Reicht Beschuldigung zur Aufgabe einer Kandidatur oder Amtsniederlegung aus?


Parteien sind sich uneinig, wann ein verdächtiger Politiker abtreten sollte

Der ehemalige sozialistische Präsident Felipe González bezeichnete es dieser Tage im Gespräch mit der Tageszeitung El País als Fehler, beschuldigte Politiker von den Wahllisten auszuschließen.

Eine Äußerung, die von den wichtigsten Parteien aufgenommen wurde, um sich entweder anzuschließen oder abzugrenzen.

Bei einem Beschuldigten handelt es sich um eine natürliche Person, gegen die ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde. Sprich: Die Strafverfolgungsbehörden untersuchen, ob ein hinreichender Tatverdacht vorliegt. 

Insbesondere für die Partido Popular (PP) und die Partido Socialista Obrero Español (PSOE) handelt es sich hierbei um eine heikle Angelegenheit, schließlich sind Politiker beider Parteien in schwere Korruptionsfälle verwickelt. Beide Gruppen stimmen jedoch darin überein, dass im Falle einer Beschuldigung der fragliche Politiker nicht von der Wahlliste auszuschließen sei. Erst bei Erhebung der Anklage seitens der Justiz solle der Politiker abtreten. Izquierda Unida (IU), Podemos und Ciudadanos – Letztere politische Senkrechtstarter mit starkem Linksruck – lehnen dagegen die Kandidatur von beschuldigten Politikern strikt ab. 

Allerdings besteht auch unter der neuen Führung der PSOE, unter Generalsekretär Pedro Sánchez, die Tendenz zur „harten Hand“ mit der Korruption. Zwar will Sánchez einen Zwist mit dem „Altpräsidenten“ González vermeiden, doch hat sich der Jungchef der Sozialisten die parteiinterne Bereinigung zum Ziel gesetzt. In dem Moment, da sich der Verdacht gegen einen Beschuldigten erhärtet und die Ermittlungsbehörde – Staatsanwaltschaft oder Untersuchungsrichter – Anklage erhebt, will die Parteispitze einschreiten und Konsequenzen fordern. Im erst im vergangenen Herbst beschlossenen Ethik-Code der Partei wurde als entscheidendes Merkmal die Eröffnung der mündlichen Verhandlung festgelegt. 

Izquierda Unida will noch viel früher eingreifen. IU-Sekretär Alberto Garzón erklärte, schon bei Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens müssten die Politiker seiner Formation sämtliche öffentliche Ämter niederlegen. 

Podemos fordert dieselben Konsequenzen seitens ihrer Politiker, wenn es sich um Korruption, Wirtschaftsdelikte, sexuelle Belästigung, geschlechtsspezifische Gewalt, Kindesmisshandlung oder Arbeits-, Umwelt- bzw. urbanistische Delikte handelt. 

Albert Rivera von Ciudadanos will zwar zwischen Ungerechtigkeit und Verdacht unterscheiden, verlangt jedoch auch, dass Beschuldigte erst einmal zurücktreten und nach Verdachtsabklärung entweder auf ihren Posten zurückkehren oder endgültig abtreten. 

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