Strittiges Vorgehen der Polizei gegen „illegale Partys“

Polizisten beim Stürmen einer Wohnung Foto: efe

Polizisten beim Stürmen einer Wohnung Foto: efe

Juristen befinden: Auch in „touristische Unterkünfte“ dürfen sich die Beamten nicht ohne Gerichtsbeschluss Zutritt verschaffen

Madrid – Auch während einer Pandemie dürfen Polizisten sich nicht einfach gewaltsam und vor allem ohne gerichtlichen Beschluss Zutritt zu einer Wohnung verschaffen, wenn sie den Verdacht haben, dass dort eine aufgrund der Corona-Bestimmungen „illegale Party“ stattfindet. Das gelte auch, wenn es sich bei der Wohnung um ein sogenanntes „pisos turístico“, also eine Ferienwohnung handle, denn auch diese Unterkunftsform sei als „Wohnstätte“ anzusehen. Zu diesem einstimmigen Schluss sind zahlreiche renommierte Juristen gekommen, nachdem verschiedene Fernsehsender in den Nachrichten polemische Bilder von Polizisten zeigten, die sich gewaltsam Zutritt zu einer Wohnung verschafften, in der ihrer Meinung nach gegen die während der Pandemie geltenden Sicherheitsbestimmungen verstoßen wurde.
Das Innenministerium vermied es bislang, das Verhalten der Polizisten öffentlich zu kritisieren und erklärte in einer Pressemitteilung, bei der Wohnung habe es sich um eine „Ferienunterkunft“ gehandelt, die nicht als gesetzlich geschützte „Wohnstätte“ anzusehen sei. Auch habe die Vermutung nahegelegen, dass sie ausschließlich zum Feiern und nicht als Übernachtungsunterkunft genutzt wurde. Die Beamten hätten demnach auch nicht rechtswidrig gehandelt, als sie sich angesichts des Verdachts, dass dort eine illegale Party stattfände, und ihnen nach wiederholter Aufforderung nicht freiwillig geöffnet worden war. So hatten sie sich gewaltsam Zutritt verschafft, obwohl sie keinen gerichtlichen Beschluss eingeholt hatten.
Dieses Argument widerlegen jetzt jedoch zahlreiche Juristen. Demnach sei eine „Ferienunterkunft“ rechtlich gesehen sehr wohl als Wohnstätte anzusehen, in die selbst die Polizei nur mit einem gerichtlichen Beschluss eindringen dürfe. Darüber hinaus könne der bloße Verdacht, dass dort illegal gefeiert werde, selbst in Zeiten einer Pandemie und den damit einhergehenden Sonderbestimmungen nicht als „dringender Notfall“ angesehen werden, der den Beamten das Recht auf gewaltsames Eindringen gäbe. Die Party sei nach den geltenden Bestimmungen zwar illegal gewesen, allerdings könne dies nur als ein administratives Vergehen angesehen werden und nicht als Straftat, die ein derartiges Vorgehen der Polizei rechtfertige. Die Beamten hätten vor der Tür warten müssen, bis die mutmaßlichen Teilnehmer der Party die Wohnung verlassen, um dann ihre Daten aufzunehmen und eine entsprechende Geldstrafe zu veranlassen.
Auch das von der Polizei vorgebrachte Argument, die Personen in der verdächtigen Wohnung hätten bei der Weigerung, sie hereinzulassen, eine Straftat des Ungehorsams gegen die Polizei begangen, lassen die Juristen nicht gelten. Dieses Argument würde das Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Wohnbereichs ja ad absurdum führen, heißt es diesbezüglich unter anderem. Mit diesem Argument könnten sich die Beamten ja jederzeit und in jedem Fall Zutritt zu einer Wohnung verschaffen, obwohl sie nicht über einen gerichtlichen Beschluss verfügen. Sie müssten ja einfach nur behaupten, die Bewohner hätten sie nicht reingelassen und hätten demnach einen Akt der Zuwiderhandlung begangen.

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