Schwertwale auf Stippvisite


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Biologen staunten, als sie vor Lanzarote einer Gruppe von 14 Orcas begegneten

Experten der kanarischen Gesellschaft für Walstudien staunten nicht schlecht, als sie während einer Walzählung vor der Küste von Lanzarote einer Gruppe von 14 Schwertwalen begegneten. Dass Orcas auf ihren Jagdzügen nach Thunfisch zuweilen auch an den Kanaren vorbeischwimmen, war bekannt. Allerdings waren erst 2005 die ersten Aufnahmen dieser seltenen Besucher gelungen, die eine der 27 Meeressäugerarten sind, die in den Gewässern um die Kanaren vorkommen.

Diese neue Sichtung gewinnt durch die Zahl der Mitglieder dieser Orca-Gemeinschaft an Bedeutung. Vier ausgewachsene Männchen mit Finnen von bis zu zwei Metern waren darunter. Die Biologen kamen so nah an die Wale heran, dass sie winzige Haut- und Fettproben entnehmen konnten.

Das Greenpeace Magazin beschreibt sehr treffend: „Mensch und Orca haben vieles gemeinsam. Beide leben traditionell in Großfamilien. Beide stehen in der Nahrungskette ganz oben und sind allseits gefürchtet. Beide kommen als Kosmopoliten von den Polargebieten bis in die Tropen vor. Auch gibt es jeweils solche, die lieber Fisch essen und solche, die Fleisch bevorzugen.“ Vielleicht ist es nicht zuletzt diese Ähnlichkeit, die für die große Faszination sorgt, die von diesen Meeressäugern ausgeht. Deshalb war es für die Biologen der kanarischen Gesellschaft für Walstudien (SECAC) eine besondere Freude, im Zuge einer Walzählung auf eine Gruppe von sage und schreibe 14 Orcas zu stoßen, die sie dann fast acht Stunden lang begleiten, fotografieren und untersuchen konnten.

Die Kanarischen Inseln sind, was die Artenvielfalt der Mee-ressäuger angeht europaweit ungeschlagen. Hier kommen 27 verschiedene Walarten vor, und die Inseln sind das einzige Gebiet Europas, in dem es möglich ist, regelmäßig Kurzflossen-Grindwale, Rauzahndelfine, Große Tümmler, Gefleckte atlantische Delfine, Brydewale oder Rundkopfdelfine zu beobachten. Längst ist es auch kein Geheimnis mehr, dass die Kanaren durch ihre geographische Lage, das Aufeinandertreffen verschiedener Strömungen und die nahrungsreichen Gewässer auch auf der Route der Orcas liegen. Und trotzdem ist die Überraschung und die Freude der Biologen jedesmal groß, wenn sie in den Inselgewässern diesen wunderschönen und faszinierenden Meeresbewohnern  begegnen. Im Herbst 2005 gelang es erstmals, eine kleine Gruppe von Schwertwalen zu fotografieren, die an Gran Canaria vorbeizog.

Nun haben die Biologen der SECAC vor Lanzarote mit ihren Kameras „Beute gemacht“ und stundenlang das Verhalten der 14-köpfigen Orca-Gruppe beobachtet, um es mit dem der Orcas in der Meer­-enge von Gibraltar und denen des Nordatlantiks zu vergleichen. Erst kürzlich bestätigte ein wissenschaftlicher Bericht wieder das besondere Jagdverhalten der Schwertwale in der Meerenge von Gibraltar, wo sie ihre Lieblingsspeise, Rote Thunfische, so lange verfolgen, bis diese erschöpft sind, um sie die dann leichter angreifen zu können. Dieses Verhalten – das übrigens auch die Orcas teils bis ans Ende ihrer Kräfte treibt – stellten die Biologen der SECAC auch bei der Orca-Gruppe vor Lanzarote fest.

„Obwohl es sich im Grund um eine Spezies handelt, die in ihren größten Verbreitungsgebieten intensiv erforscht ist, gibt es eine Informationslücke in diesem Gebiet des Atlantiks, speziell südlich der Meerenge von Gibraltar“, sagte Vidal Martín, Präsident der SECAC, und stellte weiter fest, dass die Orcas vermutlich kein besonders idyllisches Leben im Ozean führen, wenn man an die dramatisch zurückgegangenen Fischbestände durch die Überfischung – Beispiel Thunfisch – und die Schädigung des Habitats denkt.

Der intelligente Meeresräuber

Orcas sind die größte Art der Delfinfamilie. Männchen können bis zu zehn Meter lang und neun Tonnen schwer werden. Sie sind überwiegend schwarz gefärbt und haben weiße Flecken über den Augen, unterhalb des Kiefers und auf dem Bauch. Die Rückenflosse ist bei den Männchen besonders lang.

Orcas leben in Familiengruppen. Die Jungen bleiben ein Leben lang bei ihrer Familie. Jede dieser Familienschulen hat ihre eigene Sprache, und so erkennen sich die Angehörigen über weite Entfernungen.

Schwertwale werden als besonders intelligente Jäger der Ozeane angesehen. Ihr Jagdverhalten, das auf den Menschen oftmals brutal wirkt, zeugt tatsächlich von einer besonderen Intelligenz. In Gruppen jagen Orcas beispielsweise Heringe, die sie mit ihrer Schwanzflosse bewusstlos schlagen, um sie danach in aller Ruhe zu verspeisen. In Südamerika werfen sich die Orcas auf der Robbenjagd auf den Strand und schaffen es danach wieder zurück ins Meer. In Herden greifen Schwertwale sogar ihre großen Verwandten, die Blauwale an. Auch Haie werden von den Orcas nicht verschont.

Den Namen Killerwal oder Mörderwal tragen die Schwert­wale jedoch zu Unrecht. Verschiedenen Filmen zum Trotz gibt es keine Berichte über Angriffe auf Menschen.

Heute sind Orcas beliebte Stars in Delfinarien. Früher wurden Orcas zu diesem Zweck eingefangen. Heute wird der Bedarf für die Delfinarien verstärkt über die eigene Nachzucht gedeckt. Besonders berühmt ist die Orca-Show von Sea World in den USA. Auf Teneriffa begeistert die Show im „Orca Ocean“ des weltbekannten Tierparks Loro Parque in Puerto de la Cruz.

Wer sich für die Welt der Meeressäuger interessiert sollte unbedingt einmal das kanarische Museum der Meeressäuger in Yaiza auf Lanzarote besuchen (Museo de Cetáceos de Canarias, Urbanización Puerto Calero,  Edificio Antiguo Varadero, www.museodecetaceos.org)

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