Schlechte Luftqualität verhinderte das ­normale Leben

Der Vulkan ist seit fast drei Monaten aktiv. Fotos: Efe

Der Vulkan ist seit fast drei Monaten aktiv. Foto: Efe

Zum ersten Mal wurde auf La Palma ein Lockdown angeordnet

La Palma – Der Vulkan bereitet den Bewohner von La Palma immer wieder böse Überraschungen. Am 13. Dezember erwachten die Gemeinden von Los Llanos de Aridane, El Paso und Tazacorte mit einer erheblichen Schicht von Gasen, die der Vulkan ausgestoßen hatte. Aufgrund der schlechten Luftqualität sah sich der Sonderausschuss für Katastrophenschutz und Notfallhilfe in der Vulkankrise (PEVOLCA) gezwungen, eine Ausgangssperre auszurufen. Die rund 30.000 Menschen, die in diesen Gemeinden leben, wurden aufgefordert, zu Hause zu bleiben. Die Bewohner sollten ihre Häuser nicht verlassen, um gesundheitliche Schäden zu vermeiden. Unter anderem gehören zu den Folgen stark geschwollene Augen, Augenjucken und starker Tränenfluss. Ein schwerer Schlag für die Bewohner, denn Schulen und Geschäfte hatte ihren normalen Betrieb wieder aufgenommen.

Fast vier Stunden lang, von kurz vor 9.00 bis 13.00 Uhr, wies die PEVOLCA-Leitung die Bewohner an, ihre Häuser nicht zu verlassen, Türen und Fenster zu schließen und, wenn möglich, alle Ritzen in den Häusern zu verschließen, um zu verhindern, dass schädliche Luft eindringt. Außerdem wies PEVOLCA darauf hin, dass die rund 4.600 Schüler der Gemeinden in ihren Klassenzimmern zu bleiben hatten. Die Familien durften ihre Kinder nicht abholen bis sich die Lage wieder normalisiert hatte, auch nach Unterrichtsende. Letztendlich war das nicht notwendig, denn am frühen Nachmittag hatte sich die Qualität der Luft soweit verbessert, dass die Ausgangssperre aufgehoben werden konnte. Es waren jedoch Stunden der Unsicherheit und Angst für die Eltern, die trotz der Hinweise, nicht zu den Schulen zu gehen, sich dennoch dorthin begaben, um ihre Kinder abzuholen.

Auch für die Unternehmen war dies ein verlorener Tag, was die Geschäfte betrifft. Bäckereien, Gaststätten und Eisenwarenläden blieben zwar geöffnet, aber ihre Türen blieben geschlossen, um sich vor der schlechten Luft zu schützen. Einige hängten ein Schild an die Tür auf dem es hieß man müsste klopfen, um hineinzukommen.

Bewohner halten zusammen

Am 21. Oktober erreichte der Lavastrom die Mitte des Wohngebiets La Laguna, in Los Llanos. Er ist bislang nicht weiter vorgedrungen, aber die Bewohner können sich nicht darauf verlassen, dass sich das nicht ändert. Daher sind die fast 1.600 Einwohner weiterhin evakuiert.

Diesmal hat die Luftverschmutzung – und nicht Corona – die Bewohner gezwungen, einen vierstündigen Lock down einzuhalten.  foto: efe
Diesmal hat die Luftverschmutzung – und nicht Corona – die Bewohner gezwungen, einen vierstündigen Lockdown einzuhalten. Foto: Efe

Die Mitglieder der Bürgervereinigung von La Laguna haben eine Liste mit 39 Fragen ausgearbeitet und werden sie an die öffentlichen Verwaltungen, an die Regierung der Kanarischen Inseln, das Cabildo von La Palma und die Gemeinde Los Llanos, weiterleiten. Ziel ist es herauszufinden, wie ihre unmittelbare Zukunft aussehen wird.

Sie fordern unter anderem die Schaffung einer neuen Siedlung in der Nachbarschaft sowie die Wiederaufnahme der psychologischen Betreuung der Evakuierten. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Verbesserung des Zugangs zu den Gebieten, die zwischen den Lavaströmen isoliert sind. Sie betonen auch, wie wichtig es ist, die Wasserläufe zu kanalisieren, da schwere Regenfälle bevorstehen, sonst könnten die bereits entstandenen Schäden an den Häusern und Infrastrukturen des Viertels noch verschlimmert werden.

Die Bewohner von La Laguna möchten ihre Gemeinde wieder aufbauen und in ihre Häuser zurückzukehren, um ihr altes Leben zurückzugewinnen. Die Vereinigung hielt eine partizipative Befragung der Mitglieder ab, damit sie alle ihre Fragen und Bedenken vorbringen konnten. Auf diese Beiträge stützt sich das Dokument, das den öffentlichen Stellen vorgelegt wird. Soziale Netzwerke haben bei der Ausarbeitung der 39 Fragen eine wichtige Rolle gespielt, da die Mitglieder der Vereinigung auf der ganzen Insel verteilt sind.

Die Vereinigung beklagt, dass es keine direkte Kommunikation mit den Betroffenen gibt. Sie fordert, dass sie bei den Entscheidungen, die während und nach der Katastrophe getroffen werden, mit einbezogen und angehört werden.

