Dadurch will die Regierung die Stromrechnungen von zehn Millionen Haushalten künftig an den Terminmarkt koppeln
Madrid – Die seit Langem herbeigesehnte Begrenzung der Gas- und Kohlepreise für die Stromerzeugung, mit der die spanische Regierung den Großhandelspreis für Strom um mehr als 30% senken will, geht mit dem Versprechen an Brüssel einher, die Leitlinien für den regulierten Stromtarif für Privathaushalte, den sogenannten Precio Voluntario al Pequeño Consumidor (PVPC), bis zum 1. Oktober fertigzu- stellen. Obwohl die Regierung davon ausgeht, dass diese Änderungen erst Anfang 2023 formell in Kraft treten werden, müssen die dafür „notwendigen Änderungen“ bereits diesen Herbst vorgenommen werden, um eine neue Berech-nungsmethode für den Stromtarif einzuführen, den fast jeder vierte Haushalt und sieben von zehn Industriekunden abgeschlossen haben.
Das Hauptziel der Reform besteht darin, die Volatilität zu verringern, unter der die Stromverbraucher leiden, die einen PVPC-Vertrag abgeschlossen haben, insbesondere nach den Ereignissen des letzten Jahres, als der immense Anstieg des Erdgaspreises – dessen Kosten sich verfünffacht haben – die Stromrechnungen der Privathaushalte exponentiell erhöht hat.
„Bedingung“ aus Brüssel
Die direkte Verbindung zwischen den sogenannten Spotpreisen – die am stärksten schwanken, da sie sich von Stunde zu Stunde und von Tag zu Tag ändern – und den Stromrechnungen der rund zehn Millionen Kunden auf dem regulierten Markt muss unbedingt unterbrochen werden. Im Real Decreto, dem Königlichen Dekret, das Mitte Mai im Spanischen Staatsanzeiger (BOE) veröffentlicht wurde, erkennt die Regierung an, dass „eine der Bedingungen“, die die Europäische Kommission gestellt hat, um grünes Licht für die Gasobergrenze zu geben, gerade die Reform des „freiwilligen“ Preises für Kleinverbraucher, also des PVPC, ist.
Obwohl der Gesetzestext keine Einzelheiten nennt, gibt er einige Hinweise darauf, wie dieser künftige regulierte Tarif aussehen wird. Anders als derzeit wird der künftig von den betroffenen Haushalten zu zahlende Tarif demnach nicht nur durch den unmittelbaren Strompreis (von einem Tag auf den anderen) beeinflusst, sondern zum Teil auch durch die Terminmärkte bestimmt, und zwar einen Monat, ein Quartal oder sogar ein Jahr im Voraus. So werden beispielsweise die regulierten Tarife in Portugal berechnet, einem Land, mit dem Spanien einen gemeinsamen Strommarkt hat und von dem sich die Gestaltung des neuen Systems inspirieren lassen kann.
In dem künftigen Berechnungsmodell möchte das spanische Ministerium für den ökologischen Wandel jedoch nicht, dass die Verbindung zwischen dem PVPC und den sehr kurzfristigen Märkten vollständig verschwindet, um zu verhindern, dass Haushalte und Unternehmen den Anreiz verlieren, ihren Verbrauch an die Zeiten oder Tage anzupassen, an denen das Stromsystem billigeren und saubereren Strom erzeugt, entweder weil das Angebot an erneuerbaren Energien reichlich vorhanden ist oder weil die Nachfrage sinkt. Es geht darum, so die Regierung, „diese Verbraucher in gewissem Umfang dem kurzfristigen Preissignal auszusetzen, das Anreize für Energieeffizienz, Speicherung und Nachfragesteuerung schafft“.
Laut ausdrücklichem Hinweis der spanischen Regierung ist die „Notanpassung“, mit der die Preise für Gas und Kohle für Wärmekraftwerke begrenzt werden, um den Strompreis zu senken, nur als „eine außerordentliche Maßnahme für die Zeit, bis diese Reform durchgeführt wird und tatsächlich in Kraft tritt“ anzusehen. Mit anderen Worten: Der tatsächliche Eingriff in den Strommarkt, mit dem die spanische Regierung den Preisdruck erheblich zu verringern hofft, ist nur eine Überbrückung, bis der neue PVPC-Tarif bereit ist. „In keinem Fall wird der in diesem Königlichen Gesetzesdekret geregelte Anpassungsmechanismus über den 31. Mai 2023 hinaus anwendbar sein“, heißt es demnach auch wörtlich im Gesetzestext.
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