Schüleraustausch Teneriffa – Deutschland


© LSH

Vier Wochen leben und lernen in Holzminden

Aufgeregt sind sie abgeflogen, die fünf Schüler der Deutschen Schule Teneriffa in Tabaiba, die in diesem Jahr für den Schüleraustausch mit dem Landschulheim am Solling ausgewählt wurden.

Holzminden – Einmal Internatsleben live erleben, das man sonst nur aus Filmen und Büchern kennt, das ist mehr als spannend. Und dann auch noch im LSH, das anerkannt zu Deutschlands 20 besten Internaten zählt – das hat was.

Sie kommen mitten im Trubel des Anreisetags der LSH-Schüler zum neuen Schuljahr an. Stehen etwas linkisch dabei, wenn sich Freunde nach den langen Sommerferien begrüßen, Freundinnen sich überschwenglich in die Arme fallen. Noch sind sie fremd, aber das wird sich in den nächsten Tagen ganz schnell ändern. Sie finden schnell Anschluss. Da sitzt beispielsweise eine Jungengruppe vor einem Haus rund um einen Tisch und betreibt schon Spanischunterricht der besonderen Art: Wer kennt die besten spanischen Schimpfwörter? Die Austauschschüler sind fix mittendrin im Internatsleben. Und die vier Wochen vergehen viel zu schnell. Die Tränen der Mädchen beim Abschied sind sozusagen vorprogrammiert. Denn was das LSH zu bieten hat, das ist schon beeindruckend.

„Hier wäre ich auch gerne zur Schule gegangen!“, sagen Eltern, die das traditionsreiche Internat  besuchen. Wer würde nicht so empfinden beim Gang über das rund 50 Hektar große parkähnliche Gelände? Vom Unterhaus, dem 1909 als erstes errichteten Gebäude des Internats, blickt man auf den Reitplatz. Man erspäht die Sternwarte, das Institut für die Naturwissenschaften und spaziert an den Koppeln der Pferde vorbei. Man wirft einen Blick in Tischlerei, Töpferei oder Schmiede, bewundert Pferdestall, Reitplatz,Tennisplätze, Sporthalle und Fitnessbereich. Immer wieder begegnet man freundlich grüßenden Jugendlichen. Selbstverständlich darf man auch einen Blick in ein Schülerzimmer werfen, dass sich immer zwei Jungen oder zwei Mädchen teilen. Sie stehen gerne Rede und Antwort, wenn neugierige Eltern nach den Vor- und Nachteilen des Internats fragen.

Neben den sportlichen, musischen und handwerklichen Angeboten sprechen klare Fakten für das LSH. Die Klassen sind klein, im Schnitt 12-20 Schüler. Oberstufenkurse können auch mal nur von fünf Schülern besucht werden. Die Hausaufgaben werden von allen Schülern gleichzeitig nachmittags in der „Arbeitsstunde“ erledigt. Daneben arbeiten die Jugendlichen selbstständig im Lernzentrum, dass 2007 im Rahmen der „Neuen Lernkultur“ geschaffen wurde. Hier arbeiten Jungen und Mädchen nachmittags, abends oder am Wochenende selbstständig. Sie führen ein persönliches Lerntagebuch, das einerseits hilft, sich selbst besser zu organisieren. Andererseits dokumentiert es den eigenen Lernfortschritt. Die Schüler erarbeiten sich im Lernzentrum individuelle Aufgaben, die ihrem persönlichen Leis­tungsstand in den einzelnen Fächern entsprechen. So wird bei Defiziten aufgearbeitet und begabte Jugendliche können gefordert und gefördert werden.

