Ohrfeige aus Straßburg


Spanische Justiz duldete die Aneignung von Privateigentum durch die Katholische Kirche

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hat der spanischen Justiz eine schallende Ohrfeige verabreicht. Anlass ist die Grundbucheintragung einer Immobilie zugunsten der Katholischen Kirche.

Ribas de Campos/Paris – In einem Urteil, das Anfang November erging, gab der EGMR dem Viehwirtschaftsbetrieb Sociedad Anónima de Ucieza recht in einer Streitsache um die Aneignung von religiösen Gebäuden auf ihrem Grund und Boden durch den Bischof von Palencia.

Peinlich ist dabei, dass weder der spanische Oberste Gerichtshof noch das Verfassungsgericht die Klage des Unternehmens verhandeln wollte.

Der Fall beschäftigt die Gerichte schon seit Jahren. Im Jahr 1978 erwarb die Firma Ucieza eine Finca in Ribas de Campos in der Provinz Palencia, innerhalb derer sich eine Kirche mit Nebengebäuden befindet, die früher Teil des Zisterzienserklosters Santa Cruz de la Zarza war. Im Grundbuch war sie als Teil der Finca eingetragen. Sechzehn Jahre später jedoch schrieb das Bistum Palencia die Gebäude auf seinen Namen um. Dabei berief man sich auf das spanische Hypothekengesetz von 1946, welches der Kirche erlaubt, Immobilien, für die kein Eigentümer im Grundbuch steht, auf ihren Namen einzutragen, ohne beweisen zu müssen, dass sie ihr gehören.

Obwohl die Gebäude auf der Finca sehr wohl einen Eigentümer hatten, wurde das Ansinnen des Bistums sowohl vom Grundbuchbeamten als auch von den Gerichten abgesegnet. Ucieza ging durch alle Instanzen bis hin zum Obersten Gerichtshof, der die Berufungsklage nicht zuließ. Im Jahr 2008 weigerte sich auch das Verfassungsgericht, die Verfassungsklage des Unternehmens zu verhandeln.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat nun erklärt, dass der spanische Staat gegen zwei Grundsätze der Menschenrechtskonvention verstoßen hat: Artikel 6.1, der besagt, dass jeder Mensch gleichermaßen das Recht hat, von einem Gericht gehört zu werden, und Artikel 1, der das Privateigentum schützt.

Dieser Fall lässt sich jedoch nicht auf andere Fälle ausweiten, die in Spanien großen Unmut ausgelöst haben. Neben unzähligen kleineren Immobilien hat die Katholische Kirche sich selbst auch das Eigentum an wichtigen Monumenten des Kulturerbes zugeschrieben, wie etwa die Mezquita von Córdoba und die Giralda von Sevilla, zwei prunkvolle ehemalige Moscheen, die später als Kirchen genutzt wurden (das Wochenblatt berichtete).

Während in diesen Fällen das anachronistische Gesetz von 1946 greift, weil die Moschee-Kirchen nicht im Grundbuch eingetragen waren, gab es im Fall der Sociedad Anónima de Ucieza sehr wohl einen eingetragenen Eigentümer, und die Berufung auf das Gesetz war nicht angebracht.

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