Reine Luft und hohe Erdbebensicherheit


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Weitere Unterstützung für den Teleskopstandort La Palma

Kurz vor der Entscheidung über den Standort des E-ELT, des europäischen Superteleskops, die für den Frühsommer erwartet wird (das Wochenblatt berichtete), melden sich weitere Gutachter zu Wort, die La Palma gegenüber dem Konkurrenten Armazonas in den chilenischen Anden den Vorzug geben.

So äußerte sich Emilio Cuevas, der Direktor des Instituts für Atmosphärenforschung der Sternwarte Izaña (Teneriffa), dahingehend, dass auf subtropischen Inseln, speziell auf Hawaii, La Palma und Teneriffa, besonders gute atmosphärische Verhältnisse für die Sternenbeobachtung vorhanden sind.

Während in kontinentalen Hochgebirgen viel mehr Turbulenzen aufgrund der stärkeren Lufterwärmung über Land entstehen und die Beobachtung stören können, sorgen die Wassermassen des Ozeans für geringere Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht und stabilisieren durch ihre hohe Wärmespeicherung die Atmosphäre insgesamt.

Hinzu kommt die günstige Lage in der geographischen Breite der sogenannten „Hadley-Zelle“, das ist der Bereich, wo die Luftmassen, die sich über dem Äquator aufheizen und in die Höhe steigen, wieder absinken und dadurch einen großen Teil des Jahres hindurch stabile Hochdrucklagen mit nur wenigen Wolken erzeugen. Die durch den Passatwind dennoch entstehende Wolkendecke liegt unterhalb der Höhe der Observatorien (2.400 m ü. NN) und schützt zusätzlich vor Licht oder Verschmutzung aus den bewohnten Küstenzonen. Der einzige negative Faktor wäre der Saharawind „Kalima“, der viel Staub mit sich trägt. Eine Datenanalyse vergangener Jahre zeigte jedoch keinerlei Tendenz zu häufigerem Vorkommen des Kalima, und außerdem ist La Palma als nordwestlichste Insel des Archipels traditionell davon am wenigsten betroffen.

Erdbebentendenz in Chile

Eine andere Studie stellte der Geophysiker Antonio Darwich von der Universität La Laguna vor. Er analysierte die Daten chilenischer Geologen über Erdbeben in Chile und verglich sie mit denen von La Palma. Es stellte sich heraus, dass die Erde in Chile viel häufiger bebt – und vor allem heftiger. Das mag für Observatorien üblicher Größe zu verkraften sein, aber je größer die Teleskope werden, desto empfindlicher reagieren sie auf kleinste Erschütterungen. Das E-ELT soll einen Spiegel von 42 m Durchmesser bekommen, der aus 984 wabenförmigen Segmenten bestehen wird, die alle einzeln justiert werden müssen. Ein solch gigantisches Teleskop einigermaßen erschütterungsfrei zu lagern würde enorme Extrakosten verursachen, und selbst dann besteht die Gefahr, dass das neue Observatorium im Wert von ca. einer Milliarde Euro durch heftige Beben wie unlängst in Chile unbrauchbar würde. Nach den Darwich vorliegenden Informationen „scheint es nicht so, als habe man Parameter wie die geologische Stabilität berücksichtigt“. Hier hat also La Palma trotz seines vulkanischen Ursprungs eindeutig die Nase vorn, denn Beben sind dort eher selten und schwach. Darwich stellt die Frage, ob man bei dem Erdbebenrisiko des chilenischen Standortes dort ein Atomkraftwerk genehmigen würde, denn „das Risiko ist vom ingenieurtechnischen Standpunkt vergleichbar“.

Ob die neuen Studien allerdings noch Einfluss auf die anstehende Entscheidung nehmen, ist mehr als fraglich. Allgemein wurde kritisiert, die kanarische Regierung hätte sich zu wenig um den Zuschlag bemüht. Die spanische Wissenschaftsministerin Cristina Garmendia, die selbst schon in der Kritik stand, den Kampf vorzeitig verloren gegeben zu haben, erinnerte daran, dass sie dafür gesorgt habe, dass Spanien mit 300 Millionen Euro dreimal so viel Geld zu dem Projekt beisteuern will wie Chile. Die kanarische Regierung habe hingegen nur 40 Millionen an Kostenübernahme versprochen. Juan Ruiz Alzola von der zuständigen Behörde der kanarischen Regierung wies den Vorwurf zurück mit dem Hinweis, dass das eine Menge Geld für die Kanaren sei, die ja nur 4 % des spanischen Bruttoinlandsprodukts repräsentieren und daher nicht so reich mit Geld gesegnet ist wie die Zentralregierung. Die Entscheidung über den Standort trifft jedoch die „Europäische Südsternwarte“ (ESO), die Eigentümerin des künftigen Großteleskops.

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