Spanisch als Hauptfach ab der 6. Klasse wählbar

Schüler aus anderen Nationen werden gerne im Internat aufgenommen. Traditionell hat das LSH gute Kontakte ins Ausland, vor allem zu spanisch sprechenden Ländern. Spanisch kann bereits ab der 6. Klasse als Fremdsprache gewählt werden oder später in der Oberstufe. So zählt die interkulturelle Kompetenz zu den wichtigsten Erziehungszielen des Internats. Das liegt nahe, da die Schule zum auserwählten Kreis der deutschen Unesco-Projekt-Schulen zählt. Außerdem nimmt jedes Jahr eine Schülerdelegation an der Schüler-UNO „THIMUN“ in Den Haag teil.

Wichtig sind für viele Eltern neben der intensiven Betreuung im Internat und in der Schule die Unterrichtsangebote. Neben traditionellen Fächern gibt es Kompetenzfächer, die fächer-übergreifend Grundlagenwissen und Fähigkeiten  vermitteln: von „Selbstmanagement“, über „Analytisches Denken“ und „Rhetorik“ bis zu „Texte und Texten“.

Daneben gibt es in der Mittelstufe noch die Neigungsfächer. Die Schüler wählen frei zwischen Themen wie „Wirtschaft und Politik“, „Kunst, Musik und darstellendes Spiel“ und „Naturwissenschaften und Technik“. Die Inhalte sind u.a. Jagdkunde, Segeln, Schmuckdesign, Menschenrechte oder Unesco-Weltkulturerbe. Die Fächerinhalte werden dann gemeinsam mit den Fachlehrern festgelegt.

In der Oberstufe beginnt neben der intensiven Vorbereitung auf das Abitur dann die Ausrichtung auf das Berufsleben. Das Betriebspraktikum (6 Wochen) schafft erste Berührungen mit der Arbeitswelt.  Die „Praktische Aufgabe“ bietet den Schülern die Chance, Verantwortung für den eigenen Lernprozess zu übernehmen und selbst Lösungsstrategien für Problemsituationen des Alltags zu entwickeln und diese zu präsentieren. Darauf werden sie in Präsentationsseminaren vorbereitet. Die Entwicklung der Absolventen des LSH über das Abitur hinaus liegt dem Internat am Herzen. So kommen regelmäßig ehemalige Schüler in das LSH und stellen ihre eigenen Berufe vor. Außerdem finden Berufseignungstests und andere Beratungen statt.

Typisch für das Leben in der Gemeinschaft im Internat sind die vielen Rituale, die den Alltag

rhythmisieren. Dazu zählen im LSH vor allem die Morgen- und Abendsprachen. Das sind kulturelle Veranstaltungen mit Musik, Theater und Vorträgen, die aus eigenen Reihen, aber auch mit Gästen von außen gestaltet werden. Die Teilnahme daran ist verpflichtend und führt alle Schüler dreimal in der Woche in die „Hohe Halle“, so der Name der Aula.

Soziale Kompetenz erfahren die rund 200 Jugendlichen in der Gemeinschaft mit rund 45 Pädagogen und 55 Mitarbeitern in Handwerk, Hauswirtschaft und Verwaltung permanent im Internatsalltag. Gemeinsames Leben und Lernen unterscheidet das Landschulheim von vielen Schulen, auch Internaten, denn in Holzminden leben die Lehrer mit den Schülern zusammen und betreuen sie im Internatsbereich. Gerade diese Nähe ermöglicht es den Pädagogen, junge Persönlichkeiten zu finden, zu fordern und zu fördern.

„Bildung für Kopf, Hand und Herz“ ist das pädagogische Motto des LSH. Persönlichkeiten finden, fördern, fordern – das bestimmt nun seit 100 Jahren erfolgreich den Alltag im LSH.

Einmal Landschulheimer, immer Landschulheimer – in diesem Sinne funktioniert das Altschülernetzwerk, in dem rund 1800 Ehemalige verbunden sind. Regelmäßig einmal im Jahr sind viele von ihnen zum Altschülertreffen im Oktober zu Gast. Im Mai 2009 war 100-Jahr-Feier. Da sind weit über 2.000 Ehemalige auf den Spuren ihrer Schul- und Internatszeit gewandelt.

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