Rückkehr der IS- Spanierinnen umstritten


Archivfoto des Flüchtlingscamps Roj in Syrien, in welchem u.a. Familien von IS-Kämpfern untergebracht sind. Foto: EFE

Die Staatsanwaltschaft sieht die Gefahr der Indoktrinierung von Kindern und Jugendlichen durch die Frauen der Dschihadisten

Madrid – Auf einer Tagung des Elcano-Instituts zum Thema „Ausländische Kämpfer: Das Phänomen und die Antworten“ hat der Staatsanwalt am Nationalen Gerichtshof, Miguel Ángel Carballo, darauf hingewiesen, dass die Spanierinnen, die im Islamischen Staat gelebt haben und nun zurückkehren wollen, ein großes Potenzial für die Indoktrinierung vor allem von Kindern und Jugendlichen haben. Dabei sei es unbedeutend, ob sie in die Konfliktgebiete gereist seien, weil sie mit einem IS-Kämpfer verheiratet waren oder um sich selbst dem IS anzuschließen.
Außer den vier Dschihadistinnen, die nun mit insgesamt 17 eigenen und Pflegekindern in den Camps Al Hol und Al Roj in Syrien darauf warten, nach Spanien zurückkehren zu dürfen, weiß man von rund 248 Kämpfern, die von Spanien aus zum IS gestoßen sind, darunter dreißig Frauen. Wie Cristina Andreu, Spezialistin für islamistischen Terror beim Nachrichtenzentrum gegen Terrorismus und Organisiertes Verbrechen (Citco) und Oberst der Guardia Civil, ausführte, sind 150 davon Marokkaner, fünfzig gehören verschiedenen anderen Nationalitäten an, und 48 haben die spanische Staatsbürgerschaft. Man geht davon aus, dass sich 133 von ihnen noch in Syrien aufhalten, 68 nicht mehr leben und 47 bereits zurückgekehrt sind.
Einig waren sich alle Teilnehmer, unter denen auch Experten aus den USA, Frankreich und den Niederlanden waren, dass die Rückkehrer die europäischen Demokratien vor große Herausforderungen stellen. Zu dem rechtlichen Vakuum, in welchem sich dieses relativ neue Phänomen befindet, kommt hinzu, dass die wenigen bestehenden Programme zur Entradikalisierung und Wiedereingliederung von Islamisten bisher kaum verlässliche Daten und Erfahrungen geliefert haben. Die meisten europäischen Staaten zeigen zudem wenig Interesse daran, ihre Bürger aus Syrien zurückzuholen.
Die Sicherheitsstaatssekretärin Ana Botella Gómez brachte die Haltung der meisten EU-Staaten auf den Punkt, als sie erklärte, man habe nicht die Absicht, alle IS-Kämpfer auf einmal zurückzuholen, sondern werde jeden Fall einzeln prüfen und darauf hinarbeiten, dass sie vor Ort abgeurteilt werden, ohne die Todesstrafe zu erhalten. Nur wenige Wochen zuvor hatte es noch aus dem Außenministerium geheißen, die spanischen Dschihadisten sollten in Spanien vor Gericht gestellt werden.
Gegen die obengenannten spanischen Dschihadistinnen liegen aus der Zeit vor ihrer Abreise nach Syrien internationale Haftbefehle wegen der Teilnahme an terroristischen Aktivitäten vor. Insgesamt gibt es 70 internationale Haftbefehle wegen islamistischem Terrorismus, 13 davon gegen Frauen. Nach den Strafgesetzreformen von 2010 und 2015 stellt darüber hinaus bereits die Einreise in das Kampfgebiet eine Straftat dar.
Staatsanwalt Carballo warnte eindringlich davor, die Familienangehörigen der IS-Kämpfer zu unterschätzen: „Eine in der Indoktrination geschulte Frau kann Attentate begehen, und schon ein fünfjähriges Kind kann indoktrinieren oder ein Indoktrinations-faktor in den Grundschulen sein.“ Es habe in der Vergangenheit zahlreiche sexistische Urteile gegeben, in denen die Frau des Drogenhändlers oder des Dschihadisten auf der Grundlage der überholten Vorstellung freigesprochen wurde, dass die Frauen entweder benutzt werden oder Opfer sind, und das sei nicht immer so.

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