismus hat sich verändert und wird sich weiterhin verändern, und dem müssen wir als Kirche natürlich auch Rechnung tragen. So stellen wir fest, dass aufgrund der vielen „All-inclusive-Angebote“ viele Touristen kaum mehr ihre Hotelanlagen verlassen – also auch weniger Angebote außerhalb an- und wahrnehmen. Wie dem begegnet werden kann, da sind wir am Nachdenken. Sicherlich muss auch überlegt werden, wie wir als Katholische Kirche den Süden noch mehr in unsere Arbeit einbinden können – als „nur“ einen Gottesdienst anzubieten. Aber wir haben mit unserem Gemeindehaus in Puerto eben den Schwerpunkt hier und von daher muss auch von hier aus geplant werden. 

Wochenblatt: Welche Pläne haben Sie nun in Deutschland?

Bertram Bolz: Meine Frau ist ja nun bereits seit Mitte Juni in Deutschland und arbeitet seit 1. Juli mit einem vollen Auftrag in den Seelsorgeeinheiten Calw und Bad Liebenzell. Dort wird dann ab Oktober auch meine diakonische Arbeit sein – schwerpunktmäßig in der Kranken- und Altenseelsorge, der Kurseelsorge und der Flüchtlings- und Mi­grantenarbeit in diesen beiden Seelsorgeeinheiten. 

Wochenblatt: Werden Sie die Insel wieder besuchen?

Mit Sicherheit. Zum einen schon allein deshalb, weil wir jetzt mit Pfarrer Hansjörg Rasch jemanden haben, der uns nur eine begrenzte Zeit zur Verfügung steht. Doch wir sind sehr zuversichtlich, dass wir bald vielleicht schon eine langfristige Lösung präsentieren können – in der Gestalt eines Diakonenehepaares oder eines Priesters, die dann wieder für längere Zeit hier ihren Dienst tun werden. Ob es dann gleich 16 Jahre werden, wie das nun bei uns der Fall war, das steht auf einem anderen Blatt (lacht). 

Also besuchen werde ich die Insel mit Sicherheit wieder, denn sie ist ja ein Teil meines Lebens. Hier habe ich die längste Phase, den längsten Zeitraum meines beruflichen Wirkens verbracht. 16 Jahre war ich vorher an keiner Stelle und werde das – schon altersbedingt – auch an keiner anderen mehr sein. Von daher verbindet mich viel mit diesem Ort und den Menschen, denen ich in all den Jahren begegnen durfte. Vermissen werde ich sicherlich im Winter das Wetter, aber auch die Offenheit und Herzlichkeit, sowie die innere Ruhe, die viele Canarios aber auch viele Überwinterer und Gäste hier ausstrahlen.

Wochenblatt: Gibt es schon einen Nachfolger und wann wird seine Einführung sein?

Bertram Bolz: Pfarrer Hansjörg Rasch (66) aus Freiburg wird ab 9. September hier sein und als Seelsorger hier arbeiten. Ich freue mich, dass er sich für diesen Dienst bereit erklärt hat und ich ihn – zumindest der Gottesdienstgemeinde – im Juli schon vorstellen konnte. Er wird die neue Saison mit der Gemeinde angehen und auf jeden Fall bis April hier sein. Sollte sich zwischenzeitlich eine Langzeitlösung abzeichnen, wird man sehen, wann die Übergabe dann erfolgen kann.  

Wochenblatt: Welche Wünsche hätten Sie für die Arbeit Ihres Nachfolgers?

Bertram Bolz: Es liegt mir fern, Pfr. Rasch oder auch jemandem anderen irgendwelche Wünsche oder Arbeiten mit auf den Weg zu geben. Ich möchte lieber andersherum formulieren: Ich wünsche mir, dass er genauso offen und herzlich aufgenommen und in seiner Arbeit unterstützt wird, wie wir das in all den Jahren erlebt haben. Ohne die Mithilfe vieler aus der Gemeinde kann dieselbe nicht leben und keine Angebote machen. Von daher ist mein Wunsch, dass sich viele weiterhin mit ihrer Kraft und ihrem Engagement einbringen, damit die deutschsprachige Katholische Gemeinde auch weiterhin als ein positives Element im Leben der Insel wahrgenommen wird. Und vielleicht kann ich ja in Deutschland sowohl im Wochenblatt ein geistliches Wort lesen als auch im Internetradio den Zündfunken hören…  Aber ich wollte ja keine Wünsche äußern… (lacht).

Wochenblatt: Wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen Ihnen und Ihrer Frau alles Gute für die Zukunft!

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