Neuwahlen in Sicht


© EFE

Erstmalig in der spanischen Geschichte

Es bleiben nur noch wenige Tage, um die erneute Einberufung von Parlamentswahlen zu verhindern. Nach dem Scheitern der Verhandlungen zwischen PSOE, Ciudadanos und Podemos könnte der amtierende Präsident Mariano Rajoy (PP) zwar noch einen letzten Vorstoß wagen, doch gehen die Parteien und die Bevölkerung mittlerweile davon aus, am 26. Juni erneut an die Urnen gerufen zu werden. Diese Situation hat es noch nie gegeben. Neuesten Umfragen zufolge könnte die PP erneut die Wahl für sich entscheiden.

Damit hat Spanien dann mehr als ein Jahr andauernde „Wahl-Aufregung“ hinter sich: Kommunal- und Regionalwahlen; Wahlen in Katalonien; Parlamentswahlen, und danach wieder Parlamentswahlen, und dann – sozusagen zum Dessert – Wahlen im Baskenland und in Galicien.

Wenn auch die Chancen sehr gering erscheinen, dass noch eine Regierung zustande kommt, werden die beiden nächsten Wochen, politisch betrachtet alles andere als langweilig werden. Sobald sich die Mitglieder von Podemos mit großer Mehrheit gegen die Unterstützung einer Regierung von PSOE und Ciudadanos ausgesprochen haben, und davon ist mit Sicherheit auszugehen, wird Rajoy einen Schritt nach vorne tun. Zu diesem Zeitpunkt, etwa am 18. April, wird er den sozialistischen Oppositionsführer Pedro Sánchez zu Verhandlungen einladen. 

Politische Beobachter stellen sich nun die Frage, ob sich der amtierende Präsident mit dem obligatorischen Foto und seinem hinlänglich bekannten Angebot der fünf großen Achsen zufriedengeben wird. Aus Rajoy nahestehenden Kreisen verlautet jedoch, dass er Sánchez ein sehr detailliertes Angebot mit ganz konkreten Punkten unterbreiten wolle: Die Überarbeitung des aktuellen Finanzierungssystems der Autonomien und, was noch wichtiger ist, eine Reform der Verfassung und des Wahlgesetzes. Auch eine Agenda zur demokratischen Regeneration sowie einige Änderungen in der Wirtschaftspolitik wird er vorlegen.

Rajoy will Sánchez die Bildung einer Regierung in Form einer großen Koalition – mit oder ohne Ciudadanos – anbieten, in der dieser den Posten des Vizepräsidenten bekleiden soll. Allerdings wären auch Neuwahlen für die Partido Popular nicht uninteressant, denn sie würde nach den letzten Umfragen als Sieger aus den Wahlen hervorgehen. Dagegen wird Pablo Iglesias wohl einen empfindlichen Verlust zugunsten von Ciudadanos hinnehmen müssen.

Offenbar möchte Mariano Rajoy bis Ende April vor der öffentlichen Meinung den Anschein erwecken, dass er alles versucht habe um eine Regierung zu bilden, welche die erforderliche Unterstützung des Kongresses erhält. Er will den Eindruck des passiven Politikers, der sich in einer Ecke verschanzt, verwischen, was von PSOE und Ciudadanos immer wieder kritisiert wird – und einen Überraschungscoup landen.

Die Sozialisten stünden dann vor der Aufgabe, mit etwas mehr als nur mit Propaganda ihre Ablehnung der Verhandlungen zu begründen. Ansonsten könnte ein Teil ihrer Wähler dafür wohl kein Verständnis mehr aufbringen.

Die Sozialisten sind zurzeit damit beschäftigt, das endgültige Scheitern der „Verhandlungen zu dritt“ (PSOE – Ciudadanos – Podemos) zu erklären. Er sei sehr weit auf Iglesias zugegangen und habe bis zu siebzig Prozent seiner Forderungen akzeptiert, erklärte Sánchez.

Die Parteien bereiten sich bereits auf Neuwahlen vor

Die vier wichtigsten Parteien – PP, PSOE, Podemos und Ciudadanos – stimmten bereits in aller Öffentlichkeit darin überein, dass die Wiederholung der Wahlen am 26. Juni auf einen kollektiven Misserfolg zurückzuführen sei. Allgemein herrscht die Überzeugung vor, dass König Felipe ab dem 25. April mitteilen werde, es gebe keine Möglichkeit zu einer Einigung mehr. Am 3. Mai werde dann im Öffentlichen Staatsanzeiger das Dekret zur Abhaltung von Wahlen am 26. Juni verkündet. 

Keine der wichtigsten politischen Gruppen sieht offenbar noch eine Chance auf Einigung. Alle räumen offen ein, Neuwahlen seien nicht mehr zu vermeiden. Diese Situation ist völlig neu und einmalig, denn so etwas hat es bislang noch nicht gegeben und daher existieren keine speziellen Gesetze, die zu befolgen wären. 

Das Scheitern der Verhandlungen und die immer größer werdende Wahrscheinlichkeit von Neuwahlen im Juni hat zu einer Debatte über die Kosten und das Format der Wahlkampagne geführt. Diese abzukürzen wäre eine gute Nachricht, erklärte vor einigen Tagen Noch-Justizminister Rafael Catalá – um die Bürger nicht zwei Wochen lang mit Meetings zu bombardieren. Das würde zwar eine Änderung des Wahlgesetzes bedeuten, doch damit dürften wohl alle Parteien einverstanden sein, meinte er.

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