Neuer Artenschutzkatalog erhitzt weiterhin die Gemüter


© Volker Boehlke

Debatte um den Naturschutz

Die Absicht der kanarischen Regierung, einen neuen Artenschutzkatalog herauszugeben, sorgt nach wie vor für heiße Diskussionen (das Wochenblatt berichtete).

Sowohl Naturschützer als auch Wissenschaftler beider Universitäten (La Laguna und Las Palmas) übten heftige Kritik an dem Vorhaben, vor allem weil der Entwurf nicht, wie sonst üblich, auf breiter Ebene wissenschaftlich diskutiert worden war, sondern von anonymen Autoren „klammheimlich“ zusammengestellt wurde.

Auf Einladung der Tageszeitung „El Día“ diskutierten verschiedene Wissenschaftler und Naturschutzexperten über die Situation an einem besonderem Ort: Cruz del Carmen im Mercedes-Wald. Hier findet man auf kleinstem Raum die größte Artenvielfalt von Fauna und Flora von ganz Europa. Einig sind sich die Fachleute in ihrer Kritik, dass viele Arten nur noch innerhalb ausgewiesener Schutzgebiete geschützt werden sollen, außerhalb aber gewissermaßen „Freiwild“ sind. Auch eine neu einzuführende Kategorie „von Interesse für das kana­rische Ökosystem“ bleibt schwammig und ist nicht mit dem nationalen spanischen Artenschutzkatalog kompatibel. Am schwerwiegendsten ist aber die geplante Herabstufung vieler Tier- und Pflanzenarten in weniger geschützte Kategorien. Gerade dieser Punkt erhitzte die öffentliche Diskussion, denn viele vermuten darin die Absicht, den Weg für weitere Großbauprojekte freizumachen, wie etwa für den geplanten Hafen von Granadilla. Das Projekt wurde von Gerichten gestoppt, weil ihm geschützte Seegraswiesen zum Opfer fallen würden. Während die kanarische Regierung jeden Zusammenhang mit dem Bauvorhaben rundweg abstreitet, sehen fast alle Kritiker gerade darin den Grund für das schnelle und heimliche Erarbeiten des umstrittenen Kataloges.

Zusammenfassend wurde die Forderung laut, das Dokument gründlich zu überarbeiten, und zwar unter Einbeziehung der Fachleute sowie aktueller Daten. Denn die zugrundeligenden Studien über Populationen, Ökosysteme und somit Gefährdungsgrad verschiedener Spezies stammen weitgehend aus dem Jahr 2004 und sind somit veraltet. „El Día“ charakterisiert daher den neuen Artenschutzkatalog so: „Noch nicht einmal geboren und schon reif für die Rente“.

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