Römischer Einfluss auf kanarische Ureinwohner


Das jüngste Buch von Roberto Hernández beschäftigt sich mit den Bräuchen und Ritualen der kanarischen Ureinwohner. Foto: Mercurio

Der Historiker Roberto Hernández Bautista präsentiert in seinem Buch mögliche Spuren altrömischer Bräuche in der von Berbern abstammenden Urbevölkerung

Das jüngste Buch von Roberto Hernández beschäftigt sich mit den Bräuchen und Ritualen der kanarischen Ureinwohner. Foto: Mercurio

Gran Canaria – Einige der Berbergruppen, welche die Kanarischen Inseln besiedelt haben, waren kulturell durch das römische Imperium beeinflusst. Zu diesem Schluss kommt der Historiker und Gymnasiallehrer Roberto Hernández Bautista in seinem neuen Buch „Berberische Bräuche und Rituale der kanarischen Eingeborenen“ (Costumbres y Rituales Bereberes de los Indígenas Canarios, Mercurio Editorial 12/2016).

Bisher geht die Forschung davon aus, dass die Kanaren in mehreren Wellen zwischen dem vierten und ersten Jahrhundert vor Christus durch aus Nordafrika stammende Berber, wissenschaftlich korrekt Amazigh genannt, besiedelt wurden.

Für sein Buch hat sich Hernández mit den Arbeiten französischer Forscher beschäftigt, die sich besonders intensiv mit der berberischen Kultur auseinandergesetzt haben, und deren Ergebnisse mit dem verglichen, was über die Kultur der kanarischen Ureinwohner bekannt ist. Dabei kam er zu verschiedenen Schlussfolgerungen über den Ursprung der Eingeborenen und die Besiedelung der Kanaren.

Berberkultur auf allen Inseln

Zum einen steht für ihn anhand dieser Vergleiche fest, dass ausschließlich die Kultur der Berber bzw. Amazigh für alle kanarischen Inseln in den Zeiten vor der spanischen Eroberung prägend war. „Jeden Teilaspekt ihrer Kultur können wir im Norden Afrikas wiederfinden,“ erläutert Hernández und führt die Trepanation, die Schädelöffnung, wie sie in Nordafrika bis ins 19. Jahrhundert bekannt war, als Beispiel an.

Bezüglich römischer Einflüsse, welche die Berber auf die Kanaren mitbrachten, nennt er die pompejanische Schrift, die Teilung in Adel und Volk, das blonde Haar der Patrizier, den Atis-Kult und die Priesterinnenkaste der „Harimaguadas“, die den römischen Vestalinnen entsprächen. Diese Beispiele zeigen nach Darstellung von Roberto Hernández eine „gewisse ideologische Durchsetzung der Inseln mit kulturellen Aspekten der Antike durch die herrschende Klasse, der es gelang, bestimmte politische und kulturelle Vorgaben in der berberstämmigen Bevölkerung der Inseln durchzusetzen.

Gab es eine weitere späte Besiedlungswelle?

Hernández sieht im kanarischen Atis-Kult, der vor allem durch die Schwurformel „Atis Tirma“ überliefert ist, eine Ähnlichkeit zu dem römischen Mysterienkult der Verehrung der Göttermutter Kybele und ihres Geliebten Attis, der für Auferstehung und die Unsterblichkeit der Seele stand. Diese beiden Gottheiten wurden ur- sprünglich in Phrygien und erst später auch in Griechenland, Thrakien und Rom verehrt.

Überliefert ist, dass jene Ureinwohner, die sich nach dem Sieg der spanischen Eroberer nicht gefangen nehmen lassen wollten, sich mit dem Ruf „Atis Tirma“ von den Klippen in den Tod stürzten. Hernández geht davon aus, dass Atis auch auf den Kanaren für das Weiterleben nach dem Tod stand und derselbe ist, den auch die Phrygier, Griechen und Römer verehrten. Berber, die unter dem Einfluss des römischen Imperiums standen, müssten demnach diesen Glauben auf die Inseln mitgebracht haben.

Wenn Hernández mit dieser Annahme recht hat, dann muss es noch sehr spät, im dritten Jahrhundert nach Christus, eine weitere Besiedlungswelle durch die Berber gegeben haben, die dieses römische Erbe mitbrachte, denn die Attis-Verehrung war erst seit dem Jahr 204 n. Chr. ein offiziell anerkannter Kult im Römischen Reich.

Roberto Hernández ist Geografie- und Geschichtslehrer an der CEO Puerto Cabras in Puerto del Rosario auf Fuerteventura. Er hat mehrere Bücher über die Geschichte und Kultur der Kanaren veröffentlicht und ist zudem auch politisch aktiv. 2015 trat er als Kandidat der Izquierda Unida Fuerteventura für einen Sitz im spanischen Senat an.

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