Pedro Sánchez ist zurückgetreten


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Der Generalsekretär der spanischen Sozialisten lässt eine geteilte und angeschlagene Partei zurück

Madrid – Zwei Jahre und drei Monate nachdem er von den Mitgliedern der Sozialistischen Partei zum Generalsekretär gewählt worden war ist er von seinem Posten zurückgetreten. Am Ende eines dramatisch verlaufenen Tages mit Anklagen, Beleidigungen und sogar einigen Tränen erfolgte die Entscheidung. Sánchez erklärte sich damit einverstanden, die Mitglieder des Nationalen Komitees über seinen Antrag durch Handzeichen abstimmen zu lassen. Dabei ging es um die Abhaltung von sogenannten „primarias“ – Vorwahlen – für die Wahl des Generalsekretärs. Er verlor mit 132 Nein- zu 107 Ja-Stimmen. Nur eine Minute später erklärte er seinen Rücktritt. Zuvor hatte er versucht, eine geheime Abstimmung durchzusetzen, indem die Stimmkarten hinter einem Wandschirm in eine Urne gesteckt werden sollten.

Pedro Sánchez trat nach der Abstimmung vor die Presse. Foto: efe
Pedro Sánchez trat nach der Abstimmung vor die Presse. Foto: efe

Nun wird die Partei bis zum nächsten Kongress von einer Verwaltungskommission geführt. Javier Fernández, Präsident von Asturien, der hohes Ansehen in den Reihen der Partei genießt, steht dieser Kommission vor. Bei einer weiteren Zusammenkunft des Nationalen Komitees muss entschieden werden, ob eine Investitur von Mariano Rajoy durch Stimmenthaltung ermöglicht werden soll – eine weitere kritische Situation für die gespaltene PSOE. Bislang ist keineswegs klar, wie diese Entscheidung ausfällt. Eingeweihte sind der Meinung, dass die Chancen 50 zu 50 stehen.

Elf Stunden nachdem die mehr als 270 Mitglieder des Nationalen Komitees im „Hauptquartier“ der Partei eingetroffen waren kam es endlich zu einer Abstimmung und damit auch zur Entscheidung. Pedro Sánchez verlor diese Abstimmung.

Realität der Zahlen

Das Ergebnis der Abstimmung spiegelt eindeutig die Realität wider: Die Sánchez-Kritiker erzielten die Mehrheit für eine Einstellung, die sie in den vergangenen Wochen mit Nachdruck vertreten hatten. Angeführt von den Präsidenten der sozialistisch geführten autonomen Regierungen – sechs von sieben waren gegen Sánchez – verließen die „Sieger“ die Versammlung, um die Verwaltungskommission zu bilden und die Geschicke der Partei in die Hand zu nehmen.

Nach der verlorenen Abstimmung trat Sánchez in den Presseraum, um sich von den Medien zu verabschieden, und in einem kurzen Überblick seine „Politik der Intentionen“ zu erläutern. Es habe eine intensive Debatte gegeben und die kritische Gruppe, die eine neue Etappe in der Parteipolitik verfolge, die eine Stimmenthaltung  der Partei bei einer möglichen Abstimmung über die Wahl Rajoys befürwortet, habe sich durchgesetzt. „Ich wollte mit nein stimmen und eine alternative Regierung bilden, doch mein Vorschlag wurde abgelehnt“, erklärte er, ließ aber keine weiteren Fragen zu. Sánchez hat auch nicht erklärt, ob er seinen Parlamentssitz aufgeben werde. Die Verwaltungskommission wird mit Sicherheit einen Wechsel in der Führung der sozialistischen Parlamentsfraktion beschließen, aus der er bestimmt ausscheidet.

Proteste auf der Straße

Schon am Morgen hatte es Verkehrsprobleme in der Umgebung der Parteizentrale gegeben. Die ankommenden Delegierten wurden von einer Menschenmenge je nach Sympathie mit Applaus oder Protestrufen empfangen. Später musste die Polizei eine Sicherheitsabsperrung aufstellen. Als am späten Abend der Rücktritt von Sánchez bekannt gegeben wurde, trat zunächst Stille unter den Versammelten ein, dann warfen einige enttäuscht ihre Transparente auf den Boden, auf denen „Rajoy no“ oder ähnliches zu lesen war.

Ein europäisches Phänomen

Der Absturz der PSOE ist der schlimmste einer sozialistischen Partei in Europa, gleich nach der griechischen PASOK in 2015. Die PSOE hat die Hälfte ihrer Unterstützer verloren. In den Achtzigern konnte sie auf 48% der Wähler zählen, heute sind es noch 22%. Auch in Deutschland und in Österreich befinden sich die Sozialisten im Abwärtstrend. Die Nachrichten über die Ereignisse bei den spanischen Sozialisten haben auch in den europäischen Medien ein lebhaftes Echo gefunden.

Javier Fernández, Präsident von Asturien. Foto: EFE
Javier Fernández, Präsident von Asturien. Foto: EFE

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