Solidaritätsbekundung mit Flüchtlingen


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Regierung und Bevölkerung der Kanaren zeigen große Hilfsbereitschaft

Nachdem sich die Madrider Regierung bereit erklärt hatte, 17.600 Flüchtlinge aus den Bürgerkriegsgebieten zu übernehmen, gab Kanarenpräsident Fernando Clavijo spontan bekannt, die 600 Flüchtlinge, die auf die Kanaren entfallen würden, selbstverständlich aufzunehmen und zu integrieren. Umgehend nahm die Regionalregierung Gespräche mit den Cabildos, den Gemeinden und den hier tätigen Hilfsorganisationen auf, um sämtliche Möglichkeiten zu prüfen.

Während in Europa die Diskussion über die Aufnahme von Flüchtlingen aus den Bürgerkriegsländern weiter anhält und die deutsche Bundesregierung verzweifelt versucht, die „Verweigererstaaten“, vor allem verschiedene Länder Osteuropas, umzustimmen, hat Spanien inzwischen eingelenkt. Die Regierung von Mariano Rajoy hatte sich, genau wie zahlreiche andere Staaten, quergestellt, als die EU ihr ein festes Kontingent an Flüchtlingen zuteilen wollte. Schließlich stimmte sie zu, 2.700 syrische Personen aus den Auffanglagern in Griechenland und Italien zu übernehmen. Nach dem Besuch von Präsident Rajoy am 31. August und 1. September auf Schloss Meseberg und in Berlin, wo er mit der deutschen Kanzlerin sowie deutschen Unternehmern Gespräche führte, trat ein überraschender Sinneswandel ein.

Neben Deutschland und Frankreich hat auch Spanien der Aufnahme von Flüchtlingen aus den Kriegsgebieten zugestimmt und wird mindestens 17.600 Personen Asyl gewähren. Doch die Hilfsbereitschaft der einzelnen Regionalregierungen, der Gemeinden und auch der Bürger übertrifft noch die der Regierung.

Wie in aller Welt, waren auch die Menschen in Spanien nach der Veröffentlichung der Bilder des kleinen Jungen namens Aylan, der vor der türkischen Küste ertrunken war, erschüttert, und wollten es den Deutschen gleichtun, deren Hilfsbereitschaft und Willkommenskultur durch die Medien verbreitet wurden.

Regionen, Gemeinden und die Bürger bekundeten ihren Willen, mit den Flüchtlingen solidarisch zu sein. Ada Colau, die Bürgermeisterin von Barcelona, benannte ihre Stadt „ciudad refugio“ (Stadt der Zuflucht) und kündigte an, wesentlich mehr Flüchtlinge als vorgesehen aufzunehmen und sich in Kürze mit Vertretern des Flüchtlingshilfswerkes ACNUR und des Roten Kreuzes zusammenzusetzen und die Hilfsmaßnahmen auszuloten. Colau stellte auch ihre Idee der Schaffung eines Netzwerkes von „Städten der Zuflucht“ vor, die parallel zu den staatlichen Kontingenten weitere Flüchtlinge aufnehmen könnten. „Wir laden Städte ein, die sich für die Menschenrechte einsetzen. Städte, auf die wir stolz sein können“, erklärte Colau unter anderem.

Dem Aufruf der Bürgermeisterin von Barcelona folgten umgehend neun baskische Gemeinden sowie Córdoba, Huelva, Cádiz und Palma de Mallorca. 

Manuela Carmena, die Bürgermeisterin von Madrid schlug ihrerseits vor, die Hauptstadtbürger aufzufordern, leerstehende Wohnungen für Flüchtlingen zur Verfügung zu stellen.  

Auch Regionen wie Katalonien sowie zahlreiche Kirchengemeinden erklärten ihre Aufnahmebereitschaft außerhalb der von der EU festgelegten Kontingente. Ein aufsehenerregendes Angebot kam in den letzten Tagen von der Regierung Valencias. Die Zustimmung des spanischen und des griechischen Außenministeriums vorausgesetzt, soll ein Passagierschiff bis zu 1.200 Flüchtlinge von den Inseln abholen, wo Tausende auf ihre Ausreise warten. „Unterbringung und Versorgung seien gewährleistet“, verlautete aus Valencia.

Mitte September fanden vielerorts Demonstrationen statt, bei denen die Bürger den Schutz der Menschenrechte forderten und ihre Hilfsbereitschaft bekundeten. 

