„So etwas darf nie wieder passieren“


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Schwerwiegende neue Erkenntnisse im Fall des Madrider Flugzeugabsturzes vom 20. August 2008

Die 154 Menschen, die bei dem Absturz einer Spanair-Maschine am 20. August 2008 am Madrider Barajas-Flughafen tödlich verunglückten, könnten womöglich noch am Leben sein, wenn die Fluggesellschaft damals einen anderen Umgang mit der Auswertung wichtiger Daten im Hinblick auf ihre Maschinen gehabt hätte.

Madrid/Kanarische Inseln – Das jedenfalls hat sich im Laufe der Anhörung zweier Mechaniker herausgestellt, die am 10. Mai dem leitenden Untersuchungsrichter Rede und Antwort stehen mussten.

Nach ihren Aussagen hatte Spanair zu dem Zeitpunkt die Angewohnheit, erst nach 24 Stunden Pannen oder sonstige Störfälle, die an einer ihrer Maschinen festgestellt wurden, in den Zentralcomputer der Fluggesellschaft in Palma de Mallorca einzugeben und auszuwerten. Wären diese Daten jedoch sozusagen in Realzeit registriert und ausgewertet worden, hätte der Computer im Fall der verunglückten  Spanair-Maschine JK 5022 noch vor Abflug Alarm geschlagen und das Flugzeug hätte ausgetausch werden müssen. Am Vortag der Katastrophe hatten andere Mechaniker nämlich bereits zwei Fehler an der Unglücksmaschine festgestellt und drei Störfälle innerhalb von zwei Tagen sind zu viel, um das Flugzeug noch einmal ohne vorherige gründliche Untersuchung in die Luft gehen zu lassen. Allerdings war die Anhäufung der Störfälle in Palma de Mallorca niemandem aufgefallen, weil zum Zeitpunkt des Absturzes weder die zwei Vorkommnisse vom 19. August, noch der Fehler gespeichert waren, der letztendlich zu dem Absturz der JK 5022 geführt hatte. Und dass, obwohl die damals zuständigen Mechaniker in beiden Fällen vorschriftsgemäß und fristgerecht ihre Untersuchungsberichte an die Zentrale nach Palma geschickt hatten.

Die drei Störfälle waren zwar nicht identisch, allerdings war bei allen dasselbe System, das sogenannte RAT, betroffen. Deswegen wären die Störfälle, so sagten die Mechaniker aus, von ihnen unter dem gleichen Code klassifiziert worden, was im Computer den Alarm ausgelöst hätte, wenn die Daten rechtzeitig auf den letzten Stand gebracht worden wären.

An der gerichtlichen Anhörung nahmen auch die Verteidiger der Opfer des Flugzeugabsturzes teil. Sie fragten die Mechaniker, ob diese drei Störfälle zu einem Austausch der Maschine geführt hätten. In solchen Fällen, also wenn ein Alarm wegen einer Anhäufung an Fehlern ausgelöst wird, werde die Situation erst einmal genau überprüft und ausgewertet und dann von Fall zu Fall entschieden, lautete die Antwort. Dies gehe allerdings nur, wenn im Zentralcomputer die Daten auch rechtzeitig gespeichert werden. Im Fall der Unglücksmaschine JK 5022 geschah das erst nach dem Absturz.

„Wir wollen, dass die Wahrheit ans Licht kommt, damit so etwas nie wieder vorkommt, ansonsten wären unsere Lieben völlig umsonst gestorben“, erklärte die stellvertretende Vorsitzende der Vereinigung Opfer des Fluges JK 5022, Pilar Vera.

Die Katastrophe

Die Spanair-Maschine mit der Flugnummer JK 5022 war an jenem Unglückstag, dem 20. August 2008, auf dem Weg von Madrid nach Gran Canaria kurz nach dem Start abgestürzt. Ursprünglich sollte die Maschine bereits um 13.00 starten, doch der Start verzögerte sich aufgrund eines technischen Fehlers. Um 13.25 Uhr bekam der Pilot die Starterlaubnis, rollte aber zurück in Parkposition. Spanair erwog die Maschine zu ersetzen, wozu es dann aber doch nicht kam. Um 14.23 Uhr wurde eine neue Starterlaubnis erteilt. Die Maschine hob ab, brach aber unmittelbar danach seitlich aus, stürzte rechts von der Startbahn ins Gelände und brannte aus. Bei dem schwers­ten Flugzeugunglück in Spanien seit 25 Jahren kamen 154 Menschen ums Leben, nur 18 Passagiere überlebten. 72 der Todesopfer stammten von den Kanarischen Inseln.

Die mit der Untersuchung der Absturzursache beauftragte Kommission teilte im August letzten Jahres mit, dass Bremsklappen und Vorflügel nicht ausgefahren waren, als die Maschine startete.

Die Messgeräte an Bord hatten diesen Fehler zwar nicht angezeigt, aber dem Piloten hätte es bei der Routinekontrolle vor dem Abflug auffallen müssen.

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