Nationalpolizisten verhörten Guantánamo-Häftlinge


20 Marokkaner wurden verhört, ohne dass ein spanischer Richter die fragwürdige Aktion genehmigt hatte

Die konservative Regierung unter Ministerpräsident José María Aznar hat allem Anschein nach nicht nur Spanien in den völkerrechtswidrigen Irak-Krieg geführt. Wie aus offiziellen Quellen jetzt bekannt wurde, sind spanische Polizisten auch mehrmals zum US-Stützpunkt nach Guantánamo gereist, um dort außerhalb jeglichen rechtlichen Rahmens inhaftierte Verdächtige zu verhören.

Madrid – Bislang war nur das Verhör von Hamed Abderrahamán bekannt, einem eingebürgerten Spanier, der in Afghanistan verhaftet worden war und später freikam. Jetzt erfuhr die Öffentlichkeit jedoch auch, dass zwischen dem 21. und 26. Juli 2002 Beamte der spanischen Nationalpolizei in die Lager nach Guantánamo flogen, um 20 Marokkaner zu möglichen Al Qaeda-„Abkömmlingen“ in Spanien zu befragen. Die Reise geschah unter dem Siegel der absoluten Verschwiegenheit, das heißt, kein spanischer Richter wusste davon oder hat die Verhöre sogar genehmigt. Die spanischen Polizisten wurden zu allem Überfluss auch noch von CIA-Beamten begleitet bzw. „beaufsichtigt“.

Zu jener Zeit war Federico Trillo Verteidigungsminister und Ángel Acebes Innenminister. Vor allem letzterer ist jetzt als einer der wichtigsten Männer in der Opposition ständig damit beschäftigt, die sozialistische Regierung wegen angeblicher rechtwidriger Kontakte beispielsweise mit der baskischen Terroristenorganisation ETA zu maßregeln und zu verleumden. Zu jener Zeit war ihm die Einhaltung eines rechtlichen Mindestrahmens allem Anschein nach jedoch nicht so wichtig.

Diese Nachrichten wurden übrigens einen Tag nach der Enthüllung bekannt, dass die US- Stützpunkte in Spanien auch zur Zwischenlandung der Transporte illegal verhafteter Häftlinge nach Guantánamo dienten. Auch davon soll die damalige konservative Regierung gewusst haben.

Nach mehreren Tagen des Schweigens ließ sich die Volkspartei dazu bewegen, sich zu den Vorwürfen zu äußern. PP-Führungskräfte behaupteten mit einem Mal, Untersuchungsrichter Baltasar Garzón habe die fragwürdigen Verhöre genehmigt. Eine Aussage, die der Richter jedoch umgehend empört zurückgewiesen hat. Er habe erst „im Nachhinein“ von den illegalen Missionen erfahren, stellte Garzón vielmehr richtig und versicherte, nie eine Genehmigung diesbezüglich ausgestellt zu haben.

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