Rückendeckung statt vorgezogene Wahlen


Financial Times fordert von der Partido Popular mehr Unterstützung für Zapatero

Der Ausgang der Regional- und Kommunalwahlen Ende Mai wurde auch außerhalb der Landesgrenzen von der Tagespresse kommentiert und zur Diskussion gestellt.

Madrid – Die englische Wirtschaftszeitung Financial Times widmete ihr Editorial „Der bittersüße Sieg von Rajoy“ der aktuellen politischen Situation und wies die Partido Popular (PP) darauf hin, dass sie mit den bei den Kommunalwahlen erreichten 37,5% der Stimmen bei einer Parlamentswahl keine absolute Mehrheit im Abgeordnetenhaus erreichen würde. Die spanische Zeitung El País hatte bereits im Vorfeld darauf hingewiesen, dass die PP sogar weniger Abgeordnetensitze bekommen hätte als derzeit die Sozialisten besetzen.

Die Forderung der Konservativen nach vorgezogenen Parlamentswahlen stufte die Financial Times als kontraproduktiv ein, denn diese würden die Stabilität des Landes und seine Kreditwürdigkeit gefährden. Präsident José Luis Rodríguez Zapatero habe richtig gehandelt, indem er die Vorverlegung der Wahlen ablehnte. Das Land befände sich im Kampf um das Vertrauen der Märkte, die davon zu überzeugen seien, dass der eigene Staatshaushalt ohne äußere Hilfe überleben werde. Mit vorgezogenen Wah­len und der daraus resultierenden politischen Unsicherheit hätte Zapatero seinem Land keinen Gefallen getan. Statt vorgezogene Wahlen zu fordern, solle die Partido Popular den Präsidenten bei der Umsetzung der Reformen unterstützen.

Nach Meinung der Londoner Zeitung habe Zapatero gute Arbeit bei der Kürzung staatlicher Ausgaben und der Umstrukturierung der Banken geleistet und verdiene weitere zehn Monate, um die Reformen voranzutreiben. Die Financial Times wies darauf hin, dass die Partido Popular die Liberalisierungsmaßnahmen Zapateros zur Ankurbelung der Wirtschaft weitgehend unterstützt, sich bei der Kürzung der Staatsausgaben aber eher zurückgehalten hätte. Diese unklare Haltung wäre der Partei zwar zugute gekommen, sei jedoch weder ehrlich noch haltbar.

Auch die britische Tageszeitung The Guardian äußerte sich zu der politischen Situation des Landes und deutete darauf hin, dass die Sozialisten sowohl von rechts als auch von links massiv bedrängt würden – von rechts die nach den Regional- und Kommunalwahlen gestärkten Konservativen, von links die „empörten“ Bürger, deren Demonstrationen in den großen Städten ständig wüchsen. Die Tatsache, dass die politische Diskussion in Spanien vom Parlament auf die Straßen abgewandert ist, zeige, wie groß die Kluft zwischen der Politik und dem realen Leben der Bürger geworden sei.

Über Wochenblatt

Das Wochenblatt erscheint 14-tägig mit aktuellen Meldungen von den Kanaren und dem spanischen Festland. Das Wochenblatt gilt seit nunmehr 36 Jahren als unbestrittener Marktführer der deutschsprachigen Printmedien auf den Kanarischen Inseln.