Oberster Gerichtshof der Kanaren stoppt Hafenbau in Granadilla


© Moisés Pérez

Anordnung der kanarischen Regierung zur Umwidmung der durch EU-Recht geschützten Seegraswiese im vom Bau betroffenen Gebiet vorerst auf Eis gelegt

Ganz so einfach, wie sich die Befürworter des in Granadilla geplanten Industrie- und Handelshafens das vorstellen, wird es dann wohl doch nicht werden. Zwar haben die kanarische Regierung und Teneriffas Hafenamt die nach ihren Vorstellungen wohl letzte Hürde, die sich dem Baubeginn noch in den Weg stellte, kürzlich scheinbar problemlos genommen, doch könnte eben das nun doch zum Problem werden.

 Am 19. Februar forderte die Staatsanwaltschaft für Umweltangelegenheiten von Santa Cruz de Tenerife nämlich beim kanarischen Umweltministerium sämtliche Unterlagen, die im Zusammenhang mit der Umwidmung des Schutzstatus der Seegraswiesen auf dem Meeresboden vor Granadillas Küste stehen, zur Einsicht an. Bereits einen Tag später wurde die Anordnung dann vom Obersten Gerichtshof der Kanaren (TSJC) sogar „vorerst“ auf Eis gelegt. Automatisch wird dadurch auch der erst kürzlich begonnene Hafenbau wieder gestoppt. Bis kein endgültiges Urteil in der Angelegenheit vom TSJC gefallen ist, darf nicht weiter gebaut werden, da den Seegraswiesen ihr Schutzstatus vorerst wieder zuerkannt wurde.

Die Anordnung, mit der die im zukünftigen Hafengebiet liegende Seegraswiese (Cymodocea nodosa) aus dem „Katalog geschützter Spezies der Kanaren“ entfernt wird, war am 3. Februar vom kanarischen Umweltminister Domingo Berriel unterzeichnet worden. Allem Anschein nach teilen nun aber auch selbst die höchs­ten kanarischen Gerichte die Zweifel, ob es dabei mit rechten Dingen zugegangen ist, wie es Hafengegner und Umweltschutzorganisationen schon seit Monaten monieren. Jedenfalls wurde mit der vom Gericht veranlassten vorläufigen Einstellung der Umwidmungsanordnung der Klage stattgegeben, die die Umweltschutzorganisation Ben Magec-Ecologístas en Acción am 12. Februar gegen diese erhoben hatte.

Die kanarische Regierung gibt sich derzeit noch gelassen. Man werde allen Anordnungen Folge leisten, verstehe jedoch nicht, warum. „Der gesamte Vorgang ist unter Wahrung des gesetzlichen Rahmens geschehen“, wurde versichert. Außerdem seien ja nur 1,26% der gesamten von Seegraswiesen bevölkerten Fläche um die Kanaren betroffen. Auch habe man ja im Grunde der Cymodocea nodosa nicht den Schutzstatus als Spezie genommen, sondern lediglich als Habitat. Als Ausgleich habe man schließlich nicht nur zwei weitere Flora-Fauna-Schutz­gebiete – getreu der europäischen FFH-Richtlinie – in Güi-Güi und Antequera geschaffen, die zusammen vier Mal größer als das betroffene Gebiet von Granadilla seien, sondern sich auch freiwillig dazu verpflichtet, die vom Hafenbau betroffene Seegraswiese nach San Andrés bei Santa Cruz umzupflanzen.

Renommierte Biologen und Umweltschützer haben jedoch wiederholt moniert, dass diese Ausgleichsmaßnahmen kaum ins Gewicht fallen. Mit der „Zerstörung“ der Seegraswiese vor Granadilla ist das Überleben einer ganzen Reihe anderer Spezies gefährdet. Biologen bezeichnen die Seegraswiesen als wahre „Oasen des marinen Lebens“, was im Fall Granadillas besonders schwerwiegend sei, denn die dortige Cymodocea nodosa gehöre zu den besterhaltensten Seegraswiesen der Kanaren. Durch ihr Verschwinden seien mindes­tens 53 weitere geschützte Meerespflanzen und -tiere in dieser Gegend bedroht.

Aus all diesen Gründen haben zahlreiche Wissenschaftler, allen voran Wolfredo Wildpret, emeritierter Professor der Universität La Laguna, unter dem Motto „Für die geschützten Spezies, für die Erfüllung des Gesetzes – Nein zum Granadilla-Hafen!“ zu einer Demonstration am 14. März aufgerufen. Treffpunkt ist um 12 Uhr die Plaza Militar in Santa Cruz de Tenerife.

Entscheidung soll in Kürze fallen

Beide betroffenen Parteien – die Umweltschützer von Ben Magec auf der einen Seite und die Hafenbehörde Teneriffas sowie die kanarische Regierung auf der anderen – wurden am 26. Februar zu einer ersten Anhörung vor den Obersten Gerichtshof der Kanaren (TSJC) zitiert. Die Hafenbehörde forderte bei dieser Gelegenheit von Ben Magec die Hinterlegung einer Bürgschaftsleistung in Höhe von 31 Millionen Euro für die Schäden, die durch den Baustopp entstehen werden.

Das TSJC will bereits in wenigen Tagen entscheiden, ob die Einstellung der Umwidmungsanordnung der Seegraswiesen beibehalten oder wieder aufgehoben wird. Die Umweltschützer sind jedoch äu­ßerst optimistisch, dass das Gericht ihrer Klage endültig stattgeben wird.

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