Der Vulkan ist seit fast drei Monaten aktiv. Bei Tag oder bei Nacht, ob Rauchwolken oder Lavaströme, Menschen sind fasziniert von diesen Naturspektakel. Dennoch hoffen alle Canarios, dass der Ausbruch des Cumbre Viejas langsam erlischt. fotos: efe
Der Vulkan ist seit fast drei Monaten aktiv. Bei Tag oder bei Nacht, ob Rauchwolken oder Lavaströme, Menschen sind fasziniert von diesen Naturspektakel. Dennoch hoffen alle Canarios, dass der Ausbruch des Cumbre Viejas langsam erlischt. Fotos: Efe

Harte Fakten

Die neuesten Messungen der Copernicus-Satelliten zeigen, dass 3.063 Gebäude von den Lavaströmen betroffen sind, von denen 2.910 zerstört und 153 teilweise beschädigt wurden. Die Lava hat auch verschiedene Infrastrukturen und Ernten auf der Insel in Mitleidenschaft gezogen. Nach den jüngsten Schätzungen des Cabildo von La Palma wurden 73.461 Meter Straßen zerstört. Außerdem wurden 364,4 Hektar Plantagen verwüstet, darunter 228,58 Hektar Bananenplantagen, 72,7 Hektar Weinberge und 27,43 Hektar Avocado-Bäume.

Die Zahl der Personen, die in Hotels untergebracht wurden, liegt weiterhin bei 547, davon befinden sich 396 Personen in Fuencaliente, 69 in Los Llanos und 82 in Breña Alta. Darüber hinaus werden 43 pflegebedürftige Menschen in verschiedenen Sozial- und Gesundheitszentren auf der Insel betreut.

Am 12. Dezember fand in der Kirche „La Sagrada Familia de Tajuya“ ein Gottesdienst statt, das vom spanischen Sender RTVE in ganz Spanien übertragen wurde. foto: efe
Am 12. Dezember fand in der Kirche „La Sagrada Familia de Tajuya“ ein Gottesdienst statt, das vom spanischen Sender RTVE in ganz Spanien übertragen wurde. Foto: Efe

Kein Ende in Sicht

Der Ausbruch von Tejuya im Jahr 1585 war der längste Ausbruch, der jemals auf der Insel La Palma verzeichnet wurde – bis jetzt. Der Ausbruch des Cumbre Vieja ist jetzt der längste in der Geschichte der Insel: bei Redaktionsschluss am 14. Dezember war er 87 Tage aktiv.

Die einzigen Vulkanausbrüche auf den Kanarischen Inseln die länger dauerten, sind der Ausbruch des Narices del Teide auf Teneriffa (99 Tage im Jahr 1798) und der sechsjährige Ausbruch des Timanfaya auf Lanzarote im Jahr 1730. Die Experten des PEVOLCA erklärten, dass der Ausbruch weitergehen wird, solange der Tremor (ein Indikator für Flüssigkeitsbewegungen unter der Erdoberfläche) und die Schwefeldioxidemissionen (ein Indikator für oberflächennahes Magma) anhalten, auch wenn die Seismizität abnimmt.

Historische Aufzeichnungen zeigen die Ausbrüche der letzten sechs Jahrhunderte auf, einen Zeitraum, in dem mehr als zwanzig Eruptionen auf den Kanarischen Inseln verzeichnet wurden. Die Cumbre Vieja von La Palma ist einer der aktivsten Vulkankomplexe der Inseln. Es ist kein Zufall, dass zwei der letzten drei auf den Kanarischen Inseln verzeichneten Ausbrüche hier stattfanden: der des Vulkans San Juan (1949) und der des Teneguía (1971).

Im Gegensatz zu den jüngsten Ereignissen in Indonesien, wo 45 Menschen beim Ausbruch des Vulkans Semeru ums Leben kamen, gibt es auf der Kanareninsel dank der rechtzeitigen Evakuierung von 7.000 Einwohnern der betroffenen Gebiete, keine Todesopfer. Fast drei Monate nach Beginn der Krise konnten leider erst 30 Familien in ihre Häuser in zwei Vierteln von Los Llanos de Aridane zurückkehren, da der Lavastrom, der das Gebiet bedrohte, zum Stillstand kam.

Palmeros und Besucher von anderen Inseln sowie Touristen aus dem Ausland, fotografieren den Vulkanausbruch aus sicherer Entfernung. foto: efe
Palmeros und Besucher von anderen Inseln sowie Touristen aus dem Ausland, fotografieren den Vulkanausbruch aus sicherer Entfernung. Foto: Efe

Spenden dringend benötigt

Mehr als 2.000 Menschen in der Sperrzone des Vulkans haben ihr Zuhause verloren. Die Häuser wurden entweder zerstört oder sind von der Asche begraben worden. Um den Menschen auf der Insel zu helfen, hat die Inselverwaltung ein Spendenkonto eingerichtet. Die Nummer des Spendenkontos lautet ES47 2100 9169 0122 0017 9456; bei Überweisungen aus dem Ausland ist außerdem der Swift-Code (BIC) notwendig: CAIXESBBXXX. Bei den Überweisungen sollte als Verwendungszweck „Donación volcán“ angegeben werden. Die Palmeros sind auf Ihre Hilfe angewiesen: „Todos somos La Palma“ (Wir alle sind La Palma).

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