Polit-Theater in La Victoria


© Ayuntamiento La Victoria

Durch einen Misstrauensantrag kehrte Haroldo Martín ins Bürgermeisteramt zurück

Die Stadt La Victoria de Acentejo im Norden Teneriffas hat einen neuen Bürgermeister. Durch ein Misstrauens- ­votum wurde der amtierende Bürgermeister Fermín Correa von der Partido Popular (PP) sieben Monate nach Beginn der Amtszeit wieder abgesetzt.

Der neue Bürgermeister ist der alte: Haroldo Martín von der nationalistischen Coalición Canaria (CC) hatte vor den Kommunalwahlen das Amt inne und bei der Wahl im vergangenen Juni auch die meisten Stimmen und sechs Sitze im Stadtrat erhalten. Stadtoberhaupt wurde jedoch überraschenderweise José Fermín Correa, dessen PP eigentlich nur zwei Sitze erlangt hatte. Durch eine Koalition mit der PSOE, die fünf Sitze auf sich vereinigt und sich dennoch einverstanden erklärte, das Bürgermeisteramt an den deutlich kleineren Partner gehen zu lassen, wurde Haroldo Martín unerwartet abgelöst. In diesem Prozess kam es zu Unstimmigkeiten, weil Fermín Correa zunächst eine Vereinbarung mit der CC unterzeichnet hatte, die in den oberen Parteietagen ausgehandelt worden war und besagte, dass er eine Minderheitsregierung der CC unterstützen werde. Kurz darauf machten die Sozialisten ein besseres Angebot, welches der PP das Bürgermeisteramt einbrachte. Die regionale Führung der Partei wusste diesen Sieg jedoch nicht zu schätzen, sondern begann ein Parteiausschlussverfahren, welches sich gut sechs Monate hinzog. Nun, gut ein halbes Jahr später, ist die Koalition zerbrochen. Der Parteiausschluss soll rechtsgültig sein, und der zweite PP-Abgeordnete Leo García stimm­te, der Parteidisziplin folgend, mit der CC für die Annahme des Misstrauensantrages (Moción de Censura).

Bei der Stadtratssitzung, welche diesen Beschluss fällte, wollten die Bürger von La Victoria, Parteifunktionäre und Vertreter der Presse in großer Zahl zugegen sein. Der Andrang war so groß, dass der nur fünfzig Teilnehmer fassende Plenarsaal nicht ausreichte, und die Sitzung deshalb für über hundert Bürger, die vor dem Rathaus standen, live auf eine Leinwand übertragen werden musste.  Noch in der Sitzung wurde dem CC-Spitzenkandidaten Haroldo Martín der Bürgermeisterstab übergeben, den er dann in einem symbolischen Akt vom Balkon des Rathauses aus den Bürgern der Stadt präsentierte.

Die Ratssitzung verlief mehr als hitzig und war von Schmähungen und persönlichen Beleidigungen geprägt. Fermín Correa hielt eine wütende Rede, in der er u. a. an seinen ehemaligen Parteigenossen Leo García gerichtet sagte: „Eines Tages wirst du für diesen Verrat und diese Lügen bezahlen.“ Auch Personen aus dem Publikum fielen mehrfach aus der Rolle, Zwischenrufe wie „Verräter“, „Hau ab“ und „Clown“ waren zu hören. Die Sitzungsleiter und die Lokalpolizei konnten die Ordnung im Saal nur mit Mühe aufrechterhalten.  

Am Ende wird wohl von den Gerichten entschieden werden, wer Bürgermeister wird oder bleibt, denn Fermín Correa hat seinen Parteiausschluss angefochten, und auch die PSOE zweifelt auf dieser Grundlage die Rechtmäßigkeit des Misstrauensvotums an und klagt. 

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