Medienrummel um Saida


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Nationale TV-Sender reißen sich um das Verbrennungsopfer

Schonungslos gingen die Reporter am 13. Juni auf die junge Frau los, als sie das Gerichtsgebäude in Santa Cruz verließ. Die 24-jährige Saida Prieto, die bei der Gala zur Wahl der Karnevalskönigin am 6. Februar schwerste Verbrennungen erlitt, wurde beim Prozessauftakt von den Medien bedrängt.

Reporter kreisten sie beim Verlassen des Gerichtsgebäudes regelrecht ein, sodass sie rief „Ihr bedrängt mich!“. Im Blitzlichtgewitter kam es gar zu einem Wortgefecht zwischen Reportern der Privatsender Tele5 und Antena3. Die beiden „Königinnen“ des spanischen Frühstücksfernsehens – Ana Rosa Quintana und Susana Griso – wollten jeweils die ersten Worte des Opfers senden, und was als Pressekonferenz für alle Medien angekündigt worden war, endete als Chaos. Die 4.000 Euro, die einer der TV-Sender Saida für ein Exklusiv-Interview geboten hatte, schlug sie aus.

Der Prozess um den tragischen Unfall im Verlauf der Königinnenwahl in Santa Cruz begann mit der Vernehmung des Opfers und eines Zeugen. Der Tontechniker, der zu den wenigen Personen zählt, die umgehend handelten, als das Kleid von Saida Feuer fing, sagte aus, dass er einen „brennenden Lappen“ gesehen habe, der gegen eine Metallvorrichtung geflogen und abgeprallt sei und dann das Kleid von Saida entzündete.

Saida selbst war dankbar, dafür, dass sie vor Gericht keine langen Aussagen machen musste, denn sie hatte ihre Version des Erlebten bereits zu Protokoll gegeben. Auf die Fragen der Reporter am Ausgang des Gerichts antwortete sie ohne Umschweife, dass sie auf Gerechtigkeit hoffe. Sowohl sie als auch ihre Mutter äußerten den Wunsch, den mutmaßlichen Schuldigen hinter Gittern zu sehen. „Welche Mutter will nicht den Mörder ihres Kindes ins Gefängnis bringen?“, fragte Saidas Mutter Dulce in die Journalistenrunde. „Nun, ich hätte beinahe meine Tochter verloren. Sie können sich denken, was ich mir wünsche…“ Um Geld gehe es ihnen nicht, erklärte sie weiter. Es gehe hier nicht um eine finanzielle Entschädigung, sondern um die Bestrafung der Schuldigen. Und auch das Rathaus von Santa Cruz soll einen Teil der Verantwortung übernehmen. Trotz des Einsatzes von Bürgermeister Bermúdez für Saida, will die Familie die Stadtverwaltung nicht schonen.

Der Designer des Fantasiekleides, in das die Feuerwerkselemente eingebaut worden waren, die den Unfall verursachten, und der im Mittelpunkt der Ermittlungen steht, erschien nicht zur Verhandlung. Als Grund hatte Willy Jorge bereits Tage zuvor über seinen Anwalt eine tiefe Depression genannt, den Unfall bedauert und der Verletzten ausdrücklich eine möglichst schnelle Genesung gewünscht.

Der abgesetzte Leiter des Festamtes von Santa Cruz, Francisco Javier Trujillo, beharrte bei seiner Aussage darauf, dass Willy Jorge keine Genehmigung für den Einsatz von Feuerwerkselementen hatte. Anscheinend hatte er dies zwar beantragt, die vom Amt in diesem Zusammenhang angeforderten Unterlagen jedoch nie beigebracht, sodass eine offizielle Genehmigung auch nie erfolgte.

Saida erlitt bei dem Unfall Verbrennungen zweiten und dritten Grades an 40% ihrer Körperoberfläche – vor allem an Rücken und Beinen. Nach Wochen auf der Intensivstation und monatelanger Behandlung in einer Klinik für Verbrennungsopfer in Sevilla ist sie durch den Unfall in ihrem täglichen Leben stark eingeschränkt.

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