Schlechte Karten für Spaniens Anwärter auf EU-Posten


© EFE

Der aktuelle Präsident der Eurogruppe stellt sich quer

Dem derzeitigen Präsidenten der Eurogruppe, Jeroen Dijs­selbloem, sind die Bemühungen von Mariano Rajoy, mindestens zwei wichtige Posten in der EU-Spitze zu erhaschen, übel aufgestoßen.

Brüssel/Madrid – Dijsselbloem, der gleichzeitig Finanzmister Hollands ist, hat sich in den letzten Tagen mehrmals kritisch darüber geäußert, dass der spanische Wirtschaftsminister Luis de Guindos seinen Posten übernehmen soll. Besonders scheint ihn zu ärgern, dass Rajoy der deutschen Kanzlerin bei deren Besuch in Santiago de Compostela das Versprechen abgenommen hat, die Kandidatur de Guindos zu unterstützen.  „Die spanische Regierung glaubt, dass sie das Recht hat, einen Posten von diesem Gewicht in Brüssel zu verlangen, aber das hat sie nicht“, erklärte er.

Dijsselbloem unterstrich, dass es zurzeit einen Präsidenten gebe, und das sei er. Nachdem man ihn im Januar 2013 ernannt habe und das Mandat für zweieinhalb Jahre gelte, laufe seine Amtszeit noch bis Mitte nächsten Jahres. Die Frage nach seinem Nachfolger stelle sich also erst in einem Jahr und nicht heute. „Es ist sicher, dass ich noch ein weiteres Jahr im Amt bleibe, und wir werden jetzt keine Posten verteilen, die nicht frei sind“, erklärte er der holländischen Nachrichtenagentur ANP aufgebracht.

Außerdem sei es zu früh, um die Arbeit de Guidos als Wirtschaftsminister zu beurteilen. Zunächst müsse man sehen, ob Spanien und seine Banken tatsächlich die Krise überwunden haben. Bislang sei längst noch nicht sicher, dass dieser Punkt erreicht ist.  Der Präsident der Eurogrup­­pe erinnerte daran, dass im nächsten Jahr in Spanien Wahlen stattfinden. Ob Luis de Guindos tatsächlich als sein Nachfolger infrage komme, hänge auch davon ob, ob die Partido Popular wieder die Wahlen gewinne.

Bei seinen Erklärungen vor der Presse umging Dijssel­­bloem geschickt die Fragen der Medienvertreter, ob er der nächste holländische Kommissar unter Jean-Claude Juncker werden könnte. „Ich habe bereits einen Posten oder besser gesagt zwei“, antwortete er lakonisch, „als Finanzminister und Präsident der Eurogruppe.“

Tatsächlich sind die Bestrebungen Hollands bekannt, dem Finanzminister einen Posten als Kommissar in einer wichtigen Wirtschafts- oder Finanzsparte zu verschaffen. Allerdings sind seine Chancen relativ klein, denn Juncker und Djisselbloem sind nicht gerade beste Freunde. In der Talkshow eines holländischen Senders hatte Letzterer über Juncker geäußert, der sei ein „eingefleischter Raucher und Trinker“. Der wird ihm das wohl nicht so schnell vergessen.

Ratspräsident Herman van Rompuy hatte vor einigen Tagen eingeräumt, die Ernennung des Präsidenten der Eurogruppe werde wohl nicht vor dem Sommer nächsten Jahres stattfinden und das vermindere die Chancen Spaniens, das sich bereits die Unterstützung der deutschen Kanzlerin gesichert habe. Zumindest offiziell sei de Guidos der sicherste Kandidat. Allerdings sträube sich Holland dagegen, aufzugeben. Offenbar gebe es Bestrebungen, das Amt in einen „Dauerposten“ zu verwandeln.

Die Obsession Spaniens, die Präsidentschaft der Eurogruppe zu übernehmen, hat mit Sicherheit gute Chancen für einen Posten in der Kommission gekostet. Die Europäische Volkspartei dominiert bereits die beiden wichtigsten Posten in der EU: Juncker als Kommissionspräsident und der Pole Donald Tusk im Europarat, nachdem Italien darauf bestanden hatte, den Posten für Äußere Angelegenheiten mit Federica Mogherini zu besetzen. Außerdem geht die Position des Parlamentspräsidenten nach zweieinhalb Jahren ebenfalls an die Europäische Volkspartei.

Es wird in dieser Legislaturperiode zwar drei zusätzliche Vize-Präsidenten geben, allerdings ohne die Befugnisse, welche ihre vier Vorgänger hatten. Hier könnte möglicherweise ein Posten für den spanischen Kandidaten Miguel Arias Cañete abfallen, allerdings höchstens mit einem zweitrangigen Ressort.

Hinter den Erwartungen Spaniens zurückgeblieben

Inzwischen hat Jean-Claude Juncker seine Kandidatenliste bekannt gegeben, und wie erwartet hat Spanien erneut an Gewicht verloren. Miguel Arias Cañete, Spitzenkandidat der Partido Popular, ist für das Ressort Klima und Energie nominiert, das als zweitrangig gilt, jedoch durch die Krise mit Russland eine gewisse Aufwertung erfahren hat.

Damit hat Spanien eher ein bescheidenes Ergebnis in der Schlacht um die Posten in der EU erzielt, die seit Juni im Gange ist. Arias Cañete erhält eines der Ressorts, die neu geschaffen wurden. „Aktionen für Klima und Energie“ war bislang auf zwei verschiedene Ressorts aufgeteilt. Alles in allem ein beachtlicher Rückschritt, denn bislang hatte Joaquin Almunia (PSOE) neben dem Posten des Vize-Präsidenten in den vergangenen zehn Jahren bedeutende Posten inne, zuletzt Wettbewerb und zuvor Wirtschaftliche Angelegenheiten.

Energie ist ein Ressort, das durch die Schwierigkeiten mit Russland an Bedeutung gewonnen hat, während dem Thema Klima und Energie in der Vergangenheit keine besondere Bedeutung beigemessen wurde. Die enormen Schwierigkeiten in der Energieversorgung im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise und der offenen Konfrontation mit Russland haben den EU-Staaten ins Bewusstsein gerufen, dass sie sich nach neuen zuverlässigen Partnern für die Energieversorgung umsehen müssen. Das würde eine der Aufgaben für Arias Cañete sein, der mit 64 Jahren übrigens einer der ältesten Kommissare der EU sein wird.

„Ich werde die Energiepolitik reformieren und neu organisieren und eine neue Europäische Energie-Union schaffen“, hatte Jean-Claude Juncker kürzlich erklärt.

Allerdings gibt es ein Problem mit dem neuen Organigramm der EU-Verwaltung.  Das Mandat geht nämlich nicht direkt an Arias Cañete. Juncker hat sieben große Abteilungen mit Vize-Präsidenten an der Spitze geschaffen, und eine davon ist die Energie-Union, welche die Slowenin Alenka Bratusek leitet. Ihr untersteht die Aktion für Klima und Energie sowie neun weitere Sektionen. Alle Aufgaben wird der spanische Kommissar Arias Cañete unter der Federführung von Bratusek erfüllen.

Vor allem muss er zunächst die Prüfung vor dem Europaparlament bestehen. Arias Cañete ist an zwei Energie-Unternehmen beteiligt. Er ist Präsident des Verwaltungsrats der Petrolífera Ducor und sitzt im Aufsichtsrat der Firma Petrologis. Außerdem besitzt er 2,5%ige Kapitalanteile beider Firmen. Das wird mit Sicherheit nicht vorteilhaft bewertet werden.

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