Ostern – Aufstand für das Leben


Gedanken für mich – Augenblicke für Gott

Die nachfolgenden Worte klingen wie eine Kampfansage, aber es handelt sich hierbei um ein Ostergedicht.

„das könnte manchen herren so passen, 

wenn mit dem tod alles beglichen  die herrschaft der herren

die knechtschaft der knechte

bestätigt wäre für immer 

das könnte manchen herren so passen,

wenn sie in ewigkeit

herren blieben im teuren privatgrab

und ihre knechte

knechte in billigen reihengräbern

aber es kommt eine auferstehung

die ganz anders wird als wir dachten

es kommt eine auferstehung, die ist

der aufstand gottes gegen die herren

und gegen den herrn aller herren: den tod.“

Die Energie, die Power, die in diesen Worten des Schweizer Pfarrers und Schriftstellers Kurt Marti steckt, die springt mich förmlich an. Und gleichzeitig ahne ich: Daraus spricht auch die Wut eines Verzweifelten, der in der Realität ganz andere Erfahrungen macht. Die Erfahrung nämlich, dass Mächtige ihre Macht missbrauchen und bestimmen, was Recht ist – und das oftmals mit Gewalt. So diktieren die Industriestaaten mit ihrer Wirtschaftskraft die Spielregeln für den großen Rest der Erde und im Ringen um soziale Gerechtigkeit haben derzeit Otto Normalverbraucher selbst in diesen Staaten ganz schlechte Karten. Das alles macht mich oft wütend, aber so ist es. Das ist nun mal die Realität der Dinge. Es regiert die Herrschaft „der Herren“ und vom „Aufstand Gottes gegen die Herren und gegen den Herrn aller Herren: den Tod“ – keine Spur!

Wirklich keine Spur? Das Osterfest, das wir in diesen Tagen feiern, erzählt von anderen Erfahrungen; es erzählt auch von einer anderen Realität. Zwar haben die „Herren“, mit denen Jesus zu tun hatte, ihre Herrschaft auch an ihm voll ausgespielt. Sie empfanden ihn als Gefahr, wenn er die Gewaltlosen selig pries; wenn er verlangte, dass die Ersten die Diener aller sein sollten und dabei versprach, dass die Letzten die Ersten sein würden. Dafür ließen sie ihn festnehmen und machten ihm den Prozess. Dafür brachten sie ihn um, ließen ihn begraben und dachten für sich: Das war’s. Aus und vorbei. Ein für alle mal erledigt – dieses aufständische Gewäsch!

Aber das war’s eben nicht. Statt dessen begann am Morgen, den wir den Ostermorgen nennen, etwas ganz Neues, etwas Unbeschreibliches, von dem uns die Bibel auch nur stammelnd zu erzählen weiß. „Jesus ist auferstanden“, sagen seine Freunde und sind sich sicher: „Wir haben ihn gesehen! Er lebt!“

Wunschdenken? Träume? Visionen? – Fest steht, dass sie sich postwendend auf den Weg zu den Menschen gemacht haben. Sie scheinen an diesem Ostermorgen nämlich eines erkannt zu haben: Jesu Auferstehung war nicht nur ein Ereignis jenseits der Todesgrenze, das man nur glauben und niemals begreifen kann. Nein, sein ganzes Leben war ein Auferstehen – ein Aufstehen für die Gerechtigkeit, für den Frieden und die Güte unter den Menschen. Es war ein Aufstehen gegen den Tod in all seinen Formen – gleichgültig ob er nun Krankheit, Einsamkeit oder auch Ausgrenzung heißt. Und die Freunde Jesu haben auch begriffen, dass es jetzt an ihnen ist, genau das weiter zu tragen, was IHM wichtig war, was sie von ihm gehört, was sie mit ihm erlebt und erfahren haben.

Und wie wir wissen, haben sie es weiter getragen, sonst würden wir heute diesen Glauben nicht kennen und ihn nicht feiern; sonst hätte er die 2000 Jahre bis heute wohl kaum überstehen und lebendig bleiben können. Der Aufstand, sein Aufstand für das Leben, geht auch heute weiter: z.B. überall dort, wo jemand aufsteht gegen Gewalt und Unrecht; wo jemand aufwacht und empfindsam wird für die Hoffnungen und Sorgen des anderen; wo jemand aufrecht geht und sich nicht verbiegen lässt, auch wenn er dafür gedeckelt und schief angesehen wird.

Wo solches geschieht, da werden die Karten von Macht und Ohnmacht neu gemischt und die Verhältnisse auf den Kopf gestellt. Überall dort geschieht Auferstehung – mitten im Leben. Oder wie Kurt Marti es sagt: Dort geschieht ein „Aufstand Gottes gegen die Herren und gegen den Herrn aller Herren. Den Tod!“

In diesem Sinne Ihnen allen ein frohes Osterfest, welches uns motiviert zum Aufstand für das Leben!

Bertram Bolz, Diakon

Kath. Touristen- und

Residentenseelsorger

Diesen und frühere Artikel können Sie nachlesen unter: www.katholische-gemeinde-teneriffa.de oder www.wochenblatt.es

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