Prozess gegen katalanische Separatistenführer


Die Angeklagten und ihre ehemaligen Posten bzw. Ressorts, v.l.n.r.: Oriol Junqueras (Vizepräsident), Joaquim Forn (Innenpolitik), Raül Romeva (Ausland), Jordi Turull (Präsidentschaft), Josep Rull (Nachhaltigkeit), Jordi Sánchez (ANC), Carles Mondó (Justiz), Carmen Forcadell (Parlamentspräsidentin), Meritxell Borrás („Gobernación“), Dolors Bassa (Arbeit), Santiago Vila (Unternehmen), Jordi Cuixart (Omnium Cultural). Foto: EFE

Mehr als 600 Zeugen sind zu den Verhandlungen geladen, die mindestens drei Monate dauern werden

Madrid – Vor dem Obersten Gerichtshof in Madrid hat am Dienstag, dem 12 Februar der Prozess gegen zwölf Führer der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung begonnen, den eine große deutsche Zeitung als „Stresstest für die spanische Demokratie“ bezeichnete.

Vor dem Gerichtsgebäude, das unter massivem Polizeischutz stand, drängten sich die Demonstranten mit katalanischen Flaggen.

Angeklagt sind Mitglieder der damaligen regionalen Regierung, des Regionalparlaments und die beiden Vorsitzenden von zwei katalanischen Bürgervereinigungen. Es wird ihnen Rebellion gegen den Staat, Aufwiegelung, Ungehorsam im Amt sowie Veruntreuung öffentlicher Gelder vorgeworfen.

Hintergrund dieses Prozesses ist das Unabhängigkeitsreferendum vom 1. Oktober 2017, das von der spanischen Justiz verboten worden war. Der damalige Regionalpräsident Carles Puigdemont hatte die Volksbefragung trotzdem durchführen lassen, was zu Unruhen und Polizeieinsätzen in den Städten Kataloniens, insbesondere in Barcelona geführt hatte. Puig­de­mont selbst sitzt nicht mit auf der Anklagebank. Er hatte sich bekanntlich mit mehreren Ministern seines Kabinetts nach Brüssel abgesetzt, um der Verhaftung zu entgehen, und lebt dort nach wie vor im „Exil“. Sowohl die belgischen Gerichte als auch später das Gericht in Schleswig-Holstein, wo der katalanische Ex-Präsident in Auslieferungshaft saß, hatten eine Auslieferung an Spanien abgelehnt, weil sie den Vorwurf der Rebellion nicht als stichhaltig betrachteten.

Insgesamt sollen rund 600 Zeugen vernommen werden, unter ihnen auch Ex-Ministerpräsident Mariano Rajoy, in dessen Amtszeit das illegale Referendum stattfand. Es wird mit einer Verhandlungsdauer von mindestens drei Monaten gerechnet.

Die Staatsanwaltschaft hat für Oriol Junqeras, den ehemaligen Vize-Regierungspräsidenten, Vorsitzenden der linksgerichteten Republikaner – Es­querra Republicana de Catalun­ya -, der als Kopf der Unabhängigkeitsbewegung angesehen wird, eine Haftstrafe von 25 Jahren beantragt. Für die übrigen Angeklagten zwischen 9 und 17 Jahren Gefängnis.

Die Verteidiger mehrerer Angeklagten bezeichneten, wie schon zu erwarten war, diesen Prozess als politisch begründet und daher als unrechtmäßig. Sein Zweck bestehe darin, die Vorkämpfer für die Unabhängigkeit Kataloniens einzuschüchtern, damit sie von ihrem Ziel ablassen. Der Vorwurf der Rebellion trifft gemäß ihrer Interpretation nicht zu, da es bei den Ereignissen im Zusammenhang mit der illegalen Volksabstimmung Anfang Oktober 2017 niemals zu Gewalttaten durch die Unabhängigkeitsverfechter gekommen sei.

Der derzeitige katalanische Regierungschef Quim Torra saß zu Prozessbeginn auf der Zuschauertribüne und erklärte Pressevertretern, eine andere Entscheidung als ein Freispruch sei nicht hinzunehmen, denn alle Angeklagten seien unschuldig. Zuvor hatte er an einer Demonstration teilgenommen, die vor dem Gerichtsgebäude stattfand. Auf dem Transparent, das an der Spitze getragen wurde, stand sinngemäß der Satz: „Entscheiden ist kein Vergehen“.

Sein Vorgänger, Carles Puigdemont, befand sich währenddessen in Berlin, wo er an einer Solidaritäts-Veranstaltung diverser katalanischer Vereine teilnahm.

Bei seiner ersten Vernehmung hat der Hauptangeklagte Oriol Junqeras die Unabhängigkeitsbestrebungen Kataloniens gerechtfertigt und den gegen ihn erhobenen Vorwurf der Rebellion entschieden zurückgewiesen. „Hier stehen meine Ideen vor Gericht“, erklärte er den sieben Richtern, aus denen sich das Gericht zusammensetzt. Sein Anwalt hatte beklagt, die Grundrechte der Angeklagten seien verletzt worden, man habe sie schlechter behandelt als Terroristen.

Der Generalsekretär der rechtsradikalen Vox-Partei, Javier Ortega Smith, im privaten Leben Rechtsanwalt, befand sich ebenfalls im Gerichtssaal. Im Namen seiner Partei hat er eine sogenannte Volksklage eingereicht. Diese Möglichkeit, den Prozess nicht nur der Staatsanwaltschaft zu überlassen, gibt es lediglich in Spanien.

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