Sechs Tote in stillgelegtem Wasserstollen


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Es sollte eine Höhlenwanderung werden

„Da drin war es heiß, dunkel und angsteinflößend“, so gab der Chef der Guardia Civil von Santa Cruz den Eindruck seiner Leute wieder, als diese den Stollen „Piedra de los Cochinos“ in Los Silos erreichten. Dort starben am 10. Februar sechs junge Menschen im Alter von 22 bis 36 Jahren, elf weitere wurden mit akuter Atemnot ins Krankenhaus eingeliefert.

Die restlichen Teilnehmer der 29-köpfigen Expedition blieben unverletzt, trugen allerdings den Schock des schlimmen Erlebnisses davon.

Eigentlich sollte es eine Höhlenwanderung werden, die vom Naturfreundeverband ATAN organisiert worden war und zu der sich die 29 Universitätsstudenten und Forscher aus dem Astrophysikalischen Institut der Kanaren (IAC) angemeldet hatten. Die Expedition wurde von drei Führern und einem erfahrenen Höhlenwanderer geleitet, der die Höhle selbst kannte, die Wanderer aber nicht begleiten konnte und ihnen Anweisungen per Mobiltelefon gab. So kam es zu dem folgenschweren Irrtum. Die Expedition betrat die falsche Höhle, den Wasserstollen „Piedra de los Cochinos“, der schon seit Jahren gesperrt und der Zugang verboten ist. Eine Überlebende berichtete, dass sie schnell die ersten Atembeschwerden spürten, jedoch weiter in das Innere des Stollens vordrangen, da sie wussten, dass die Höhle einen Ein- und Ausgang hat. „Wir wussten ja nicht, dass wir den falschen Eingang genommen hatten und wir uns in einer tödlichen Sackgasse befanden“, erzählte sie einem Fernsehteam. Auch sie wurde plötzlich ohnmächtig. Sie habe nur noch gehört, wie der junge Mann der hinter ihr ging sagte: „Ich kriege keine Luft“. „Danach muss ich das Bewusstsein verloren haben“, sagt die junge Frau. Als sie wieder zu sich kam hörte sie vom Tunneleingang aus Stimmen, die sie aufforderten, zurückzugehen. Die Wanderer die am tiefsten in den Stollen vorgedrungen waren, hatten weniger Glück als sie. Etwa 1.640 m vom Eingang entfernt fanden die Rettungskräfte die Toten. Dort betrug der Sauerstoffgehalt laut Polizeibericht in dem stickigen Tunnel nur noch knappe 6,5%. Die toxischen Gase bewirkten bei den Wanderern zunächst Erschöpfung, danach brachen sie bewusstlos zusammen.

Die Bergung gestaltete sich äußerst schwierig, da der Wasserstollen an der höchsten Stelle nur 1,60 m hoch ist, an mehreren Stellen Steinhaufen den Weg versperrten und die Feuerwehrmänner und Guardia Civil-Beamten teils knietief durchs Wasser waten mussten. Wegen des akuten Sauerstoffmangels trugen die Retter Sauerstoffgeräte. Die Flaschen hatten ein Fassungsvermögen, das für 25 Min. ausreichend war. Um die Stollentiefe von 1.640 m zu erreichen benötigten sie aber allein 15 Min., „was den Rückweg zu einem verzweifelten Wettlauf machte“, berichtete der Guardia Civil-Chef.

Wo liegt die Verantwortung?

Nachdem anfänglich die Frage nach den Verantwortlichen für diese Tragödie im Vordergrund stand, wird nun vielmehr nach Maßnahmen gesucht, um solche Unglücksfälle in Zukunft zu vermeiden. Fakt ist, dass der Wasserstollen zwar offiziell gesperrt ist, am Eingang jedoch kein Schloss angebracht war.

Der kanarische Regierungschef Adán Martín, der zusammen mit zahlreichen anderen politischen Persönlichkeiten zur Trauerfeier kam, drückte den Angehörigen sein Beileid und sein tiefes Mitgefühl aus und versprach, Maßnahmen zu ergreifen, damit sich eine solche Tragödie nie wiederholt. Ein erstes Treffen zwischen Verantwortlichen des Cabildos von Teneriffa und der Regionalregierung, um dieses Thema anzugehen, soll demnächst stattfinden.

Auf den Kanaren gibt es laut der Tageszeitung Canarias 7 1.650 Wasserstollen, von denen bis zu 80% schon seit Jahren geschlossen sind. Dabei ist es Vorschrift, am Eingang der Stollen ein entsprechendes Verbotsschild anzubringen und den Zugang abzuriegeln.

Cabildopräsident Ricardo Melchior bestätigte, dass der Stollen in Los Silos seit 1964 stillgelegt war und damals auch abgesperrt wurde.

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