Touristen an Bord eines Ausflugskatamarans genossen dieses besondere Erlebnis
Im Süden Teneriffas gibt es zahlreiche Anbieter sogenannter Whalewatching-Touren. Größere und kleinere Ausflugsboote fahren Touristen in die Gebiete, die von Walen und Delfinen bevorzugt werden, und mit etwas Glück können verschiedene Meeressäugerarten gesichtet und fotografiert werden.
Rund um die Kanarischen Inseln kommen über 25 verschiedene Arten vor, denn hier treffen Meeressäuger aus tropischen, kalten, gemäßigten und warmen Meeren aufeinander. Üblicherweise bekommen die Teilnehmer der Walbeobachtungsausflüge Grindwale und Tümmler zu sehen. Was jedoch einer Gruppe von 15 Touristen am 9. April begegnete, ist eine kleine Sensation. Sie waren mit dem Ausflugskatamaran „Bonadea II“ von Puerto Colón aus gestartet und befanden sich nur rund drei Meilen von der Südküste Teneriffas entfernt, als ein Dutzend Schwertwale an ihnen vorbeischwamm. Der Kapitän des Ausflugsbootes berichtete, dass er sogleich bemerkte, dass es sich nicht um die bekannten Bewohner dieser Gewässer handelte . Als die Rückenflossen sichtbar wurden, sei ihm schlagartig bewusst geworden, dass er sich einer Familie von Orcas gegenübersah. Besonders eindrucksvoll sei die schätzungsweise über anderthalb Meter hohe Finne eines der Wale gewesen, vermutlich ein Bulle. „Ich werde dieses Erlebnis nie vergessen“, schwärmte Kapitän Sergio Hernández. Sie seien mit dem Boot ganz langsam an die Meeressäuger herangefahren und konnten sie aus nächster Nähe beobachten. Einige schwammen unter dem Boot hindurch.
Nach rund zwanzig Jahren im Geschäft wissen Kapitän Hernández und seine Kollegen Domingo Mederos und Yeriko Abreu, die gemeinsam für die „Bonadea II“ verantwortlich sind, dass Schwertwale auf ihren Streifzügen durchaus die Kanarischen Inseln besuchen. Auch ähnliche Sichtungen in den letzten Jahren sind Beweis dafür, doch sie selbst waren zuvor noch nie in den Genuss dieses Erlebnisses gekommen. „Wir haben in letzter Zeit Furchenwale und sogar einen Blauwal gesehen“, berichtete Sergio Hernández einer lokalen Zeitung, „aber nie zuvor Orcas“. Etwa dreißig Minuten lang konnten die Mannschaft der „Bonadea II“ und ihre Passagiere diese wunderbaren Meeressäuger beobachten. Es sei ein großes Glück gewesen, dass die Orcas sich so nahe bei der Küste aufgehalten haben, weiß Hernández, denn üblicherweise schwimmen sie auf der Jagd nach Thunfischschwärmen weiter draußen.
„Bonadea II“ ist ein kleiner, elf Meter langer Ausflugskatamaran, der Platz für 22 Passagiere bietet. Die zwei- oder dreistündigen Walbeobachtungstouren werden täglich vom Hafen Puerto Colón in Playa de las Américas aus angeboten.
Schwertwale vor den Kanaren schon öfters gesichtet
Auch wenn sie eher die Ausnahme bilden, gibt es doch immer wieder Sichtungen von Orcas vor den Kanarischen Inseln. Im Frühsommer 2009 sichteten Biologen der kanarischen Gesellschaft für Walstudien (SECAC) zu ihrer Überraschung im Zuge einer Walzählung vor der Küste von Lanzarote eine Gruppe von sage und schreibe 14 Orcas, die sie über mehrere Stunden begleiten und fotografieren konnten. Im Herbst 2005 war es erstmals gelungen, eine kleine Gruppe von Schwertwalen zu fotografieren, die an Gran Canaria vorbeizog.
An der Südwestküste von El Hierro wurde am 18. Januar dieses Jahres ein Schwertwaljunges eingekeilt zwischen Felsen an der Küste des Mar de las Calmas gesichtet. Mitarbeiter des Umweltamtes bargen das bereits tote Kalb, das zwei Meter lang und rund 200 kg schwer war.
Faszinierende Meeresbewohner
Das Greenpeace Magazin beschreibt es sehr treffend: „Mensch und Orca haben vieles gemeinsam. Beide leben traditionell in Großfamilien. Beide stehen in der Nahrungskette ganz oben und sind allseits gefürchtet. Beide kommen als Kosmopoliten von den Polargebieten bis in die Tropen vor. Auch gibt es jeweils solche, die lieber Fisch essen und solche, die Fleisch bevorzugen.“ Vielleicht ist es nicht zuletzt diese Ähnlichkeit, die für die große Faszination sorgt, die von diesen Meeressäugern ausgeht.
Orcas sind die größte Art der Delfinfamilie. Männchen können über neun Meter lang und neun Tonnen schwer werden. Sie sind überwiegend schwarz gefärbt und haben weiße Flecken über den Augen, unterhalb des Kiefers und auf dem Bauch. Die Rückenflosse (Finne) ist bei den Bullen besonders lang.
Orcas leben in Familiengruppen, sogenannten Schulen. Die Jungen bleiben ein Leben lang bei ihrer Familie. Jede dieser Familienschulen hat ihre eigene Sprache, und so erkennen sich die Angehörigen über weite Entfernungen.
Schwertwale werden als besonders intelligente Jäger der Ozeane angesehen. Ihr Jagdverhalten, das auf den Menschen oftmals brutal wirkt, zeugt tatsächlich von einer besonderen Intelligenz. In Gruppen jagen Orcas beispielsweise Heringe, die sie mit ihrer Schwanzflosse bewusstlos schlagen, um sie danach in aller Ruhe zu verspeisen. In Südamerika werfen sich die Orcas bei der Robbenjagd auf den Strand und schaffen es danach wieder zurück ins Meer. In Herden greifen Schwertwale sogar ihre großen Verwandten, die Blauwale an. Auch Haie werden von den Orcas nicht verschont.
Fotos: Sergio David Hernández
Wale und Delfine auf den Kanarischen Inseln
Rund um die Kanaren kommen 27 verschiedene Wal- und Delfinarten vor. Die Gewässer der Inseln stehen europaweit an der Spitze, was die Artenvielfalt von Meeressäugern angeht. Die Wassertemperatur und die Nahrungsvielfalt scheinen dabei eine entscheidende Rolle zu spielen. Das Zusammenwirken verschiedener Meeresströmungen macht es möglich, dass hier Meeressäuger aus tropischen, kalten, gemäßigten und warmen Meeren aufeinandertreffen. Für manche Spezies bilden die Kanaren die nördliche Grenze ihres Verbreitungsgebietes (so z.B. Rauzahndelfin und Borneo-Delfin), während sie bei anderen Arten die südliche Grenze darstellen (z.B. Atlantischer Nordkaper und Seiwal)
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