651 Plätze sind garantiert

Nachdem sich die Madrider Regierung bereit erklärt hatte, 17.600 Flüchtlinge zu übernehmen, erklärte Kanarenpräsident Fernando Clavijo spontan, die 600 Flüchtlinge, die bei der Verteilung gemäß Einwohnerzahl auf die Kanaren entfallen würden, selbstverständlich aufzunehmen und zu integrieren. Sollte die EU die Quote erhöhen, wären die Kanaren natürlich bereit, noch weitere Flüchtlinge aufzunehmen. 

Umgehend nahm die Kanarenregierung Gespräche mit den Cabildos, den Gemeinden und den hier tätigen Hilfsorganisationen auf, um sämtliche Möglichkeiten zu prüfen. Bereits Mitte September, nur zwei Wochen nach der Zusage Clavijos, wurde ein entscheidendes Treffen von Vizepräsidentin Patricia Hernández sowie Vertretern des Verbandes der Kanarischen Inseln (Fecai), des Verbandes kanarischer Gemeinden (Fecam) des Roten Kreuzes, der Caritas und der Spanischen Kommission der Flüchtlingshilfe (CEAR) abgehalten. Nach dessen Abschluss konnte Hernández bekannt geben, dass nach dieser ersten Prüfung 651 Plätze in Heimen und Sozialwohnungen auf Teneriffa, Gran Canaria, La Gomera und La Palma zur Verfügung ständen. In El Hierro, Fuerteventura und Lanzarote sei die Prüfung noch nicht abgeschlossen, doch würden die drei fehlenden Inseln ebenfalls Plätze anbieten. 

Die Unterbringung von Flüchtlingen in den Auffanglagern für illegale Einwanderer, die noch aus der Zeit vorhanden sind, als Tausende Illegale aus Afrika an den Küsten der Kanaren anlandeten, wurde ausgeschlossen. Bei den Flüchtlingen handele es sich immerhin um rechtmäßige Asylbewerber. Andererseits  müsse die Organisation in der Hand der öffentlichen Verwaltung liegen, sodass die Aufnahme von Flüchtlingen seitens der Familien ebenfalls abgelehnt wurde. Die kanarische Bevölkerung solle eher bei der Integration mitwirken, hieß es von der Regierung. 

Isabel Mena, Vizeleiterin des Ressorts Sozialpolitik, brachte die Meinung vieler Bürger auf den Punkt und kritisierte, dass sich die EU bei der Verteilung der Flüchtlinge derart schwertäte. Die spanische Regierung habe die ihr zufallende Quote zwar akzeptiert, aber trotz der viel zu geringen Zahl auch nicht weiter angehoben. Mena forderte eine länderübergreifende, langfristige Lösung. Auch Vizepräsidentin Patricia Hernández forderte den Staat zu mehr Ernsthaftigkeit und Einsatz im Flüchtlingsdrama auf. „Diese Menschen brauchen Hilfe, und zwar sofort. Sie können nicht warten, bis sich die Länder einig geworden sind.“

Caritas-Präsident Leonardo Ruiz dankte öffentlich der Vielzahl von Bürgern, die sich bei der Caritas gemeldet haben, um ihre Hilfe anzubieten. Ob Verpflegung, ein Zimmer oder sogar eine Wohnung … die Hilfsbereitschaft sei enorm, so Ruiz.

Bisher bestätigt:

1) Teneriffa: 212 Plätze

Verteidigungsministerium: Kaserne Las Canteras: 40

Cabildo: Tageszentrum Sagrada Familia: 45, Tacoronte: 15,

Tincer: 15, Jugendherberge: 15

Gemeinden: Guía de Isora: Jugendherberge: 36, San Juan de 

la Rambla: Sozialwohnung: 6

UGT: La Orotava: 28

Mensajeros de la Paz: Sozialwohnung: 12

2) Gran Canaria: 201 Plätze

Cabildo: Jugendherberge San Antonio: 100 Plätze, Herberge 

Ayaguares: 24

Schulwohnheim Tunte: 10

Herberge Santa María de Guía: 150

Gemeinden: Mogán: vier Sozialwohnungen: 16, Herberge

Camino de Corvo: 30

Mensajeros de La Paz: Sozialwohnung: 6

3) La Palma: 174

Verteidigungsministerium: Kaserne El Fuerte: 80

Cabildo: Sozialwohnungen: 29, Herbergen: 35

Gemeinden: Garafía: 30

4) La Gomera: 64

Cabildo: Besucherzentrum El Cedro: 56

Gemeinden: Vallehermoso: zwei Sozialwohnungen: 8

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