Jesus, der Arzt – wir seine ärztliche Kirche


Gedanken für mich – Augenblicke für Gott

Wir alle wissen, dass Jesus eine Vorliebe für die Menschen am Rand der Gesellschaft hat. Und er begründet sein Zusammensein mit den Sündern und Zöllnern auch ganz klar und einleuchtend: „Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken“ – nachzulesen im Matthäus-Evangelium Kapitel 9, Vers 12. Jesus also der Arzt, der Therapeut, der Heiland. Derjenige also, mit dessen Hilfe Menschen heil werden und aufleben können. Ein Jesusbild, das neugierig macht – Sie auch?

Wenn wir nun auf die Behandlungsmethode Jesu schauen, dann müssen wir eigentlich sagen: Jesus ist ein anderer Arzt, wie sie uns normalerweise geläufig sind und er hat vor allem zwei sehr eigenwillige Therapien: Das Mitgehen und das Mitessen. So sagt er z.B. zu dem Zöllner Matthäus: „Geh mit!“ Oder mit anderen Worten ausgedrückt: Ich will dich in meiner Nähe haben, also bleib bei mir. Wir alle wissen ja, wie heilsam das ist, wenn eben jemand zu uns sagt: ich brauche dich; ich brauche z.B. deine Freundlichkeit, deine offene Art, deine praktischen Fähigkeiten usw. Wer von uns läuft denn nicht zur Hochform auf, wenn er spürt, dass er anerkannt ist und dass das, was er macht und kann eben auch von  anderen geschätzt wird. „Geh mit!“ – das sagt Jesus auch zu Ihnen und mir. Bleib mit mir verbunden. Ich brauche dich – z.B. Dein Zuhören-Können, Deine Hilfsbereitschaft, Deine aufmunternden Worte. Jesus sagt Ihnen und mir: Du bist für mich wichtig, damit meine Vorstellungen von einem guten menschlichen Zusammenleben auch heute Wirklichkeit werden können.

Die andere eigenwillige Therapie Jesu beginnt mit seinen Worten: „Iss mit!“ Das hat er damals zu den Zöllnern und Sündern gesagt. Mit anderen Worten heißt das doch: Ich will dich an meinem Tisch haben. Ich möchte mit dir nicht nur Brot und Wein teilen, sondern auch die Freude und das Leid. Auch hier wissen wir doch nur allzu gut wie heilsam es ist, wenn jemand zu uns sagt: „Ich lade Dich ein. In Deiner Gemeinschaft fühl ich mich wohl. Ich hör Dir gerne zu und ich interessiere mich für Deine Erfahrungen. Wer von uns freut sich nicht, wenn er spürt: In dieser Gemeinschaft da darf ich sein, wie ich bin. Ich muss mich weder verstellen noch verbiegen und werde trotzdem angenommen und akzeptiert. „Iss mit“ – das sagt Jesus aber auch zu Ihnen und mir. Er sagt zu uns: Ich habe Dich gern in meiner Tischgemeinschaft, in den Gottesdiensten die wir miteinander feiern, an den Tischen zu Hause oder in den Gruppen, in denen Du Dich mit anderen triffst. Iss mit und teile nicht nur das Brot und den Wein mit ihnen, sondern Dein ganzes Leben. Lass Sie teilhaben an Deinem Leben, damit die Erinnerung an mich in dieser Welt lebendig bleibt.

Jesus ist wirklich ein Arzt – aber eben ein anderer, wie wir es gewohnt sind und er hat mitunter ganz eigenwillige Heilmethoden. Lassen Sie mich dieses Bild noch ein Stück weiter ausmalen: Unsere Gemeinden – gleichgültig ob nun hier in San Telmo/Haus Michael oder bei Ihnen zuhause – das wären dann die „Praxisräume“, in denen dieses Mitgehen mit Jesus eingeübt wird, in denen die Tischgemeinschaft mit ihm wirklich erlebt werden kann. Unsere Gottesdienste, unsere Zusammenkünfte in den Gemeindegruppen, das wären dann so etwas wie die „Sprechstundenhilfen“ dieses Arztes. Frauen und Männer die mithelfen, dass wir mit Jesus im Gespräch bleiben, dass seine Worte und seine Taten ansprechend, interessant und vor allem hilfreich in unsere Zeit hinein erzählt werden.

Ich bin wirklich überzeugt, dass viele in diesem Wartezimmer des Arztes Jesus sitzen und es gar nicht wissen. Sie warten auf Heilung ihrer zerbrochenen Träume und auch Hoffnungen. Sie warten darauf, wieder einen Sinn, eine neue Aufgabe in ihrem Leben zu finden. Sie warten auf ein gutes Wort, auf einen, der mit ihnen geht und der sich vor allem mit ihnen an einen Tisch setzt, ihnen zuhört und ihnen so das Gefühl gibt: Da ist einer, der ist jetzt nur für mich da, der hört mir zu und gibt mir das Empfinden: Es gibt momentan nichts und niemand wichtigeren als Dich.

Als „Sprechstundenhilfen“ unseres Arztes Jesus könnten doch wir zu ihnen ins Wartezimmer gehen und ihnen sagen: In der Praxis Jesu, in seinen Worten und in seinem Umgang mit den Menschen, da findet Ihr, da findest Du Anregungen für ein gelingendes und erfülltes Leben. Lassen Sie uns in diesem Sinne eine „ärztliche Kirche“ sein, weil das Haupt dieser Kirche der „Arzt Jesus Christus“ ist.

Bertram Bolz, Diakon

Kath. Touristen- und

Residentenseelsorger

Diesen und frühere Artikel können Sie nachlesen unter: www.katholische-gemeinde-teneriffa.de oder www.wochenblatt.es

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